Dollar versus Renminbi: Kampfansage an den Dollar
China will seine Währung freier handelbar machen. Davon können auch deutsche Anleger profitieren. Bis zur kompletten Liberalisierung ist es aber noch ein weiter Weg.
Werte in diesem Artikel
von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag
Wer schon jetzt das China der Zukunft sehen will, sollte sich in Shanghai umschauen. In der chinesischen Metropole wagt die Regierung ein Experiment, das in der Geschichte des Landes einzigartig ist: Auf einer 30 Quadratkilometer großen Fläche, die neben dem Stadtteil Pudong auch den Hafen, den Flughafen und eine Logistikzone umfasst, erlaubt die Regierung einen Freihandel der besonderen Art. Es wurden nicht nur Importzölle und Beschränkungen für Unternehmen abgeschafft, sondern erstmals soll auch die chinesische Währung Renminbi frei konvertierbar sein.
Ein Novum. Und auch ein Zeichen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt Ernst macht: Das Land will den Renminbi langfristig als Handlungs- und Anlagewährung etablieren. Zu diesem Zweck wertet die Notenbank die auch als Yuan bezeichnete Valuta nicht nur schrittweise auf, sie erleichtert auch den Zugang zu ihr. Sollte die Währung irgendwann frei konvertierbar und verfügbar sein, könnte sie für den Dollar zur ernsthaften Konkurrenz als Weltwährung werden.
Schrittweise Aufwertung
Vor fast 20 Jahren entschied die Bank of China, den Renminbi an den Dollar zu binden. Im Jahr 2005 lösten die Währungshüter die feste Dollarbindung auf und koppelten ihre Währung an einen handelsgewichteten Währungskorb. Die Bindung hatte vor allem ein Ziel: Die Chinesen wollten die Kontrolle über den Renminbi behalten. Das bedeutete vor allem, sie wollten keine Aufwertung. Ein starker Yuan hätte chinesische Produkte auf dem Weltmarkt nur unnötig verteuert und möglicherweise die exportorientierte Wachstumsstrategie gefährdet. So aber trugen die fast konkurrenzlos preiswerten Produkte dazu bei, regelmäßig Leistungsbilanzüberschüsse zu erwirtschaften und dadurch Währungsreserven im Wert von mittlerweile 3,6 Billionen Dollar aufzubauen, wovon rund 1,3 Billionen Dollar in US-Staatsanleihen angelegt sind.
Peking dürfte daher aufgeatmet haben, als die Republikaner und Demokraten Mitte Oktober zumindest vorläufig den Haushaltsstreit beendeten. Die politische Schwäche der USA kommt China zwar gelegen, einen Ausfall ihrer Dollaranleihen oder auch nur die Entwertung ihrer Billionenreserven kann das Land aber nicht gebrauchen.
Um seine Handelsüberschüsse langfristig zu reduzieren, ist China deshalb bestrebt, seine Wirtschaftspolitik neu auszurichten: weg von der Exportabhängigkeit, hin zu einem konsumgetriebenen Wachstum. „Die Regierung muss für eine jährliche Aufwertung des Renminbi von mindestens zwei oder drei Prozent gegenüber dem Dollar sorgen, um das Ungleichgewicht zwischen Import- und Exportquote auszugleichen“, sagt Anthony Chan, Volkswirt bei der Vermögensverwaltung ACM Bernstein. So werde die Kaufkraft der Verbraucher gefördert und der inländische Markt gestärkt. Gleichzeitig werden Rohstoffe und Vorprodukte, die China auf dem Weltmarkt kauft, billiger.
Der Wechselkurs des Renminbi ist daher Sache des Staates. Seit 2005 hat Peking seine Währung um mehr als 30 Prozent aufgewertet. Mitte Oktober erreichte der Yuan trotz schwacher Exportzahlen ein neues Rekordhoch gegenüber dem Dollar. Die chinesische Notenbank hatte den Referenz-Wechselkurs bei 6,1406 Yuan festgesetzt. Im Rahmen der erlaubten Schwankungsbreiten von einem Prozent notierte die Währung zwischenzeitlich bei 6,1073 Renminbi. Laut Big-Mac-Index ist die Währung jedoch noch immer um mehr als 30 Prozent unterbewertet. Weitere Aufwertungsschritte sind daher sehr wahrscheinlich. Irgendwann, da sind sich die Währungsanalysten einig, wird der Renminbi komplett konvertierbar sein.
Im Handel etabliert
Bereits heute spielt die Währung eine immer größere Rolle im internationalen Handel. Seitdem das 2010 verabschiedete „RMT Trade Settlement Scheme“ erlaubt, Handelsgeschäfte grenzüberschreitend in Renminbi abzuwickeln, ist der globale Anteil von Transaktionen in dieser Währung von fast null auf zwölf Prozent im Jahr 2012 gestiegen. In den ersten drei Quartalen 2013 waren es umgerechnet knapp über 500 Milliarden Dollar. Das heißt, der grenzüberschreitende Handel in Renminbi umfasst täglich einen Gegenwert von fast zwei Milliarden Dollar. Bis 2015 könnte sich das Volumen auf umgerechnet zwei Billionen Dollar erhöhen, schätzen Experten. Das entspräche mehr als der Hälfte des gesamten chinesischen Handels.
Auch immer mehr deutsche Unternehmen stellen ihre Rechnungslegung auf Renminbi um. Derzeit wickelt bereits jedes fünfte Exportunternehmen den Handel mit China in Renminbi ab. Einer Umfrage der Deutschen Bank zufolge planen 80 Prozent der übrigen Firmen, ihre China-Geschäfte künftig ebenfalls in Renminbi zu tätigen.
Das hat durchaus Vorteile: Viele chinesische Firmen bieten Preisnachlässe, wenn sie statt in Euro oder Dollar in Renminbi zahlen. Kein Wunder, können sie doch auf diese Weise Währungsrisiken elegant an ihre Handelspartner abtreten. Deutsche Unternehmen haben im Gegenzug die Möglichkeit, ihre Kundenbasis um jene chinesischen Unternehmen zu erweitern, die bislang keinen Zugang zu Fremdwährungen haben.
Für Privatanleger sind Investitionen in den Renminbi fast ausschließlich über den Offshoremarkt Hongkong möglich (siehe Investor-Info). Auf diesem Finanzplatz, über den der internationale Zahlungsverkehr zwischen China und dem Ausland abgewickelt wird, dürfen chinesische und ausländische Firmen seit 2010 auch auf Renminbi lautende Anleihen begeben. Diese „Dim-Sum-Bonds“ erfreuen sich großer Beliebtheit — vor allem weil neben der Verzinsung zu erwartende Währungsgewinne locken. Im vergangenen Jahr wurden Renminbi-Anleihen im Wert von fast 40 Milliarden Dollar begeben. Auch deutsche Firmen wie Volkswagen haben solche Papiere emittiert.
Auf dem Weg zu Weltwährung
Und China treibt seine Internationalisierung weiter voran: Neben Hongkong ist London der zweite internationale Handelsplatz für Renminbi geworden. Mit der EU hat das Land kürzlich zudem eine sogenannte Swap-Linie über 45 Milliarden Euro eingerichtet. Das ermöglicht es beiden Zentralbanken, bei Bedarf die eigene Währung in die des Partnerlandes zu tauschen und dadurch die Stabilität an den Finanzmärkten zu stärken. Zudem ist Frankfurt als weiterer Offshorehandelsplatz für Chinas Währung im Gespräch.
Dass Peking seine Zügel Schritt für Schritt lockert, dürfte auch das Ziel haben, die Währung langfristig als künftige Reserve- oder gar Leitwährung zu etablieren. Das hätte neben dem Prestige für das Land vor allem einen Vorteil: Würden Preise etwa auf den Rohstoffmärkten irgendwann statt in Dollar in Yuan notieren, wäre die chinesische Wirtschaft viel unabhängiger von Devisenschwankungen. Doch bis es so weit ist, könnte es Jahrzehnte dauern.
Als potenzielle Weltwährung müsste der Renminbi nicht nur glaubwürdig, sondern vor allem frei verfügbar und konvertibel werden. Vor allem Letzteres dürften die Chinesen vorerst nicht anstreben. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde der Yuan sofort gegenüber dem Dollar aufwerten. Das würde nicht nur die Exportwirtschaft gefährden, sondern auch die Dollarreserven des Landes auf einen Schlag entwerten.
Ein Problem, das auch der chinesische Handelsminister Gao Hucheng durchaus auf dem Radar hat. „Unter der Voraussetzung, dass wir die Risiken kontrollieren können, wird China die Freigabe des Renminbi testen“, sagte der Minister am Rande der Eröffnung der Freihandelszone.
Investor-Info
Dollar–Renminbi
Renminbi immer stärker
Seit 2005 hat die Bank of China den Renminbi schrittweise aufgewertet — insgesamt um mehr als 30 Prozent. Doch noch immer ist der Yuan stark unterbewertet, sodass er wohl weiter anziehen wird.
Allianz RMB Fixed Income
Auf Yuan-Aufwertung setzen
Der Fonds setzt vor allem auf in Renminbi denominierte Anleihen und Bankeinlagen. Der Anteil von Papieren in anderen Währungen oder gegen Renminbi abgesicherter Anlagen ist auf 30 Prozent beschränkt. Bis zu 30 Prozent des Portfolios dürfen in hochverzinsliche Anlagen investiert werden.
Contracts For Difference
Mit CFDs auf den Yuan setzen
Die Saxo Bank offeriert CFDs auf fünf verschiedene Währungen, mit denen auf eine Auf- oder Abwertung gegenüber dem Renminbi gesetzt werden kann. Die Devisenpaare sind Euro/Renminbi, US-Dollar/Renminbi, Yen/Renminbi, Hongkong-Dollar/Renminbi und Australischer Dollar/Renminbi. Wer auf eine Aufwertung der chinesischen Währung setzt, erhält Zinsen, weil die Renminbi-Zinsen höher sind als die der anderen Devisen. Umgekehrt entstehen Anlegern, die auf einen fallenden Renminbi spekulieren, Finanzierungskosten. Die China-Währung ist zwar 24 Stunden am Tag handelbar, oft mangelt es aber an der Liquidität, was zu hohen Kursausschlägen führen kann. Zudem ist es keine frei konvertierbare Währung, sondern wird von der Regierung in Peking kontrolliert. Die Saxo Bank verlangt mindestens eine Sicherheitsleistung von vier Prozent. Wer also 100.000 Euro gegen den Renminbi handeln will, was etwa 840.000 Renminbi entspricht, muss wenigstens 4.000 Euro Margin hinterlegen. Das entspricht einem Hebel von 25. Je nach eingezahltem Kapital ist der Hebel selbst wählbar. Zahlt der Anleger im Beispiel 10.000 Euro als Sicherheitsleistung ein, beträgt der Hebel zehn. Schon bei geringen Veränderungen der Devisenkurse sind bei hohen Hebeln große Gewinne erzielbar. Umgekehrt sind auch hohe Verluste möglich, bis hin zum Totalverlust. Anleger sollten mit Stoppkursen arbeiten, um Nachschusspflichten zu vermeiden. Attraktive Chancen bieten die Devisenpaare Euro short/Renminbi long und US-Dollar short/Renminbi long.