Kinder enterben: Darauf muss man achten

Kinder enterben klingt hart - ist aber manchmal wohlüberlegt. Doch wer diesen Schritt geht, sollte rechtlich klug vorgehen und mögliche Fallstricke kennen.
Testament ist Pflicht - gesetzliche Erbfolge greift sonst
Wer ein Kind enterben will, muss zwingend ein wirksames Testament oder einen Erbvertrag verfassen. Ohne ein solches Dokument tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft - und Kinder erben unabhängig von persönlichen Gründen, wie die Notarkammer Koblenz in ihrer Broschüre zu "Testament & Pflichtteil" erläutert. Im Testament kann ein Erblasser entweder ausdrücklich festlegen, dass ein Kind nichts erhält, oder es einfach nicht erwähnen. Formulierungen oder Begründungen sind dabei rechtlich nicht notwendig.
Kinder erhalten Pflichtteil - meist 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils
Auch wenn ein Kind formal enterbt wird, bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil bestehen. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlich zustehenden Erbanteils - im Regelfall also 50 Prozent, wenn das Kind gesetzlicher Alleinerbe wäre, wie es weiter heißt. Beispiel: Bei einem Nachlass von 100.000 Euro erhält das Kind mindestens 50.000 Euro Pflichtteil, wenn es keine weiteren Erben gibt. Sollte noch ein weiterer Erbe am Leben sein, etwa die Ehefrau des Verstorbenen oder ein weiteres Kind, wären es 25.000 Euro. Wie die Notarkammer weiter ausführt, haben Enkel einen Pflichtteilsanspruch, wenn ihr Elternteil vorverstorben ist.
Pflichtteilsverzicht und -entziehung - Ausnahmen mit Tücken
Es gibt Wege, einem Kind den Pflichtteil zu entziehen - eine Möglichkeit ist der Pflichtteilsverzicht. Dabei verzichtet das Kind zu Lebzeiten notariell auf den Anspruch, meist gegen eine Abfindung, wie Erbrecht Ratgeber darlegt. Allerdings muss der Verzicht vertraglich eindeutig formuliert und von einem Notar beurkundet sein.
Eine weitere Option ist die strenge Pflichtteilsentziehung (§ 2333 BGB): Nur bei gravierendem Fehlverhalten - etwa versuchter Tötung, erheblicher Verurteilung oder wiederholtem Unterhaltspflichtbruch - kann der Pflichtteil gegen ausdrückliche Begründung entzogen werden, wie es weiter heißt. Die Entziehungsgründe müssen im Testament eindeutig dargelegt sein, damit sie im Ernstfall vor Gericht Bestand haben.
Vermögen clever gestalten: Schenkung, Verzicht & Co.
Eine Möglichkeit zur Reduzierung des Pflichtteils sind gezielte Schenkungen zu Lebzeiten. Solche Beträge werden bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt, nehmen aber jedes Jahr um 10 Prozent ab - nach zehn Jahren fallen sie vollständig heraus. Auch Heirat oder Adoption können den Pflichtteilsanspruch senken, denn mehr Berechtigte senken den individuellen Anteil.
Auch ein Pflege- oder Bedürftigentestament kann sinnvoll sein - etwa wenn ein Kind staatliche Leistungen bezieht und ein Erbe den Anspruch daran gefährden würde, wie ein Beitrag von notar.de darlegt. Infolgedessen bleibt mehr Geld im Familienkreis, der eigene Bedarf bleibt gesichert.
Aktiv werden: Pflichtteil einklagen - Frist beachten
Ein Pflichtteilsberechtigter muss rechtzeitig aktiv werden, wenn er seine Ansprüche gerichtlich geltend machen will: Der Anspruch verjährt nach § 195 BGB nach drei Jahren; die Frist beginnt dabei mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte vom Erbfall, der Verfügung von Todes wegen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB) - häufig nach Mitteilung des Nachlassgerichts. Viele Enterbte wissen nicht von ihrem Anspruch oder scheuen den Streit - dabei kann die Durchsetzung finanziell erheblich sein.
Unterm Strich schützt kluge Nachlassplanung nicht nur Vermögen, sondern vor allem Familienfrieden.
D. Maier / Redaktion finanzen.net
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