Trotz hoher Preise

Qualität im Regal sinkt - Skimpflation im Supermarkt erkennen

15.12.25 03:42 Uhr

Skimpflation enthüllt: Worauf Verbraucher im Supermarkt achten müssen! | finanzen.net

Der Lieblingsketchup schmeckt plötzlich anders, die Nuss-Nougat-Creme scheint weniger intensiv und das gewohnte Müsli hat merklich weniger Früchte. Was viele Verbraucher für Einbildung halten, ist oft eine bewusste Strategie der Lebensmittelhersteller. Diese sparen bei wertvollen Zutaten und ersetzen sie durch günstigere Alternativen, ohne den Preis zu senken.

Was sich hinter Skimpflation verbirgt und warum sie zunimmt

Der Begriff "Skimpflation" setzt sich aus dem englischen Wort "skimp" (knausern oder einsparen) und "Inflation" zusammen. Anders als bei der bekannteren "Shrinkflation", bei der die Füllmenge reduziert wird, verschlechtert sich hier die Qualität der Produkte bei gleichbleibendem oder sogar steigendem Preis. Wie aus der aktuellen Liste der Verbraucherzentrale Hamburg hervorgeht, sind mittlerweile rund 40 dokumentierte Fälle bekannt - die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen.

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Die Strategie der Hersteller ist dabei raffiniert: Teure Zutaten wie Rindfleisch, Butter oder Haselnüsse werden durch kostengünstigere Alternativen wie Wasser, Aromen oder pflanzliche Fette ersetzt. So sank beispielsweise bei der "Lieblings Nuss-Nougat-Creme" von Netto der Haselnussanteil von 20 auf 13 Prozent, während bei der Bolognese-Sauce von Rewe (ja!) der Rindfleischanteil von 20,7 auf nur noch 16 Prozent reduziert wurde. Besonders dreist: Bei Milkana Cremig leicht schrumpfte der Käseanteil von 65 auf 42 Prozent - der Hersteller bewirbt das Produkt trotzdem mit "Jetzt noch leckerer".

Gründe für Skimpflation

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Steigende Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten und der Druck auf die Gewinnmargen führen dazu, dass Unternehmen nach Wegen suchen, Kosten zu sparen, ohne die Verkaufspreise drastisch zu erhöhen. Oft rechtfertigen die Hersteller ihre Rezepturänderungen mit angeblichen Kundenwünschen oder behaupten, die Produkte geschmacklich verbessert zu haben.

Skimpflation erkennen: Warnsignale und praktische Tipps

Für Verbraucher ist Skimpflation besonders tückisch, weil sie auf den ersten Blick kaum erkennbar ist. "Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen scheinbar das gleiche Produkt, erhalten aber weniger Qualität fürs Geld", erklärt Armin Valet, Lebensmittel-Experte der Verbraucherzentrale Hamburg. Um die Qualitätsverschlechterung zu entlarven, müsste man theoretisch alte und neue Zutatenlisten miteinander vergleichen - was in der Praxis kaum jemand macht.

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Dennoch gibt es einige Warnsignale, die Aufmerksamkeit verdienen: Hinweise wie "Neue Rezeptur" oder "Verbesserte Rezeptur" auf der Verpackung sollten skeptisch betrachtet werden. Oft verbergen sich dahinter Qualitätsverschlechterungen, die als Verbesserung getarnt werden. Auch optische Veränderungen der Verpackung können ein Indiz sein. Ein genauer Blick auf die Zutatenliste lohnt sich ebenfalls - stehen plötzlich "Aromen" statt echter Vanilleextrakt oder Palmöl statt Sonnenblumenöl in der Liste, ist das ein deutliches Zeichen für Skimpflation.

Zusätzliche Hilfe bieten Apps wie Codecheck, die Inhaltsstoffe bewerten und Veränderungen sichtbar machen können. Auch Kundenbewertungen in Online-Shops sind aufschlussreich: Häufen sich Beschwerden über veränderten Geschmack oder schlechtere Qualität, deutet das oft auf Skimpflation hin.

Doppelter Ärger: Wenn Skimpflation auf Shrinkflation trifft

Besonders dreist wird es, wenn Hersteller beide Strategien kombinieren. Nicht selten geht Skimpflation mit Shrinkflation einher - die Qualität sinkt und gleichzeitig werden die Füllmengen reduziert. So verbessern die Anbieter ihre Marge gleich doppelt: Sie sparen bei den Zutaten und verlangen zusätzlich mehr Geld pro 100 Gramm. Ein extremes Beispiel liefert zuletzt das "Poté Rindergulasch" von Netto: Hier sank der Rindfleischanteil von 41 auf 32 Prozent, während gleichzeitig die Füllmenge von 540 auf 400 Gramm schrumpfte. Das Ergebnis: Statt 221 Gramm Rindfleisch enthält eine Dose nur noch 128 Gramm - bei nur geringfügig reduziertem Preis.

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Rechtliche Lage für Verbraucher

Die rechtliche Lage ist für Verbraucher ernüchternd: Skimpflation ist völlig legal, solange die geänderte Zusammensetzung korrekt auf der Verpackung angegeben wird. Verbraucherschützer fordern daher strengere Regeln und eine verpflichtende, deutliche Kennzeichnung von Rezepturänderungen auf der Verpackungsvorderseite. Bis dahin bleibt nur die eigene Aufmerksamkeit als Schutz vor der stillen Qualitätsverschlechterung im Supermarktregal.

D. Maier / Redaktion finanzen.net

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