Ökonom Michael Hüther fordert Deutsche auf: Mehr Arbeit für weniger Urlaub und weniger Feiertage

Die durch die Corona-Krise entstandene Neuverschuldung sowie der hiesige demographische Wandel stellen die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Um diese zu meistern, stellt Ökonom Michael Hüther Forderungen, die wohl auf wenig Begeisterung in der Bevölkerung stoßen.
Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor und Mitglied im Präsidium des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). In einem Focus Online-Bericht warnt er vor den Schwierigkeiten, die die Befreiung aus der Schuldenkrise mit sich bringt.
Herausforderungen Neuverschuldung und demographische Entwicklung
Noch im Juni des vergangenen Jahres 2020 verabschiedete die Bundesregierung ein 130-Milliarden-Euro-schweres Konjunkturpaket mit dem Ziel, die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Für den Bundeshaushalt rechnet Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat der SPD Olaf Scholz im Jahr 2021 mit einer Neuverschuldung von 240 Milliarden Euro und damit rund 60 Milliarden Euro mehr als ursprünglich geplant. Auf Nachfrage des ZDF-Morgenmagazins, wie für diese Belastung aufgekommen werden soll, entgegnet Olaf Scholz: Wachstum. Sollte die Krise ökonomisch im kommenden Jahr 2022 gemeistert werden, prognostiziert er eine Stabilisierung innerhalb der nächsten zehn Jahre.
Demgegenüber steht allerdings die demographische Entwicklung und ein damit in Verbindung stehender Arbeitskräfteverlust in den kommenden Jahren. Laut Focus Online soll es bis 2030 rund drei Millionen weniger Erwerbstätige geben als noch 2019. Inwieweit also das benötigte Wachstum erreicht werden kann, während gleichzeitig der Anteil an Bürgern, die die gesetzliche Rente in Anspruch nehmen, ansteigt, während der Anteil derer, die in die Steuerkasse und Sozialversicherungen einzahlen und als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, abnimmt, werden die kommenden Jahre offenbaren.
Vollumfängliches Ausschöpfen der Beschäftigungspotenziale
Damit diese zwei auf den ersten Blick in Zielkonflikt zueinanderstehenden Aspekte doch vereint werden können, nimmt der Ökonom Michael Hüther und das IW laut Focus Online-Bericht eher unpopuläre Maßnahmen ins Visier: mehr Arbeit, weniger Urlaub und weniger Feiertage. Wie das IW vorrechnet, wurden im Jahr 2019 in Deutschland pro Kopf 1.386 Stunden gearbeitet. Schweden kam im selben Zeitraum auf 1.452 Stunden und die Schweiz gar auf 1.557 Stunden, obwohl die Wochenarbeitszeiten dem Bericht nach nur geringfügig höher ausfallen. Das Mehr an Arbeit beruhe hauptsächlich auf weniger Feiertagen und weniger Urlaubstagen für die Beschäftigten.
Die Schlussfolgerung des IW: eine Anpassung der Anzahl von Feier- und Urlaubstagen, ein Anheben der Wochen-Arbeitszeit und Anzahl der Arbeitswochen auf den Mittelwert von Schweden und der Schweiz sowie der Abbau von "unfreiwilliger" Teilzeit. Die Umsetzung dieser drei Maßnahmen ergäbe ein Gesamtvolumen von 7,2 Milliarden zusätzlichen, neugeschaffenen Arbeitsstunden pro Jahr. Das wiederum bringe in etwa 4,4 Millionen zusätzliche Vollzeitarbeitskräfte. Dem Bericht nach könne Deutschland den Arbeitskräfteverlust infolge des demografischen Wandels nur dann auffangen, wenn sich diese Beschäftigungspotenziale nutzen lassen.
Umsetzung nicht realistisch
Allerdings erwartet auch IW-Chef Hüther laut dem Focus Online-Bericht nicht, dass sich die beschriebenen Maßnahmen vollständig umsetzen lassen. Zu groß dürfte der Widerspruch von diversen Interessensgruppen, Gewerkschaften und der Bevölkerung ausfallen - zumal keiner der Parteien Millionen von Wählerstimmen mit etwaigen Forderungen nach Urlaubskürzungen und höherem Arbeitsvolumen vergraulen möchte.
Philipp Beißwanger / Redaktion finanzen.net
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