Sonne, Strand und Quallen - Was Urlauber bemängeln dürfen
Nicht immer verläuft der Urlaub wie erhofft. Doch wer schon bei der Buchung einige Formalien einhält, hat gute Chancen auf eine Entschädigung.
von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag
Spätestens zu Pfingsten schwärmen die Deutschen wieder aus, um ihren Titel als Reiseweltmeister zu verteidigen. Bei vielen lässt sich die Vorstellung ihres Traumurlaubs mit drei Worten bescheiben: Sonne, Strand und Palmen. Doch manchmal stimmen Wunsch und Wirklichkeit nicht überein. So ist die Urlaubsfreude schnell vorbei, wenn wegen vieler Quallen das Baden im Meer unzumutbar ist. Wer eine Pauschalreise – das heißt: eine Reise aus mindestens zwei miteinander verbundenen Komponenten – gebucht hat, kann sich in solchen Fällen auf das verbraucherfreundliche deutsche Reiserecht berufen und einen Teil des Reisepreises wieder zurückholen.
Zumindest ist das Landgericht Duisburg dieser Meinung: Es sieht mit Quallen verseuchtes Meerwasser als Reisemangel an. Das Gleiche gilt, wenn der Strand von Sandflöhen bevölkert wird. Beides hat zur Folge, dass der Reisepreis um je 20 Prozent gemindert werden darf. Da die Richter die Reise dadurch außerdem „erheblich beeinträchtigt“ sahen, sprachen sie einem Ehepaar zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von 1804 Euro zu. Zudem gab es noch 500 Euro Schmerzensgeld für die Ehefrau: Sie hatte sich nach dem Urlaub wegen der Flohbisse ärztlich behandeln lassen müssen (Az. 12 S 35/08).
Piraten vor Afrika haben deutsche Gerichte ebenfalls schon beschäftigt: Ist ein Kreuzfahrtschiff gezwungen, die vorgesehene Route wegen zu befürchtender Piratenüberfälle zu ändern, haben Passagiere ein Minderungsrecht. Das Amtsgericht München billigte einem Ehepaar eine Kürzung des Reisepreises um 25 Prozent zu, weil von den vorgesehenen acht Anlaufhäfen drei nicht angesteuert wurden (Az. 282 C 31292/09).
Fluggäste haben Rechte
Auch Flugpassagiere müssen nicht alles schlucken. Bei Verspätungen von drei Stunden und mehr besteht laut eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, die je nach Entfernung gestaffelt ist: Bei einer Flugstrecke von bis zu 1500 Kilometern beträgt die Entschädigungspauschale 250 Euro. Bei allen anderen innereuropäischen Flügen sowie Interkontinentalflügen bis zu einer Streckenlänge von 3000 Kilometern muss die Fluggesellschaft 400 Euro zahlen. Bei Verspätung eines Langstreckenflugs werden 600 Euro fällig (Az. C-402/07 und C-432/07).
Ausnahmen sind nach Meinung der Luxemburger Richter nur möglich, wenn die Verspätung durch außergewöhnliche und für die Fluggesellschaft unvermeidliche Umstände verursacht worden sei. Technische Probleme mit dem Flugzeug fallen nicht unter diese Ausnahmeregel. Damit stellten die Richter klar, dass die nach einer EU-Verordnung von 2004 für kurzfristige Annullierungen geltenden Entschädigungen auch bei Verspätungen zu zahlen sind. Diese Rechte gelten für jeden, der seine Reise auf einem Flughafen in der EU antritt. Auch Passagiere aus Drittstaaten können sich darauf berufen, sofern sie mit einer europäischen Airline in die EU fliegen.
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Richtig reklamieren
Wer eine Reisepreisminderung durchsetzen will, weil ein Mangel vor Ort die Urlaubsfreuden trübt, muss vor allem eines wissen: Wie man richtig reklamiert. Zunächst sollte man den Mangel umgehend dem Reiseleiter vor Ort anzeigen und innerhalb einer bestimmten Frist Abhilfe fordern. Außerdem ist es ratsam, den Mangel so präzise wie möglich zu beschreiben, um später einen Nachweis zu haben. Hilfreich sind Fotos oder Videoaufnahmen, am besten digital mit Datumsangabe, aber auch Zeugen aus dem Kreis der Mitreisenden. Ist der Reiseleiter nicht erreichbar, sollte man direkt vom Hotel ein Fax zum Veranstalter senden. Dessen Anschrift steht in den Reiseunterlagen oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Maßgebend für die Monatsfrist ist der Tag, an dem die Reise planmäßig enden sollte. Wäre dies beispielsweise der 15. Juni, so müsste der Reisende seine Ansprüche bis zum 15. Juli geltend machen. Endet die Frist an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gibt es eine Verlängerung bis zum nächsten Werktag. Ausnahmen: Beginnt die Frist an einem 31., und der darauffolgende Monat hat weniger Tage, läuft sie dennoch am Monatsletzten ab. Verkürzte Ausschlussfristen gibt es auch bei verspätetem Fluggepäck (Anmeldung innerhalb von 21 Tagen) sowie bei Gepäckschäden auf Kreuzfahrten in internationalen Gewässern (innerhalb von 15 Tagen).
Keine allgemein verbindliche Regelung
Wie viel Geld der Geschädigte vom Veranstalter verlangen oder vor Gericht erstreiten kann, hängt immer vom Einzelfall ab. Da eine allgemein verbindliche Regelung fehlt, ist Reiserecht in großen Teilen Richterrecht. Doch hat sich die sogenannte Frankfurter Tabelle der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main als Orientierungshilfe für Preisminderungen herauskristallisiert (siehe Beispiele oben). Wer bereits vor der Buchung ein paar Dinge beachtet, könne hinterher Schadenersatzansprüche leichter durchsetzen, erläutert Anja Smettan-Öztürk, Rechtsanwältin und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht. „Der Reisende sollte darauf achten, dass sich der Sitz des Reiseveranstalters in Deutschland befindet“, erläutert Smettan-Öztürk. Ansonsten könnte sich die praktische Umsetzung von Ansprüchen schwierig gestalten.
Mindestens genauso wichtig, so die Anwältin weiter, sei, dass der Kunde vor Anzahlung auf den Reisepreis einen Insolvenzsicherungsschein vom Veranstalter erhält. „Dann bekommt der Reisende im Fall der Insolvenz die Anzahlung auf den Reisepreis erstattet beziehungsweise notwendige Mehrkosten für die Rückreise, wenn sich die Insolvenz während der Reise einstellt.“
Bildquellen: ST. VINCENT & THE GRENADINES