Rendite der besonderen Art

Kunst-Investments: Wie man richtig investiert

31.08.14 03:00 Uhr

Kunst-Investments: Wie man richtig investiert | finanzen.net

Ob Bilder, Plastiken oder Installationen - die Auktionshäuser erzielen immer höhere Preise für Kunstwerke. Was private Sammler und Anleger über Investitionen in Kunst wissen sollten.

von Carolin Jost, Gastautorin von Euro am Sonntag

Eine Leinwand mit schwarzen Flächen in Öl - für 84 Millionen Dollar. Der Rekordpreis, den das monochrome Gemälde Black Fire I des US-Amerikaners Barnett Newman (1905-1970) erzielte, war ein echtes Highlight auf der diesjährigen Mai-Auktion bei Christie’s in New York. Aber auch für die Werke einiger deutscher Künstler werden immer häufiger atemberaubende Preise gezahlt. Etwa für das Selbstbildnis des 1997 verstorbenen Malers Martin Kippenberger, das den Künstler in Anlehnung an ein Foto des alternden Pablo Picasso in Unterhose zeigt - und mit einem blauen Ballon vor dem Gesicht. Als es kürzlich den Besitzer wechselte, betrug der Auktionspreis 18,6 Millionen Dollar. Wieder einmal wird deutlich, dass Kunstpreise im Ermessen der Bieter liegen - genauso wie die Schönheit im Auge des Betrachters.

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Schon seit den 80er-Jahren, als mehr und mehr Investoren begannen, Kunst als Anlageklasse zu entdecken, werden in den Auktionssälen Jahr für Jahr neue Rekordsummen aufgerufen. Doch seit der Finanzkrise hat dieses Phänomen deutlich an Dynamik gewonnen. Zum Teil ist das auf die Politik des billigen Geldes zurückzuführen, mit der die Notenbanken in allen Märkten für zusätzliche Liquidität sorgen. Vor allem aber spiegeln die Spitzenpreise, die insbesondere für zeitgenössische Kunst gezahlt werden, auch eine globale Veränderung der Wohlstandsverteilung wider: Stammten die Käufer früher in der Regel aus den USA und Europa, drängen heute immer mehr neue Sammler aus Schwellenländern wie China, Russland oder Katar in die Galerien und Auktionshäuser.

Vielversprechende Werke
bereits für wenig Geld

Der Kunstmarkt bietet die perfekten Zutaten für einen Hype: ein attraktives und im Vergleich zu anderen Assetklassen greifbares Anlageobjekt, Verkaufserlöse in zweistelliger Millionenhöhe und Protagonisten, die auch für die Hochglanzmagazine interessant sind. Im Sog des Kunstbooms hat sich eine Partymentalität herausgebildet, die wenig mit seriöser Vermögensanlage und noch viel weniger mit echter Kunst zu tun hat.

Doch ist die durch den Hype verzerrte Wahrnehmung wirklich schädlich? Meine Antwort: auf individueller Ebene nicht. Die wenigen, die sich dadurch verleitet sehen, exorbitante Preise für Kunst zu zahlen, können es sich ohnehin leisten. Anders sieht es auf kollektiver Ebene aus. Denn die Entwicklung sorgt dafür, dass die Preise im Kunsthandel auf ein Niveau steigen, auf dem die Museen oft nicht mehr mithalten können. Das könnte langfristig dazu führen, dass insbesondere die Werke angesagter Künstler tendenziell seltener einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können als früher.

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Doch der Hype hat auch positive Effekte. Entwickelt sich der Kunstmarkt weiter, kommt das mittelfristig auch der Masse der Künstler zugute, deren Werke vermutlich niemals bei Christie’s oder Sotheby’s unter den Hammer kommen. Das Gros der Investitionen in Kunst ist von den Rekordpreisen weit entfernt - wer die entsprechende Kenntnis und das notwendige Gespür mitbringt, kann bereits für ein paar Tausend Euro ein vielversprechendes Werk erstehen.

Wenn sie die Initialzündung für die Beschäftigung mit Kunst und der Investition in Kunst geben, haben die glamourösen Berichte aus der Kunstszene also durchaus ihre guten Seiten. Immerhin profitieren die Menschen davon gleich doppelt: Sie haben die Chance, ihren Horizont zu erweitern und sich neue, interessante Anlagemöglichkeiten zu erschließen. Und das sogar mit Steuervorteil: Wenig bekannt ist, dass die Spekulationsfrist für Kunst im Privatbesitz nur ein Jahr beträgt - danach sind die Gewinne aus Wertsteigerungen beim Verkaufserlös steuerfrei.

Doch um erfolgreich in Kunst zu investieren, reicht es nicht, vermögend zu sein. Man muss sich auch in der Szene auskennen, Galerien und wichtige Kunstveranstaltungen besuchen - oder jemanden haben, der das für einen erledigt. Wer in der Szene vernetzt ist, bekommt am ehesten eine Rarität angeboten oder entdeckt eine. Professionelles Art Management sollte sich jedoch nicht auf die Kaufberatung und gezielte Objektsuche beschränken, sondern auch Fachwissen vermitteln. Schließlich sollte man einen Einblick in Werk und Intentionen des Künstlers haben, dessen Objekt man kaufen möchte. Und es sollte ein Grundverständnis für die Technik und den kunsthistorischen Kontext vorhanden sein. In der Praxis erlebe ich häufig, wie hilfreich ein künstlerischer Hintergrund bei der Vermittlung dieser Kenntnisse ist.

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Eigentum verpflichtet - das gilt insbesondere für Menschen, für die Kunst mehr ist als nur ein Statussymbol. Über kurz oder lang stellen sich viele Fragen rund um den Erhalt und die Pflege des gleichermaßen finanziellen und kulturellen Vermögens. Zum Beispiel, wie man aus einer Ansammlung von Kunstgegenständen eine Sammlung mit Schwerpunkt macht. Oder wie man den Wert der Kunstwerke aus dem Bestand ermittelt und welche Versicherungen notwendig sind.

Sammler, denen wirklich an der Kunst gelegen ist, werden zudem danach streben, Mitglied eines Freundes- und Förderkreises eines Museums zu werden. Und irgendwann stellt sich vielleicht auch die Frage nach einer gezielten Auflösung der Sammlung. Dies kann entweder durch selektive Verkäufe erfolgen, aber auch durch Übertragung an einen Nachfolger oder eine Kunststiftung. Auch hier ist vielfältiges Fachwissen nötig. Für bestmögliche Erlöse ist immer auch die Wahl des richtigen Zeitpunkts und des Verkaufsorts entscheidend.

Ohne Engagement und
Kenntnis geht es nicht

Die Investition in Kunst stellt eine besondere Anforderung an den Anleger - und vor allem an dessen Risikobereitschaft. Denn die hohen Renditen, die sich derzeit am Kunstmarkt erzielen lassen, werden durch ein hohes Risiko erkauft, diese eherne Kapitalmarktregel ist universell. Wer ernsthaft in Kunst investiert, der kann aber auch auf eine "Rendite" zählen, die sich nicht in Prozentpunkten messen lässt: einen erweiterten Horizont und die Gewissheit, mit seinem Vermögen einen Beitrag für die kulturelle Vielfalt in unserer Gesellschaft zu leisten. Und für den echten Kunstliebhaber vielleicht am wichtigsten: eine emotionale Bindung an das Kunstwerk, die so stark sein kann, dass sie gegebenenfalls auch die Bedeutung eines möglichen Wertverlusts abfedert.

Kurzvita

Carolin Jost, Leiterin des
Art Management HVB Private Banking

Als Volljuristin mit akademischem Kunststudium verantwortet Carolin Jost deutschlandweit das Art Management im Private Banking der HVB. Nach ihrem Studienaufenthalt in New York, Tätigkeiten bei Auktionshäusern und Galerien und neben zahlreichen internationalen Kunstprojekten und Ausstellungen entwickelte Carolin Jost im Jahr 2002 exklusiv für die HypoVereinsbank das erfolgreiche Konzept für die Kunstberatung innerhalb der Bank. Als langjährige Kennerin und Teilnehmerin am internationalen Kunstgeschehen betreut sie die Kunstsammlungen der Private-Banking-Kunden, befasst sich mit dem Werterhalt der Kunstgegenstände, deren Katalogisierung und Bewertung sowie mit Fragen rund um den Verkauf, die Übertragung und das Vererben von Kunst.

Bildquellen: Jan Scheffner , ollyy / Shutterstock.com