Teure Urkunden: So ändern sich Notargebühren
Notare: Zum 1. August wird es teurer, Testamente, Eheverträge und Immobilienkaufverträge zu beurkunden. Wo sich sparen lässt und warum Notare noch zu Verbraucherschützern werden.
von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag
Ein Skandal mit Folgen. In den 90er-Jahren sollen Berliner Notare jeweils in der Silvesternacht Kaufverträge von steueroptimierten Schrottimmobilien im Hauruckverfahren beurkundet haben. Obwohl die niedrigen Verkehrswerte mithilfe dubioser Gutachten frisiert waren, gaben sie Brief und Siegel darauf. Haben die Träger eines öffentlichen Amts sich tatsächlich von windigen Bauträgern instrumentalisieren lassen, sodass gutgläubige Anleger abgezockt wurden? Den „Mitternachtsnotaren“, wie die „Berliner Zeitung“ flapsig schrieb, legte das örtliche Landgericht als zuständige Dienstaufsichtsbehörde das Handwerk.
Die Welle der Empörung schlug so hoch, dass der Berliner Senat über den Bundesrat eine Gesetzesinitiative „zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren“ einbrachte. Demnach müssen — nach wenigen Federstrichen im Beurkundungsgesetz und in der Bundesnotarordnung — die rund 8.000 Notare ab September Kaufinteressenten die Verträge spätestens zwei Wochen vor der Beurkundung selbst aushändigen und können das nicht wie bisher Maklern überlassen. Das soll dafür sorgen, dass Käufer ausreichend Bedenkzeit haben. Ob die vermeintliche Berliner Verbraucherschutzinitiative, für die keine zusätzlichen Gebühren anfallen sollen, Anleger vor übereilten Ramschkäufen schützt oder nur einen Placeboeffekt hat, wird sich zeigen.
Im Schnitt 15 Prozent mehr
Fest rechnen müssen Verbraucher dagegen mit dem neuen Gerichts- und Notarkostengesetz. Die Gebühren für die Dienstleistung der Unparteiischen steigen ab dem 1. August um durchschnittlich 15 Prozent gegenüber den bisherigen Sätzen in der Kostenordnung. Das trifft vor allem auf alltägliche Routinearbeiten wie das notarielle Testament, den Ehevertrag oder eine Vorsorgevollmacht zu.
Offiziell verkaufen der Gesetzgeber und die Bundesnotarkammer die erste Gebührenerhöhung seit 1986 als „Anpassung der Notargebühren an die allgemeine Einkommensentwicklung“. Das stimmt allerdings nur zum Teil. Denn egal ob Häuslebauer, Eheleute mit Gütertrennung, Erblasser oder Unternehmer — in der Regel richten sich die Notargebühren nach der Art der Tätigkeit und dem Geschäftswert. Und Letzterer ist vor allem bei Erbschaften seit 1986 deutlich gestiegen. Faustregel: Je höher der Geschäftswert ist, desto höher sind folglich die Gebühren.
Deutlich teurer wird es für Verbraucher aber gerade bei aufwendigen und haftungsträchtigen Vorgängen wie etwa bei der Beurkundung von Immobilienverkäufen. Beispielsweise beim Verkauf einer Eigentumswohnung im Wert von 200.000 Euro.
Entwirft und beurkundet der Notar den Vertrag, und soll er die eingetragene Grundschuld löschen lassen, Vorkaufsrechte abfragen sowie die Eigentumsumschreibung überwachen, kostet das nach Berechnungen der Bundesnotarkammer rund 1.305 Euro. Das sind rund 20 Prozent mehr als bisher (siehe Tabelle). Darin sind Gebühren und Auslagen wie die Dokumentenpauschale sowie für Post und Telefon schon berücksichtigt.
Ein anderes Beispiel: Bei einem Vermögenswert von etwa 290.000 Euro würde der Antrag eines Erbscheins beim Nachlassgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen bis zu 1.170 Euro kosten. Denn auch hier steigen die Gebühren zum 1. August.
Verglichen mit anderen Nebenkosten wie eventuelle Maklerprovisionen und die in den meisten Bundesländern im Schnitt auf fünf Prozent des Kaufpreises angehobene Grunderwerbsteuer ist das jedoch immer noch günstig.
Spartrick für Immobilienkäufer
Während Maklerprovisionen nur schwer zu umgehen sind, können Immobilienkäufer bei Notarkosten mit einem Trick kräftig sparen: Wer zunächst nur ein Grundstück erwirbt, bezahlt Notargebühren nur dafür. Wird später auf dem Grund ein Haus gebaut, stellt das rechtlich kein zu beglaubigendes Immobiliengeschäft dar. Da es sich um den Kauf von Materialien und Dienstleistungen handelt, ist ein Notar nicht notwendig.
Doch Notare dürfen künftig nicht nur mehr berechnen, sie müssen in einzelnen Bereichen auch mehr leisten. So sollen die Unparteiischen ab September bei Streitigkeiten etwa von Erbengemeinschaften in einer Nachlasssache vermitteln und eine gütliche Einigung anstreben.
Darüber hinaus werden die Bundesländer entscheiden, ob künftig ausschließlich Notare einen Erbscheinantrag beurkunden können. Bisher machten dies grundsätzlich die Nachlassgerichte. Dort ist der Gebührensatz für die Beglaubigung aber höher als beim Notar. Sollten andere Bundesländer dem Beispiel Sachsen-Anhalts folgen, könnte es für Erben also günstiger werden.
Eine weitere gute Nachricht: Ab August wird nicht jeder Gebührensatz angehoben. Wer beispielsweise den Kredit für seine Immobilie abbezahlt hat und die eingetragene Grundschuld auch nicht mehr als Sicherheit für ein neues Darlehen aktivieren will, kann diese löschen lassen. Kostete die beglaubigte Löschung einer Grundschuld im Wert von beispielsweise 350.000 Euro bisher 120 Euro, verlangen Notare künftig nur 20 Euro. Das sind 84 Prozent weniger als bisher.
Mindestlohn für Notare
Kaum vorstellbar bei den Einkommen, die die meisten Menschen mit dem Notarberuf verbinden: Es gibt auch gesetzliche Mindestpreise. Mit diesem festgesetzten Mindestlohn will der Gesetzgeber garantieren, dass Notare vor allem in ländlichen Regionen kostendeckend arbeiten können.
So müssen etwa Erblasser, die ein Testament beurkunden lassen wollen, selbst dann mindestens 60 Euro an den Notar zahlen, wenn kaum etwas zu vererben ist. „Hinzu kommen 15 Euro für den Eintrag ins Zentrale Testamentsregister und 75 Euro für die Hinterlegung des beglaubigten Testaments beim zuständigen Nachlassgericht“, erläutert Michael Gutfried, Notarassessor und Leiter des Zentralen Registers bei der Bundesnotarkammer.
Frei verhandelbar sind Notargebühren nicht. Auch gibt es keine Freundschaftspreise, Rabatte oder wie bei Anwälten Pauschalhonorare. Abgerechnet wird strikt nach Gebührensätzen. Schmu fällt auf. Denn die Einnahmen der Notare unterliegen den regelmäßigen Kontrollen der Revisionen der Landgerichte. Wer zu viel berechnet, muss Geld zurückzahlen.
Bundesweit gibt es mehr Anwaltsnotare als reine Urkundenbeglaubiger. Diese sind zusätzlich als Rechtsanwalt tätig. Ihre Einnahmen liegen in der Regel über denen der sogenannten Nur-Notare. Unterlaufen Anwaltsnotaren Fehler und Mandanten werden geschädigt, springt die Haftpflichtpolice ein. Bei den sogenannten Amtsnotaren, beispielsweise in Baden-Württemberg, haftet letztlich das Bundesland.
Alles anders - So änderns sich Notargebühren (pdf)