Marktrisiko vs Bonitätsrisiko: Mehr Risiko lohnt sich nicht immer

Zertifikate gelten als die "Alleskönner der Geldanlage". Ganz ohne Risiko geht es allerdings auch hier nicht, schon allein mit Blick auf die rechtliche Einordnung.
Zertifikate haben Privatanlegern eine ganz neue Welt eröffnet. Sie können nicht nur die Entwicklung von Aktien abbilden, sondern auch von Aktienindizes wie dem DAX, aber auch von Rohstoffen oder Devisen. Mit dem Kauf eines einzigen Wertpapiers lassen sich selbst ganze Anlagestrategien, die früher nur Investoren jenseits der Millionengrenze vorbehalten waren, ins Depot holen. Durch die Kombination verschiedener Asset-Klassen (Aktien, Optionen, Futures und Anleihen) können zudem unterschiedliche Zahlungsprofile erzeugt werden. Dadurch lässt sich nicht nur in steigenden Märkten Geld verdienen, sondern selbst bei seitwärts tendierenden oder fallenden Kursen. Auch die Kombination mehrere Marktentwicklungen ist in einem Zertifikat erhältlich.
Die meisten Zertifikate unterliegen den gleichen Marktrisiken wie andere Anlageformen auch. Ob Konjunktur, Zinsen, Währungsentwicklung oder Politik - all diese Faktoren nehmen Einfluss auf die Kursentwicklung von Zertifikaten. Das gilt auch für Produkte mit abgemildertem Risiko, wie Discount- oder Bonus-Zertifikate. Denn bei starken Kursverlusten des zugrundeliegenden Basiswerts kann es auch hier zu deutlichen Kapitaleinbußen kommen. Da die meisten Zertifikate zudem stets eine oder mehrere Optionskomponenten beinhalten, unterliegt der Kurs während der Laufzeit aber noch weiteren Einflussfaktoren. Im Wesentlichen sind das die erwartete und durch Optionspreise reflektierte Volatilität des Basiswerts, die Restlaufzeit, das Marktzinsniveau, Bonitätsveränderungen des Emittenten und ggf. Wechselkurseffekte. Aber auch erwartete Dividendenzahlungen oder Bezugsrechtsabschläge wirken sich aus, wenn der Basiswert in Aktien bzw. einem Aktienindex besteht. Das gilt auch für Garantie-Zertifikate. Denn die Zusage des Kapitalerhalts bezieht sich nur auf das Ende der Laufzeit. Während der Laufzeit kann der Wert des Zertifikats auch unter das in der Rückzahlungsgarantie festgelegte Kursniveau fallen.
Grundsätzlich gilt: Je komplexer die erworbene Struktur ist, desto vielfältiger sind unter Umständen die Einflussfaktoren auf die Kursentwicklung. Umso wichtiger ist es, die Details zur Ausstattung von Zertifikaten für jedes einzelne Produkt vor dem Kauf im jeweiligen Verkaufsprospekt noch einmal genauestens nachzulesen, um die damit verbundenen Chancen und Risiken richtig einschätzen zu können. Dort werden die Zertifikate-Bedingungen lückenlos und rechtsverbindlich festgehalten.
Ein wichtiges Kriterium für die Anlageentscheidung ist die Bonität. Diese gibt Aufschluss über den "Gesundheitszustand" des Herausgebers. Diesen Aspekt sollte man keinesfalls außer Acht lassen. Denn Zertifikate beziehen sich zwar häufig auf Aktien, sie verbriefen allerdings keinerlei Aktionärsrecht. Stattdessen erwirbt der Käufer eines Zertifikats das Recht, von der Bank eine Rückzahlung zu verlangen, deren Höhe sich im Rahmen vordefinierter Regeln nach dem dann aktuellen Stand des Basiswertes bemisst. Bei Zertifikaten handelt es sich somit immer um Schuldverschreibungen des emittierenden Geldhauses, die anders als Investmentfonds gesetzlich nicht als Sondervermögen geschützt sind. Sie sind damit immer so sicher, wie ihr Herausgeber liquide ist. Wird der Emittent zahlungsunfähig, gehören die Zertifikate in die Konkursmasse - und an der sind Anleger beteiligt wie jeder andere Gläubiger auch. Im schlimmsten Fall würden die Produkte wertlos verfallen.
In vielen Fällen ist eine Zahlungsunfähigkeit zwar eher theoretischer Natur. Denn hinter den meisten Zertifikaten stehen milliardenschwere Großbanken. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 und dem Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems wäre es allerdings grob fahrlässig zu sagen, dass etablierte Banken nicht Konkurs gehen können.
Aufschluss über die Bonität eines Emittenten geben neben Ratings die sogenannten "Credit Default Swaps", kurz CDS, die unter anderen der Deutsche Derivate Verband (DDV) für eine Laufzeit von fünf Jahren auf seiner Homepage veröffentlicht. Sie sind eigentlich ein Instrument für professionelle Anleger, um Kreditausfallrisiken abzusichern. Der Preis für so eine CDS-Versicherung gibt aber auch an, wie hoch der Markt die Kreditwürdigkeit einer Bank aktuell einschätzt. Ein geringer CDS, also eine geringe Risikoprämie, bedeutet, dass die Finanzprofis eine Pleite für wenig wahrscheinlich halten. Ein hoher, bei welchen Häusern der Markt derzeit Bonitätsprobleme sieht.
Die Höhe der Prämie wird in Basispunkten pro Jahr angegeben. Ein Basispunkt entspricht dabei einem Hundertstel Prozentpunkt (= 0,01 Prozent). Auf relativ hohe Quoten kommen derzeit die Deutsche Bank und die Commerzbank, bei denen rund 126 bzw. 110 Basispunkte angesetzt werden. Bei der zum Verkauf stehenden HSH Nordbank liegen die verlangten Aufschläge sogar bei rund 1,9 Prozent. Landesbanken wie die LBBW oder die Helaba kommen dagegen nur auf jährliche Versicherungsprämien von 0,5 bzw. 0,7 Prozent.
Bonität spielt aber nicht nur für die Rückzahlung eine wichtige Rolle, sie kann zudem auch Einfluss auf die Preisgestaltung von Zertifikaten haben. Denn mit dem Kauf einer strukturierten Anleihe stellen Anleger dem Emittenten einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung - und mit dem kann die Bank zunächst einmal machen, was sie will (Inhaberschuldverschreibung). Der Verkauf ist aus Sicht der Institute damit eine andere Form der Kreditaufnahme. Insofern müssten Emittenten mit schlechterer Bonität ihre Produkte eigentlich preiswerter anbieten als die Konkurrenz. Schließlich gehen Anleger mit den Produkten nicht nur höhere Risiken ein, der Emittent kann sich zudem günstiger finanzieren als am Kapitalmarkt.
Mehr Risiko wird beim Zertifikate-Kauf allerdings nicht immer belohnt. Bei Delta-1-Strukturen etwa, also klassischen Open-End-Trackern, müsste die Partizipationsrate eigentlich über 100 Prozent liegen. Es gibt allerdings keinen Risiko-Messwert für Kreditausfallversicherungen mit unbegrenzter Laufzeit, den Emittenten bei der Preisgestaltung berücksichtigen könnten. Anders sieht das bei Produkten mit begrenzter Laufzeit aus, etwa bei Discount-, Express-, Bonus-Zertifikaten oder Aktienanleihen. Aber auch hier sind momentan bei vielen Produkten kaum Preis- bzw. Renditeunterschiede auszumachen, obwohl zwischen den Credit Spreads der Emittenten teils erhebliche Lücken klaffen. So bietet beispielsweise ein Discount-Zertifikat der Deutschen Bank auf den EURO STOXX 50 mit Cap bei 3.000 Punkten und Bewertungstag im Dezember 2017 exakt die gleiche Rendite wie ein baugleiches Produkt von HSBC. Doch dabei weist die Deutsche Bank aktuell einen in etwa doppelt so hohen CDS aus wie die britische Großbank.
Ohnehin drängt sich die Frage auf, ob Investoren für das Kreditrisiko angemessen entschädigt werden. Ein Beispiel dafür bieten Siemens-Discount-Zertifikate mit einem Cap bei 90 Euro und einer Laufzeit bis Dezember 2017. Als Vergleich dient die Rendite, die durch Eurex-Optionen realisierbar ist, da sich die Emittenten dort in der Regel hedgen bzw. anhand der Preise ihre Positionen bewerten. Die Eurex-Optionsposition wird dabei als Bonitätsrisikofrei angenommen, da das Marginsystem der Börse mit erstklassigen Sicherheiten hinterlegt wird. Während Anleger an der Eurex eine Rendite von 2,1 Prozent erzielen könnten, müssten sich Investoren bei Emittenten mit mittleren Ausfallrisiko mit maximal 1,51 (HSBC) Prozent zufrieden geben. Bei der Commerzbank und der Deutschen Bank, also den Herausgebern mit den teuersten Kreditausfallversicherungen, ließen sich gar nur Seitwärtsrenditen von 1,34 bzw. 1,36 Prozent erzielen.
Das Beispiel zeigt, dass das Bonitätsrisiko (und der Preis dafür) nicht immer Korrelation zu den Produktpreisen steht. Im Gegenteil, die Anbieter mit dem höchsten Creditspread "bezahlen" das Kreditrisiko am wenigsten. In einer arbitragefreien Welt sollte die Rendite bei den Emittenten Deutsche Bank und Commerzbank am höchsten sein und am geringsten an der Eurex, zumindest aber höher als bei Anbietern mit geringerem Creditspread (mittleres Ausfallrisiko im Vergleich).
Die Bonität sollte daher immer im Zusammenhang mit den Produktkonditionen der jeweiligen Emittenten gesehen werden. Anleger sind daher gut beraten, bei der Auswahl der Zertifikate genau hinzusehen, zumal der Kapitalbedarf der Anbieter auch zu einer Verzerrung zwischen Primärmarkt- und Sekundärmarktfunding führt. Das Risiko lässt sich zudem reduzieren, indem man sich Zertifikate verschiedener Herausgeber ins Depot legt. Denn Risiko-Messwerte wie CDS sind nur ein Bonitätskriterium. Sie können die künftige Solvenz einer Bank nicht garantieren.
Chartered Opus legt bei seinen Produkten hohen Wert auf ein ausgewogenes Chance-Risiko-Profil. Derivat und Funding werden so aufgeteilt, um bei beiden Komponenten das werthaltigste Angebot zu identifizieren. Dies kann auch bedeuten, dass bestehende Emissionen in neue Strukturen gegossen werden, um so attraktive Sekundärmarktoptionen zu nutzen. Der Vorteil von Chartered Opus: Im Gegensatz zu einer Bank kauft der Finanzdienstleiter die Bausteine für strukturierte Anleihen und Anlagekonzepte unabhängig im Markt. Dabei kommt er nicht nur oftmals günstiger weg, er kann auch das Emittentenrisiko frei skalieren - und somit den optimalen Mix aus Rendite und Risiko schaffen. Einen Überblick über die Produkte, die Firmenpolitik sowie Informationen darüber, wie es Chartered Opus geschafft hat, Delta-1-Strukturen ohne klassische Bonitätsrisiken darzustellen, finden Sie im Internet unter http://chartered-opus.com/ und http://www.finanzen.net/zertifikate/emittent/Chartered-Opus.
Axel Mielke verantwortet bei Chartered Opus den Bereich Kunden und Vertriebspartner. Er besitzt 23 Jahre Erfahrung mit dem Handel und Portfoliomanagement von Derivaten und strukturierten Wertpapieren. Nach Stationen bei DRKW im Sales Trading für Derivate und im Portfoliomanagement einer Versicherung sowie im Structured Equity Sales von Merrill Lynch, leitete er als Managing Director den Bereich Client Solutions bei der WestLB Global Markets . Er ist ausgebildeter Wirtschaftswissenschaftler und besitzt die Lizenzen der Deutschen Börse.
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