Interessante Alternative bei Zinspapieren: Tilgungsanleihen

Unruhe und teilweise heftige Reaktionen beherrschen zurzeit Renten- und Aktienmärkte. Anleger in verzinsliche Wertpapiere beobachten diese Bewegungen vor allem im Hinblick auf die Zinsentwicklung.
Allerdings lohnt es sich durchaus, den Blick einmal weg von den erzielbaren Zinsen hin zur Ausgestaltung der Kapitalrückzahlungen von Anleihen zu richten. Bei der Mehrzahl der Anleihen wird das eingesetzte Kapital erst zum Endfälligkeitstermin zurückgezahlt. Privatanlegern bieten sogenannte Tilgungsanleihen nun eine interessante Alternative. Institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherungen nutzen dieses Instrument bereits seit langer Zeit, um neben den Kuponzahlungen zum Beispiel jährliche oder monatliche Liquiditätszuflüsse durch die anteilige Kapitalrückzahlung zu erhalten. Diese nutzen die Versicherer für Rentenleistungen an die Versicherten. Dabei erfolgt die Geldanlage zu Zinssätzen, die auf eine lange Laufzeit ausgerichtet sind und damit über den Zinsen für kurzfristige Anlagen liegen.
Spezialisierte Emittenten begeben inzwischen auch Tilgungsanleihen für Privatanleger. Eine mögliche Zielgruppe sind Investoren, die grundsätzlich einen langfristigen Anlagehorizont mit einer entsprechenden Zinserwartung haben, aber zugleich eine kürzere Kapitalbindung und regelmäßige Rückflüsse suchen. Gerade ältere Anleger äußern häufig den Wunsch, nicht viele Jahre auf eine Kapitalrückzahlung warten zu müssen. Eine Tilgungsanleihe bietet beispielsweise eine zehnjährige Laufzeit und jährliche Teilrückzahlung in Höhe von 10 % des anfänglichen Nennbetrags. Bei einem angelegten Nennbetrag von 10.000 Euro erhält der Investor somit jedes Jahr Kapital in Höhe von 1.000 Euro plus Zinsen auf den verbliebenen Nennbetrag des zurückliegenden Jahres.
Ein weiterer Vorteil der Tilgungsanleihe liegt darin, dass sie dem Investor mehr Handlungsspielräume bei zukünftig steigenden Zinsen eröffnet. Entscheidet er sich in dieser Marktsituation, die Rückflüsse wieder in festverzinsliche Wertpapiere anzulegen, könnte er damit die Gesamtverzinsung seines Investments sogar noch erhöhen.
Die Ausgestaltung der Tilgungsanleihe kann unterschiedliche Varianten aufweisen: Durchgehend gleichbleibende Zinssätze sind ebenso möglich wie steigende oder aber variable Zinsen, die der Entwicklung des Marktes folgen. Alternativen gibt es auch bei den Kapitalrückzahlungen: Denkbar sind sowohl jährliche als auch beispielsweise zwei- oder vierjährliche Raten. So kann das gezeichnete Nennkapital über die Laufzeit vollständig zurückgezahlt werden oder es wird nur bis auf einen Restbetrag von beispielsweise 50 % zurückgeführt. Dieser wird dann am Laufzeitende ausgezahlt. Üblicherweise steht die Emittentin für eine 100 %ige Kapitalrückzahlung ein, so dass Anleger vor Zeichnung insbesondere auch deren Bonität im Blick haben sollten.
Somit steht dem Anleger mit Tilgungsanleihen ein interessantes verzinsliches Anlageprodukt zur Verfügung, mit dessen Hilfe er regelmäßige Auszahlungen für seinen individuellen Liquiditätsbedarf nutzen kann.
Nico Hamm ist Leiter der Abteilung Sparkassen, Banken & Öffentliche Kunden Nord und ist damit auch verantwortlich für den Verkauf der strukturierten Anleihen der HSH Nordbank. Als ausgewiesener Experte für Retailanleihen mit langjähriger Erfahrung schreibt er regelmäßig in seiner Kolumne über alle Themen rund um strukturierte Anleiheprodukte.
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