Die Mehrheit liegt falsch

Die Berichtssaison ist in vollem Gange. Zwar fallen die Zahlen gemischt aus, dennoch sind die Kursreaktionen überwiegend positiv.
Das liegt an den verhaltenen Erwartungen, die im Vorfeld der Zahlenbekanntgabe unter den Anlegern geherrscht hat. Wegen dieser vorsichtigen Haltung hatte ich vor einigen Wochen bereits darauf hingewiesen, dass die Daten für das erste Quartal wahrscheinlich eher zu einem Stabilitätsfaktor für die Börsen werden. Denn letztlich passiert an den Finanzmärkten nur selten das, was die Mehrheit erwartet.
Sell in May
Prinzipiell beachten wir in der Aktien-Strategie saisonale Entwicklungen an den Börsen genau. Die historischen monatlichen Kursveränderungen fließen auch als einer von fünf Faktoren in unser Trendbarometer ein, mit dem wir die langfristigen Tendenzen für den DAX vorhersagen. Demnach läuft mit dem Mai ein schwieriger Börsenmonat. Richtig kritisch wird es aber vor allem ab dem Spätsommer (August und September). Jetzt gelten diese Indikationen im langjährigen Schnitt, aber nicht unbedingt für jedes einzelne Jahr. Zuletzt gab es auf nahezu allen Börsenseiten die Warnung "sell in may and go away". Auch hier stellt sich die Frage, ob angesichts der Vielzahl an Bedenkenträgern der DAX nicht doch zulegen kann. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres haben die saisonalen Zyklen schon nicht richtig gepasst. Und auch in den beiden vergangenen Jahren war die zweite Jahreshälfte besser als die erste. Die gefürchteten Herbststürme blieben komplett aus. 2012 und 2013 hatten die Medien (in gewissem Umfang auch wir) ebenfalls sehr deutlich an die Weisheit "sell in may and go away" erinnert.
Umfeld bleibt günstig
Eine Korrektur an den Börsen ist nach dem steilen Anstieg der vergangenen Jahre natürlich möglich. Die Rahmenbedingungen mit niedrigen Zinsen und anziehender Konjunktur bleiben aber vorerst günstig. Und echte Alternativen zu einem Aktieninvestment gibt es am derzeitigen Markt auch nicht. Wenn man zudem das in der vergangenen Woche beschriebene faktisch nicht vorhandene Interesse der Deutschen an Aktien allgemein betrachtet, dann stehen die mittelfristigen Chancen für den DAX nicht schlecht. Denn wie gesagt: Die Mehrheit liegt an den Finanzmärkten meist daneben.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
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