Libra-Invest-Kolumne

FED schickt die Bullen auf die Weide

08.11.10 15:45 Uhr

FED schickt die Bullen auf die Weide | finanzen.net

Wieder einmal gab es während der vergangenen Handelstage keinen Grund, über Langeweile zu klagen.

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Mit Spannung fieberten die Börsianer den US-Kongresswahlen und der Notenbanksitzung entgegen. Da beide Ereignisse das Potential haben, den Börsenverlauf der kommenden Wochen erheblich zu beeinflussen, stellt sich natürlich die Frage, wie die Börsianer strategisch auf die Ergebnisse reagieren werden. Meiner Meinung nach verliefen beide Ereignisse ohne größere Überraschungen. Die Gewichtszunahme der Republikaner im Kongress war von den Medien bereits fest eingeplant.

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Wahrscheinlich ist diese politische Machtverschiebung auch ein Grund für die Kursrallye der vergangenen Wochen, denn bekanntlich zählen die Akteure hinter den Spieltischen der Wall-Street eher zum konservativen Lager. Ich würde mich daher auch nicht wundern, wenn die zuletzt durch die Reformen der Obama Administration ausgebremsten Sektoren der Bereiche Gesundheit und Banken wieder Anschluss an die laufende Rallye finden würden. Bitte bedenken Sie im Zusammenhang mit den Kongresswahlen auch, dass das zunehmende Gewicht der Republikaner nur uns Europäer, aber nicht die Amerikaner selbst überrascht. Es ist in den USA nicht ungewöhnlich, dass in den Zwischenwahlen die Opposition zulegt. Da die Wall-Street ohnehin traditionell die Republikaner favorisiert, steht das Wahlergebnis einer Jahresend-Rallye keineswegs entgegen. Ganz im Gegenteil könnten einige Sektoren, wie z.B. die seit Wochen schwachen Banken und die Pharmabranche mittelfristig wieder Oberwasser bekommen.

Das andere Großereignis der Woche, die FED-Sitzung mit der Auflösung des Rätsels, in welchem Umfang der Dollar zum Abschuss freigegeben wird, könnte die Märkte stärker beeinflussen als die Kongresswahl. Da es vorab nur grobe Schätzungen über die Summe gab, die die FED für kurzlaufende Anleihen einzusetzen gedenkt, war der nun genannte Betrag von 0,6 bis 0,9 Billionen US-Dollar offenbar eine Überraschung. Nach wenigen hektischen und orientierungslosen Minuten entschieden sich die Marktteilnehmer für Sach- und gegen Geldwerte und bauten ihre Aktienpositionen aus. Wenn man dem Gedanken weiter folgt, der hinter dem sehr umstrittenen „Quantitative Easing“, oder auf hochdeutsch „Gelddrucken“ steht, kann ich mir keinen Ausgang dieses Experiments der Notenbankpolitik vorstellen, der den Rohstoffsektor nicht weiter begünstigen würde. Daher zählen die Aktien aus den Sektoren Rohstoffe, Edelmetalle und Materials nach wie vor zu meinen Top-Favoriten, obwohl der überkaufte Zustand natürlich weiter anhält und mit einer kurzfristigen Konsolidierung jederzeit zu rechnen ist.

Aktien bleiben fest

Nun ist es amtlich, die Demokraten werden es in den beiden kommenden Jahren der Präsidentschaft Obama schwer haben, ihr bisheriges Reformtempo aufrecht zu erhalten. Obama könnte dadurch zu einer so genannten „Lahmen Ente“ werden, was in der Presse bestimmt bald zu einem großen Thema aufgebauscht wird. Dabei sind die Amerikaner mit diesem Umstand sehr vertraut. Was uns hier aber betrifft, sollte dieses Patt kein Nachteil für den Aktienmarkt sein. Höchstwahrscheinlich werden die Investoren die Tatsache begrüßen, dass es für den Staat und dessen Bürokraten nun zunehmend schwierig wird, in die Wirtschaft regulierend einzugreifen. Dies ist der Grund, warum die letzten beiden Jahre im Präsidentschaftszyklus meist gute Aktienjahre sind. Auch aktuell befindet sich die Nachfrageseite eindeutig im Vorteil und die Bullen haben sich prompt positioniert. Den positiven Impuls der Wahl und der FED-Sitzung erkennt man gut im breiten Aktienmarkt der NYSE, die ein gutes Bild über die technische Verfassung aller Industriesektoren gibt.

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Im rechten Bereich erkennen Sie eine neue positive X-Spalte, die die kurze Zurückhaltung und Unsicherheit vor den beiden wichtigen Terminen schnell beendete. Jetzt sind wieder die Bullen am Zug, nachdem einige Handelstage zuvor noch die Bären kurzfristig im Vorteil schienen und eine Konsolidierung wahrscheinlich war. Dies erkennen Sie am Wechsel von der kleinen 0-Säule zur aktuellen X-Spalte, die ganz rechts steht und den Buchstaben „B“ für November enthält.

Einer der Vorteile von P & F Charts ist bekanntlich, dass recht klar entweder die Bullen oder die Bären im Vorteil sind, die Kurse entweder in einer X-oder in einer 0-Spalte handeln. In diesem Chart hier ist die „kritische Umkehrgröße“ drei Felder bzw. 150 Punkte, die für einen Spaltenwechsel gefüllt werden müssen. Dadurch verringert sich das „Rauschen“ und die Konfusion einer Kursbewegung erheblich, was vor allem dem Investor zu Gute kommt.

Mittel und Langfristig sehe ich die Bullen trotz aller fundamentalen Fragezeichen ganz eindeutig im Vorteil. Daher tippe ich auch auf ein endgültiges „Knacken“ der aktuellen Widerstände bei etwa 7.750 Punkten. Zumal das mittel- bis langfristige Projektionsziel der P & F Technik weit oberhalb der aktuellen Kurse liegt. Die Bullen sind auch aus dem Grund im Vorteil, dass die gleitende 50-Tage-Linie wieder oberhalb der gleitenden 200-Tage-Linie liegt. Dies ist ein bedeutendes langfristiges Kaufsignal mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit, welches zu Recht auch unter dem Namen „Kiss of Gold“ bekannt ist.

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Dollar frei zum Abschuss

Nun ist es amtlich, die FED wird bis in den kommenden Sommer hinein für mindestens weitere 600 Mrd. US-Dollar mittelfristige Hypotheken aufkaufen, die derzeit vor allem im Besitz von Banken sind. Dadurch sollen die Zinsen künstlich gedrückt und der Bankensektor gestützt werden- zu Lasten einer stabilen Währung. Damit ist der US-Dollar frei zum Abschuss und die Reaktion der Märkte war eindeutig. Da der Dollar ohnehin schwächelt, was für eine auf Importe angewiesene Nation wie die USA von Nachteil ist, kann man nur ahnen, wie verzweifelt die FED in Anbetracht von einer Arbeitslosenquote von weit über 10 Prozent (fair gerechnet) sein muss.

Hier sehen Sie eine Darstellung des Dollar nicht nur gegen den Euro, sondern gegen mehrere wichtige Währungen. Bereits im Juli (Ziffer 7) war die Zwischenerholung des Dollar in Folge der Euro-Krise beendet. Seitdem verharrt der Dollar in einer 0-Spalte, die den Angebotsdruck sehr deutlich macht. Nun bleibt abzuwarten, ob die Unterstützung aus dem Frühjahr bei 71 Punkten halten wird. Da die Reaktion der Devisenhändler auf die FED-Sitzung so eindeutig war, mache ich mir da keine große Hoffnung. Als Folge daraus erwarte ich eine sich verstärkende Flucht in Sachwerte wie Aktien und Rohstoffe. Die bisherige Reaktion der Marktteilnehmer war eindeutig und weiterhin deutet alles auf eine Jahresend-Rallye. Ich will dieses Wort nicht überstrapazieren, sehe aber vor allem die Sektoren der Explorer und Edelmetalle nach wie vor sehr positiv. Der HUI Goldminenindex z.B. ist nachhaltig nach oben ausgebrochen, bleibt aber überkauft. Auch die klassischen Indizes haben weiteres technisches Potential.

DAX bestätigt den Ausbruch

Bei der Analyse dieses Charts kann einem schon etwas schwindelig werden. Da der Anblick aber so schön ist, will ich Ihnen heute den DAX nicht vorenthalten. Eigentlich hatte ich ja für diese Woche eher mit Gewinnmitnahmen gerechnet, als mit Kursen oberhalb von 6.700 Punkten. Vor allem die Überkauftheit wichtiger kurzfristiger Indikatoren des „inneren Marktes“ und die eingepreisten Ereignisse dieser Woche ließen mich darauf tippen. Zum Glück ist aber an der Börse alles möglich, sogar das Gegenteil. Und das Indizes länger über (ver) kauft bleiben können als man denkt, ist seit Kostolany auch kein Geheimnis mehr. Aber sehen Sie selbst.

Die Unentschlossenheit des Oktober in Form der kleinen 0-Spalte wurde förmlich pulverisiert als die Kurse in einer frischen X-Spalte über die alten Widerstände bei 6.350 Punkte schossen. Auf diesem Niveau befanden sich mindestens 8 markante X-Säulen, an denen jedes Mal die Bären wieder das Steuer übernahmen. Mit der aktuellen dynamischen X-Säule sind die Bullen aber so eindeutig im Vorteil, dass man eigentlich nach dem „Haar in der Suppe“ suchen müsste.

Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, dass wir erst im Januar oder Februar des kommenden Jahres ernsthaft die Marke von 7.000 Punkten testen und vorher durchatmen würden. Mit dem Rückenwind der verzweifelten FED und der dadurch forcierten Flucht in Sachwerte könnten die Märkte aber nun viel früher als von mir gedacht in eine Euphoriephase geraten. Diese könnte die Kurse bereits viel früher als von meisten Marktteilnehmern auch nur geahnt wieder in Richtung der Höchststände von vor der Finanzkrise treiben. Natürlich ist wegen des kurzfristig überkauften Zustands jederzeit mit Konsolidierungen zu rechnen. Ich gehe aber nicht mehr davon aus, dass diese bis unterhalb die Unterstützungen von 6.350 reichen werden. In diesem Punkt korrigiere ich auch gerne meine Einschätzung von Mitte Oktober, als ich einen Test des Bereichs von 6.150 noch für wahrscheinlich hielt bevor, dann die Rallye einsetzen sollte. Nun wünsche ich Ihnen aber ein angenehmes Herbstwochenende und viel Glück mit Ihren Positionen.

Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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