Griechenland: Tsipras schockt Geldgeber

Kaum im Amt, kündigt Regierungschef Alexis Tsipras Reformen auf und stößt Gläubiger vor den Kopf. Doch die Aussichten für einen Schuldenschnitt sind sehr gering.
von Alexander Sturm, €uro am Sonntag
Der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras geht auf Konfrontationskurs mit den Gläubigern des Landes und ruft damit die Europäische Union auf den Plan. Als erste Amtshandlung kündigt er Vereinbarungen mit den Geldgebern auf: So stoppte Tsipras die Privatisierung des Hafens von Piräus und des Energieversorgers PPC. Zudem sollen Tausende entlassene Beamte wieder eingestellt werden und Mindestrenten sowie Mindestlöhne steigen. Der Verkauf von Staatsfirmen und soziale Einschnitte waren Bedingung für Finanzhilfen der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Anleger reagierten mit Panikverkäufen: Die Börse in Athen verlor acht Prozent, der Bankenindex rutschte 25 Prozent ab, die Renditen griechischer Staatsanleihen schossen auf über elf Prozent.
Tsipras, der mit seiner linken Syriza-Partei bei den Parlamentswahlen vor einer Woche nur knapp die absolute Mehrheit verfehlt und mit Rechtspopulisten eine Regierung gebildet hat, kündigte einen radikalen Wandel in Griechenland an. In der ersten Kabinettssitzung bekräftigte er zudem das Ziel, mit den internationalen Geldgebern einen Schuldenschnitt für das Land auszuhandeln.
Unnachgiebige Gläubiger
Tsipras Beschlüsse lösten Widerstand aus. Die EZB schloss eine Beteiligung an einem Schuldenschnitt aus, den auch die EU-Finanzminister und der IWF ablehnen. Seit 2010 hat die Troika Griechenland mit Finanzhilfen über 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt. Entsprechend gering ist die Bereitschaft für einen Schuldenerlass. Für einen Forderungsverzicht gebe es nicht viel Unterstützung, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Sigmar Gabriel. "Ich kann mir keinen Schuldenschnitt vorstellen", sagte er.
Trispras steht indes selbst unter Druck. Am 28. Februar endet das zweite Hilfsprogramm für Griechenland. Erreicht das Land in Verhandlungen mit den Gläubigern keine Anschlussfinanzierung, droht die Pleite. Ohne Einigung würden Anleihen Griechenlands vom Eurosystem nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert, zudem wäre das Land vom Staatsanleihekaufprogramm der EZB ausgeschlossen. Und im Sommer werden Staatsanleihen und IWF-Finanzhilfen in Höhe von gut sieben Milliarden Euro fällig. Zuletzt hatte Tsipras betont, Griechenland wolle in der Eurozone bleiben.
Das Drohpotenzial der griechischen Regierung ist auch deshalb gering, weil ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone in Brüssel nicht mehr als Katastrophe angesehen wird. Auch die Bundesregierung hat zuletzt signalisiert, dass sie einen "Grexit" für verkraftbar hält. Allerdings steht sie für Kredite von 50 Milliarden Euro gerade. Daher hat sie an einem Austritt kein Interesse .
Börsen unbeeindruckt von Tsipras
Die Finanzmärkte zeigten sich bislang wenig beeindruckt vom Politikwechsel in Athen. Am Tag nach der Wahl setzte der DAX seine Rekordjagd fort (siehe Seite 10). Bislang treffen die Turbulenzen in Griechenland nur die heimische Börse. Die eingebrochenen Kurse locken nun spekulative Käufer: Zum Wochenausklang erholten sich die Märkte in Athen wieder etwas. Analysten der Schweizer Bank UBS, die einen Austritt Griechenlands für unwahrscheinlich halten, empfehlen griechische Aktien zum Kauf. Sie seien günstig bewertet, zudem dürften griechische Firmen von einem Aufschwung der Wirtschaft profitieren. "Die meisten schlechten Nachrichten sollten eingepreist sein."
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