Euro am Sonntag-Interview

Bierkönig Jorge Paulo Lemann: Der Ketchup-Milliardär

19.02.13 03:00 Uhr

Wer ist der steinreiche Mann, der mit Investorenlegende Warren Buffett den Ketchuphersteller Heinz kaufte? So viel vorweg: Jedes fünfte Bier weltweit stammt aus seinen Kesseln.

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von Peter Schweizer, Euro am Sonntag

Der Mann, so sagt man, habe den „Midas Touch“. Alles, was er anfasst, wird zu Gold. So wie beim mythischen König Midas in der griechischen Sagenwelt. Jorge Paulo Lemann (73), Spross einer Emmentaler-Käse-Dynastie, war vieles in seinem Leben: Tennisprofi, Harvard-Absolvent, Gründer einer Investmentbank, Hedgefondsmanager, Kunstsammler.

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Sein größter Coup bis vergangenen Donnerstag: Mit genialen Übernahmen und Fusionen rollte er innerhalb von zwölf Jahren den Weltmarkt auf und schuf den weltgrößten Brauereikonzern: Anheuser-Busch InBev, kurz AB-InBev. Jedes fünfte Bier, das heute auf der Welt getrunken wird, stammt aus seinen Braukes­seln. Sieben der zehn weltweit wertvollsten Biermarken gehören ihm. Nun hat er mit seiner 2004 in New York mit drei alten Mitstreitern gegründeten 3G Capital auch die Macht bei der größten Ketchupfirma der Welt übernommen. Zusammen mit Warren Buffett, den er aus vielen gemeinsamen Jahren im Gillette-Verwaltungsrat kennt, gab er am Donnerstag die 28-Milliarden-Dollar-Übernahme von Heinz bekannt.

Letztes Jahr ist Jorge Paulo Lemann zum zweitreichsten Schweizer aufgestiegen. Sein Vermögen wird auf 13 bis 14 Milliarden Euro geschätzt — und er hat es 2012 innerhalb von zwölf Monaten um sagenhafte acht Milliarden Euro gesteigert. Bierbaron Lemann profitierte davon, dass die AB-InBev-Aktien innerhalb eines Jahres um rund 80 Prozent ­zulegten. Auch der Whopper-Brater Burger King ist seit 2010 Teil seines Imperiums, zu dem neben vielen mittelgroßen Firmen auch der größte brasilianische Discounter, Lojas Americanas, gehört.

„Wie Jorge Paolo Lemann systematisch den Wert seiner Unternehmen über die Börse, die Finanzmärkte und durch Fusionen steigerte, ist ein Lehrstück über Value-Management“, urteilte die „Neue Zürcher Zeitung“. Möglich war das auch dank eines engen Beziehungsnetzes. Er saß in den Aufsichtsräten von Unternehmen wie Gillette und Swiss Re, war Berater bei Daimler und Vorsitzender des Latin American Advisory Committee der New Yorker Börse. Neben Warren Buffett zählt auch Sam Walton von Walmart zu seinen Freunden.

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Der in Brasilien aufgewachsene Lemann wohnt seit 1999 — nachdem drei seiner Kinder auf dem Schulweg von Gangstern überfallen wurden — am Zürichsee. Der Fahrer der gepanzerten Limousine wurde damals durch Kugeln verletzt. Lemann gilt als Asket, er isst nur wenig, trinkt ausschließlich Mineralwasser.

Niederlagen zuhauf
Lemanns Vater Paul, ein Käsehändler aus dem Städtchen Langnau im Herzen des Emmentals, war in den 30er-Jahren nach Bahia im armen Nordosten Brasilien ausgewandert und wurde mit dem Anbau von Kakao wohlhabend. Sein 1939 ge­borener Sohn Jorge Paulo war ein ­talentierter Tennisspieler. Eigentlich wollte er Profi werden, war fünfmaliger brasilianischer Meister, spielte auf den Courts von Wimbledon und trat für Brasilien und die Schweiz im Davis Cup an. Obwohl er gegen Argentiniens Tennisstar Guillermo Vilas sogar einen Satz gewann, en­deten Lemanns Davis-Cup-Auftritte sieglos mit einer 0 : 4-Bilanz.

Er begrub seine Profiträume und ging stattdessen nach Harvard, wo er Wirtschaft studierte. Nach dem Studium arbeitete er für die Credit Suisse und für Bankers Trust in New York und gründete 1971, als 32-Jähriger, in Brasiliens Businesskapitale São Paulo die Banco de Investimentos Garantia.

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Es war die erste echte Investmentbank Brasiliens, organisiert nach dem Vorbild von Goldman Sachs. Garantia wurde schnell eine Erfolgsgeschichte — und Lemann erwarb sich in ganz Südamerika den Ruf eines genialen Finanzjongleurs. Sein Credo: „Um Außergewöhnliches zu schaffen, muss man Risiken eingehen.“ Für die jungen Banker Lateinamerikas galt es damals als Ritterschlag, für Garantia arbeiten zu dürfen. Denn hier lernten sie, wie man mit Risikobereitschaft und einem Gespür fürs Geschäft, gepaart mit der für die ­großen New Yorker Vorbilder typischen Überheblichkeit, schnell zum Überflieger wird.

Trotz seiner Erfolge blieb Jorge Paulo Lemann auf dem Teppich. Der groß gewachsene, in Konferenzen zu Einsilbigkeit neigende Banker zeigte eiserne Disziplin, mied die glamourösen Events der brasilianischen Hautevolee, stand bereits um sechs Uhr morgens auf dem Tennisplatz. Und zu Hause spülte er nach dem Abendessen mit der Familie die Teller. Er ging meist zu Fuß zur Arbeit oder fuhr mit seinem ­Billigauto der Marke Gol, einem brasilianischen VW, vor. Ganz im Gegensatz zu seinen Kollegen. Noch heute erzählt man sich in São Paulo die längst legendäre Story, wie Mitte der 90er-Jahre ein Sattelschlepper kurz vor Weihnachten den Verkehr in der Finanzmeile Avenida Brigadeiro Luis Antonio blockierte, um ein halbes Dutzend Ferraris abzu­laden. Garantias Topmanager hatten sich selbst beschenkt.

1998 war das Jahr der Krisen in Asien und Russland. Garantia geriet ins Schlingern. Lemann war gezwungen, die Bank an die Credit ­Suisse zu verkaufen. „Meine Neider glaubten, dass ich falle. Ich aber fiel auf einen Haufen Geld“, soll Lemann danach gesagt haben.

Brasilianischer Raubzug
Mit den 675 Millionen Dollar Erlös aus dem Garantia-Verkauf übernahm er die Cervejaria Brahma, den zweitgrößten Bierkonzern Brasiliens. Das war der Startschuss für einen riskanten, aber enorm erfolgreichen internationalen Expansionskurs. Denn jetzt ging es Schlag auf Schlag. Bereits zwei Jahre später übernahm er den brasilianischen Konkurrenten Antartica und fusionierte ihn mit Brahma zu AmBev. ­Zusammen mit drei seiner engsten Vertrauten aus Garantia-Zeiten, Marcel Hermann Telles, Carlos Alberto Sicupira und Roberto Thompson Motta, die alle heute ebenfalls Milliardäre sind, organisierte er AmBev wie eine Investmentbank und machten sie zu einer Kaderschmiede für Manager.

Vier Jahre später: der nächste Schritt in Richtung Weltkonzern. AmBev fusionierte mit dem belgischen Konkurrenten Interbrew, der damaligen Nummer 2 weltweit, zum Biergiganten InBev. Die Geschichte dieser im belgischen Leuven angesiedelten Traditionsfirma lässt sich bis ins Jahr 1366 zurückverfolgen. Sie besitzt Dutzende großer Marken wie Stella Artois, Beck’s, Diebels, Franziskaner, Paulaner oder Löwenbräu. Das Unternehmen gehörte damals vier bel­gischen Adelsfamilien, die zu den reichsten des Landes gehörten. Die europäischen Manager wurden von der jungen und aggressiven Truppe aus dem Schwellenland Brasilien ­regelrecht in den Schwitzkasten ­genommen. Alle Schaltstellen — von Finanzen über Einkauf bis Controlling — wurden schnell mit „Lemann-Boys“ besetzt.

Es war ein Kampf der Kulturen. Aber die Belgier sicherten sich mit dem Deal einen der lukrativsten Biermärkte der Welt: In Lateinamerika fließen 40 Prozent des Umsatzes direkt in den Bruttogewinn, doppelt so viel wie in Europa oder den USA. „Durch die Fusion mit der brasilianischen AmBev kommen die Belgier auch an das Fachwissen der brasilianischen Manager“, schrieb damals die „Neue Zürcher Zeitung“. „Sie brauen und vertreiben weltweit am effizientesten Bier, obwohl die Art und Weise mit der europäischen Tradition des Bierbrauens so wenig zu tun hat wie Samba mit Blasmusik.“ Bereits 2006 machte die Gesellschaft 35 Prozent operativen Gewinn — die höchste Marge aller börsennotierten Brauereien weltweit.

Der Feldzug des Bierbarons Lemann ging weiter. Nur vier Jahre später landete er den nächsten Coup: die gigantische, minutiös geplante und in enger Abstimmung mit dem US-Großinvestor Warren Buffett erfolgte feindliche Übernahme von Anheuser-Busch, dem größten US-Bierkonzern, der mit der Marke Budweiser eine Ikone der USA produziert. Der Busch-Clan unter Führung des 44-jährigen August Anheuser-Busch, Ururenkel des aus Deutschland stammenden Gründers, hatte lange Widerstand geleistet. Warren Buffett, selbst Investor bei Anheuser-Busch und Freund Lemanns, hatte Überzeugungsarbeit geleistet.

52 Milliarden Dollar kostete die Übernahme, davon 45 Milliarden Bankkredite. Ein riskanter Deal. „Eine der aggressivsten globalen Übernahmestorys, die es je gab“, stellte der britische „Guardian“ anerkennend fest. Mit Erfolg: AB InBev ist jetzt der fünftgrößte Konsum­artikelkonzern der Welt. Lemann setzte sofort seine „Schlägertruppe“ nach St. Louis in Marsch. Der Vorstand wurde entlassen, brasilianische Manager aus seiner Brahma-Kaderschmiede an die Schalt­stellen gesetzt. Mit einem gnaden­losen Sparprogramm wurde der Konzern dann auf Rendite getrimmt. In nur drei Jahren konnte AB InBev die Schulden unter 35 Milliarden Dollar senken. Dies gab der Firma Spielraum, 2012 den mexikanischen Bierbrauer Modelo, weltweit bekannt durch sein Corona-Bier, zu übernehmen — für etwas mehr als 20 Milliarden Dollar.

Der Biervampir
Dies ist nicht zuletzt das Verdienst von CEO Carlos Brito. Er ist einer der „Lemann-Boys“ aus der Garantia-Zeit. Als junger Student hatte er eine Zulassung für die US-Eliteuniversität Stanford erhalten, konnte aber die hohen Studiengebühren nicht aufbringen. Er wandte sich hilfesuchend an Lemann. Der zahlte und gab ihm später die Möglichkeit, bei der Investmentbank einzusteigen.

Bei den belgischen Gewerkschaften ist Brito nicht beliebt. Er gilt dort als „Corporate Vampire“, der mit dem Brauereigeschäft nichts am Hut hat. Was sich nicht rechne oder überflüssig sei, werde abgeschafft, zusammengestrichen, gekündigt. Bier, so heißt es über ihn, möge er ­eigentlich gar nicht. „Der tut immer nur so, als ob er trinkt.“

Lemann selbst verbringt jetzt den größten Teil des Jahres mit seiner zweiten Frau Susanne — einer ehemaligen Lehrerin einer Schweizer Schule — und einem seiner Kinder in seinem Haus am Zürichsee. Jahrelang war er jeden Freitag in Brasilien in seinen Privatjet gestiegen und fürs Wochenende in die Schweiz ­geflogen.

Nach Langnau, wo seine Verwandten noch immer im Käsehandel tätig sind, kommt er nur noch selten. Früher aber, sagt sein Cousin Daniel Lemann, habe er seine Familie noch öfter ins Hotel Hirschen zum Essen eingeladen.

Der stille Investor
Jorge Paulo Lemann wurde am 26. August 1939 als Sohn von Schweizer Eltern in Rio de Janeiro geboren. Der zurückhaltend auftretende Manager gründete 1971 die Investmentbank Garantia, erwarb später die Mehrheit am Braukonzern InBev und übernahm 2010 mit seiner Investmentfirma 3G Capital den US-Burgerbrater Burger King, bevor er diese Woche beim Ketchuphersteller Heinz zuschlug. Lemanns erste Ehe wurde 2002 geschieden, ihr ent­stammen fünf Kinder. Er gilt als reichster Brasilianer und zweitreichster Schweizer.

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