Investments: Aktien bleiben erste Wahl

Deutschlands Anleger sehen weiterhin kaum Alternativen zu Aktien, von den Zinsmärkten erwarten sie nichts, und bei Öl und Gold bleibt die Verunsicherung groß.
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von Dirk Heß, Gastautor von Euro am Sonntag
Mit einem derart holprigen Start ins neue Jahr hat offensichtlich kaum ein Anleger gerechnet. Tatsächlich gehen mit gerade mal knapp zwölf Prozent nur wenige Investoren davon aus, dass die Kurse europäischer Aktien auf Sicht von drei Monaten fallen werden. Einen geringeren Anteil an Pessimisten gab es zuletzt im ersten Quartal 2011. Das ergibt das aktuelle Citi-Investmentbarometer, das auf einer vierteljährlich stattfindenden Befragung von Privatanlegern und professionellen Marktteilnehmern wie Vermögensverwaltern oder Bankberatern basiert.
Gut die Hälfte der Anleger rechnet dem Investmentbarometer zufolge mit steigenden Notierungen an Europas Aktienmärkten im ersten Quartal 2016. Damit setzt sich die Rückkehr der Aktienoptimisten seit dem letzten Herbst fort: Nach einem deutlichen Stimmungsdämpfer im zweiten Quartal 2015 mit nur noch einem Viertel optimistisch gestimmter Anleger geht es mit dem Sentiment bergauf. Zuvor, im April 2015, sorgten die Griechenland-Krise und mit ihr einhergehende erste Korrekturen an den Aktienmärkten für zunehmende Unsicherheit. Zunächst durchaus zu Recht, wie die Kursentwicklung über die Sommermonate dann zeigen sollte.
Marktkorrekturen führen zu
Optimismus bei den Anlegern
Mit der Erholung im Oktober und November kehrte der Optimismus zurück - zumindest für eine kurzfristige Perspektive, also die ersten drei Monate des neuen Jahres. Ob diese Zuversicht genauso berechtigt ist wie die Vorsicht im vergangenen Sommer, erscheint derzeit angesichts der enormen Schwankungen an den Aktienmärkten sehr unsicher. Zu beachten ist, dass Grundlage des aktuellen Citi-Investmentbarometers die Einschätzungen der Befragten aus dem vergangenen Dezember bezogen auf die kommenden drei und zwölf Monate ist. Die jüngsten, von kaum einem Marktteilnehmer erwarteten Entwicklungen fließen daher nicht in das aktuelle Stimmungsbild mit ein, sondern scheinen dieses Mal die Prognosen eher von Beginn an zu widerlegen.
Auf die mittelfristige Perspektive der Anleger haben solche kurzfristigen Entwicklungen allerdings ohnehin einen geringeren Einfluss, wie das Barometer zeigt. Oft ist es sogar genau andersherum: Korrekturen an den Märkten führen tendenziell dazu, dass mehr Investoren mit steigenden Kursen in den kommenden zwölf Monaten rechnen. So erreichte der Anteil der Optimisten auf Jahressicht mit zwei Dritteln just im zweiten Quartal 2015 ein Hoch, als sich die kurzfristige Perspektive stark eingetrübt hatte. Aktuell dagegen schätzen "nur noch" 57 Prozent, dass europäische Titel Ende 2016 im Schnitt höher notieren werden als jetzt. Das ist ein in der längerfristigen Betrachtung vergleichsweise geringer Anteil: Nur dreimal in den vergangenen drei Jahren der Erhebung betrug der Anteil der Optimisten weniger als 60 Prozent.
Allerdings ist jetzt kaum ein Anleger ins Lager der Pessimisten gewechselt, vielmehr ist der Anteil derjenigen, die mit einer Seitwärtsbewegung rechnen, mit gut 30 Prozent so hoch wie nie seit Start des Investmentbarometers Anfang 2011. Durchaus wahrscheinlich erscheint, dass sich in dieser Einschätzung die Erfahrungen aus den vergangenen Monaten mit ihrem deutlich volatileren Seitwärtstrend niederschlagen.
Das Gros der Befragten nimmt daher eine abwartende Haltung ein: 64 Prozent der Aktienbesitzer wollen ihre Positionen halten. Fast 30 Prozent planen allerdings auch Neuengagements. Gefragt sind insbesondere Einzelaktien, die 68 Prozent der Neuanleger sehr stark oder stark nutzen wollen, gefolgt von Turbos und Optionsscheinen (40 Prozent), die sich freilich nicht nur zur Ausnutzung kurzfristiger Kurschancen, sondern auch zur Absicherung bestehender Positionen einsetzen lassen. Ebenfalls beliebt: Zertifikate und ETFs, die wahlweise eine einfache Abbildung des Markts oder optimierte Anlagestrategien ermöglichen.
Ein Verkauf der Aktienpositionen kommt aktuell derweil nur für sechs Prozent infrage - das ist der niedrigste Wert in der Geschichte des Citi-Investmentbarometers. Eine große Rolle dürfte hier der Mangel an Anlagealternativen spielen. So gehen drei Viertel der Investoren davon aus, dass das Zinsniveau in Europa gemessen am Drei-Monats-Euribor auf Dreimonatssicht auf dem aktuellen unattraktiven Niveau verharren wird. Knapp 16 Prozent rechnen gar mit weiter sinkenden Zinsen im Lauf des ersten Quartals. Auch auf Zwölfmonatssicht sieht gerade ein Viertel steigende Zinsen, was angesichts der Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi kaum zu überraschen vermag.
Zwei Drittel der Investoren, die aktuell Anleihen besitzen, halten dennoch an ihren Zinsengagements fest. Allerdings betrifft dies nur etwas mehr als die Hälfte der Gesamtheit der Befragten, mehr sind nicht in Zinsprodukte investiert. Immerhin knapp jeder Zehnte von ihnen wittert aber aktuell sogar Chancen im Zinsbereich und will zukaufen.
Bei den Käufern hoch im Kurs stehen vor allem Zertifikate (40 Prozent der Käufer), die dank ihrer Struktur ein wenigstens geringfügig höheres Zinsniveau oder ein anderes Auszahlungsprofil als klassische Anleihen versprechen, und Unternehmensanleihen (32 Prozent), die zumindest einen gewissen Renditeaufschlag bieten. Staatsanleihen dagegen werden nur noch von vier Prozent der Käufer von Zinspapieren sehr stark oder stark genutzt. Im vorangegangen Quartal standen sie noch bei einem Viertel der Zinsanleger auf der Kaufliste.
Ungewöhnlich wenige glauben an eine Erholung bei Gold
Vergleichsweise konstant fällt dagegen der Zuspruch für Gold- und Ölinvestments aus. Hier rechnet die Mehrheit der Anleger kurzfristig mit allenfalls konstanten oder sogar weiter korrigierenden Preisen. Damit haben sich die kurzfristigen Aussichten nach dem drastischen Preisverfall am Ölmarkt deutlich eingetrübt. Auch Gold trauen nach der jüngsten Schwächephase so wenig Anleger wie zuletzt vor zwei Jahren einen kurzfristigen Aufwärtstrend zu. Auf Jahressicht erwarten zwar immerhin 40,5 Prozent einen steigenden Goldpreis, im Vergleich zu früheren Erwartungen ist das aber ein ungewöhnlich niedriger Wert. An einen höheren Ölpreis in zwölf Monaten glaubt zurzeit fast die Hälfte der Befragten.Jeweils gut ein Drittel der bereits investierten Anleger plant gleichwohl Zukäufe. Neben Einzelaktien, die in beiden Fällen erste Wahl sind, sind bei Öl- und Goldinvestments vor allem Hebelprodukte gefragt. Gut möglich, dass ein nicht ganz geringer Anteil der Investoren damit auf weitere Korrekturen setzt.
Kurzvita
Dirk Heß, Finanzexperte der
Citigroup Global Markets Deutschland
Heß ist gelernter Bankkaufmann und hat Wirtschaftswissenschaften studiert. Er verfügt über langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. Die Citigroup ist eines der führenden Häuser im Bereich von verbrieften Derivaten. Als Pionier bei Optionsscheinen in Deutschland ist die Citi seit 1989 dauerhaft am hiesigen Markt vertreten und verbreitert ihre Derivatepalette für Anleger stetig.
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Bildquellen: Hess, Ralph Orlowski/Getty Images