Vor Trump-Putin-Treffen: Ukraine und EU setzen klare Grenzen

Vor dem geplanten Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben die ukrainische Führung und ihre europäischen Verbündeten die Grenzen ihrer Kompromissbereitschaft betont.
Internationale Grenzen dürften nicht gewaltsam verändert werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien, Finnland und der EU-Kommission. Der ukrainische Präsident Wolodymr Selenskyj lehnte Gebietsabtretungen an Russland erneut ab und fordert vehement, in Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine einbezogen zu werden.
Sinnvolle Verhandlungen seien nur "im Rahmen eines Waffenstillstands oder einer Verringerung der Feindseligkeiten" möglich, bekräftigten die Europäer. Der derzeitige Frontverlauf könne lediglich "Ausgangspunkt für Verhandlungen sein". Außerdem brauche die Ukraine robuste und glaubwürdige Sicherheitsgarantien.
Gebietsabtretungen sind nicht nur für Selenskyj tabu
Am kommenden Freitag will sich Trump persönlich mit Putin treffen - nicht auf neutralem Boden, wie zuvor spekuliert, sondern im US-Bundesstaat Alaska. In Kiew, Berlin und Brüssel wird befürchtet, dass beide auf Gebietsabtritte der Ukraine an die russischen Besatzer hinwirken könnten. Medienberichten zufolge hat Putin den USA entsprechende Forderungen übermittelt.
Zwar ist die ukrainische Bevölkerung nach dreieinhalb Jahren mit pausenlosen russischen Angriffen kriegsmüde. Eine Abtretung von Gebieten würde aber schwere innenpolitische Verwerfungen hervorrufen - und auch eine Verfassungsänderung erfordern.
Trump-Vize Vance trifft Europäer und Ukrainer
Am Samstag kamen in Großbritannien hochrangige Regierungsvertreter und Sicherheitsberater aus den USA, der Ukraine und mehreren europäischen Staaten zusammen - darunter US-Vizepräsident JD Vance, der aus seiner kritischen Haltung gegenüber den traditionellen Verbündeten der USA in Europa keinen Hehl macht. Über den Inhalt der Gespräche, die Selenskyj als "konstruktiv" bezeichnete, wurde kaum etwas bekannt.
"Der Weg zum Frieden für die Ukraine muss gemeinsam und nur gemeinsam mit der Ukraine bestimmt werden, das ist eine Frage des Prinzips", sagte Selenskyj später in seiner abendlichen Videoansprache. Ähnlich äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron. Er schrieb auf X, die Europäer müssten ebenfalls Teil einer Lösung sein, weil es auch um ihre Sicherheit gehe. Macron hatte sich zuvor mit Selenskyj, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und dem britischen Premierminister Keir Starmer ausgetauscht.
Selenskyjs Rolle bleibt ungewiss
Ob Selenskyj ebenfalls eine Einladung nach Alaska erhält, ist ungewiss. Bei den Planungen für das Treffen war er zunächst außen vor. Vor der Ankündigung des Gipfels hatte es aus Washington noch geheißen, auf ein Zweiertreffen zwischen Trump und Putin solle ein Dreiergespräch mit dem ukrainischen Präsidenten folgen. Trump machte dies später jedoch nicht zur Voraussetzung, um sich mit Putin zu treffen.
Der russische Präsident bezeichnete einen Dreier-Gipfel zwar als möglich. Die Bedingungen dafür seien jedoch noch lange nicht erfüllt, erklärte er zuletzt. Der Kreml lud Trump derweil schon zu einem weiteren Treffen nach Russland ein.
Was fordert Putin - und was bietet er an?
Kurz vor Bekanntgabe seiner Zusammenkunft mit Putin in Alaska brachte Trump die Möglichkeit eines "Gebietstauschs" zwischen der Ukraine und Russland "zum Wohl beider Seiten" ins Spiel. Es solle auch etwas zurückgegeben werden, erklärte Trump. Moskau erhebt Anspruch auf weite Teile der Ost- und Südukraine und fordert einen Verzicht Kiews auf einen Nato-Beitritt.
Laut Berichten des "Wall Street Journal" und der "New York Times" soll Putin bei einem Treffen mit dem US-Unterhändler Steve Witkoff am Mittwoch in Moskau eine Einstellung der Kämpfe angeboten haben - unter der Bedingung, dass Russland unter anderem die Kontrolle über die gesamte ostukrainische Donbass-Region erhält. Das würde die Preisgabe mehrerer Tausend Quadratkilometer Fläche und strategisch wichtiger Städte durch die ukrainische Armee bedeuten.
Unklar bleibt den Berichten zufolge, welche Zugeständnisse der Kreml im Gegenzug machen würde. Laut "New York Times" gehen europäische Diplomaten davon aus, dass Putin einer Waffenruhe zustimmen würde, bei der die aktuellen Frontlinien unter anderem in den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja eingefroren werden. Befürchtet wird indes, dass er am Ende doch eine vollständige Abtretung dieser - und womöglich noch weiterer - Gebiete erzwingen will.
"Putin will, dass ihm die Eroberung des Südens unserer Regionen Cherson und Saporischschja und der kompletten Gebiete Luhansk, Donezk und der Krim verziehen wird", sagte Selenskyj. Nach der - vom Westen mit vergleichsweise wenig Gegenwehr quittierten - Annexion der Krim 2014 werde man "diesen zweiten Versuch der Aufteilung der Ukraine durch Russland" nicht zulassen. Sollte er gelingen, werde es einen dritten Versuch geben, warnte der Präsident. "Daher beharren wir fest auf den klaren ukrainischen Positionen."
Frage nach Sicherheitsgarantien
Den Punkt eines perspektivischen Nato-Beitritts der Ukraine ließen die europäischen Verbündeten in ihrer Erklärung offen - ebenso wie die Frage, ob die USA Teil künftiger Sicherheitsgarantien sein sollten. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Trump der Ukraine verbindlichen Schutz zusichern würde. Denkbar wäre aber, dass er mögliche Zusagen in diese Richtung als Druckmittel nutzt - und eine Friedenslösung an wirtschaftliche Vorteile für die USA zu koppeln versucht.
Trump steht unter innenpolitischem Druck
Das geplante Treffen in Alaska wird die erste persönliche Begegnung zwischen einem amtierenden US-Präsidenten und Putin seit vier Jahren sein. Nach der russischen Invasion im Februar 2022 herrschte unter Trumps demokratischem Amtsvorgänger Joe Biden weitgehend Funkstille - die USA wurden zum wichtigsten Unterstützer der ukrainischen Verteidiger, Biden stellte Putin international als Kriegstreiber an den Pranger.
Trump, der im Wahlkampf immer wieder angekündigt hatte, den Ukraine-Krieg "innerhalb von 24 Stunden" zu beenden, holte Putin nach Beginn seiner zweiten Amtszeit aus der diplomatischen Isolation. Innenpolitisch hat der Republikaner mit seinem Versprechen hohe Erwartungen geweckt. Viele seiner Anhänger - darunter einflussreiche Kongressmitglieder - verlangen einen strikten "America First"-Kurs und lehnen militärische sowie finanzielle Unterstützung der USA für andere Länder weitgehend ab.
US-Ultimatum für Russland verstrichen
Nach seinem Amtsantritt im Januar übte Trump vor allem Druck auf die Ukraine aus, weniger auf den Angreifer Russland. Bei einem Besuch Selenskyjs im Weißen Haus kam es zum offenen Eklat zwischen den beiden Präsidenten. Zwar entspannte sich das Verhältnis danach wieder- zuletzt schien auch Trumps Geduldsfaden gegenüber Moskau dünner zu werden.
Ein von ihm gesetztes Ultimatum an Putin löste sich dann aber mit der Ankündigung des Treffens in Alaska in Luft auf. Stattdessen erklärte der US-Präsident, Selenskyj sei nicht zu allen Entscheidungen befugt und müsse sich rasch innenpolitische Zustimmung organisieren. Man stehe "sehr nah vor einem Deal".
Selenskyj kann nicht im Alleingang handeln
Tatsächlich kann in Alaska ohne ukrainische Beteiligung kaum etwas Verbindliches beschlossen werden. Die US-Regierung kann der ukrainischen Armee weder eine Feuerpause noch einen Rückzug aus eigenen Gebieten vorschreiben. Territoriale Fragen erfordern außerdem eine umfangreiche Verfassungsänderung. Weder Selenskyj noch das ukrainische Parlament - die Oberste Rada - können dies im Alleingang beschließen.
Trump verfügt allerdings über erhebliche Druckmittel: Neben Waffenlieferungen sind auch Geheimdienstinformationen aus den USA für die ukrainischen Verteidiger kaum zu ersetzen. Schon im März ließ Trump die US-Militärhilfe für das Land vorübergehend aussetzen. Sollte sich das wiederholen, würden die militärischen Fähigkeiten der Ukrainer auf einen Schlag erheblich geschwächt.
EU beruft Sondertreffen der Außenminister ein
Vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine treffen sich die Außenminister der EU-Staaten zu einer digitalen Sondersitzung. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas möchte bei der Videokonferenz an diesem Montag die nächsten Schritte besprechen. "Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel", teilte sie mit.
Sie betonte, dass jede Vereinbarung zwischen den USA und Russland die Ukraine und die EU einschließen müsse, "denn es geht um die Sicherheit der Ukraine und ganz Europas". Russlands Aggression dürfe nicht belohnt werden, die vorübergehend russisch besetzten Gebiete gehörten zur Ukraine.
Am Freitag wollen Trump und Putin im US-Bundesstaat Alaska über eine mögliche Friedenslösung in dem seit rund dreieinhalb Jahren dauernden russischen Angriffskrieg verhandeln. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nicht eingeladen.
Kallas appellierte an die USA, dass sie die Macht hätten, Russland zu ernsthaften Verhandlungen zu zwingen. Druck der USA auf Moskau könne diesem Krieg eine Wende geben. Moskau werde erst dann aufhören, wenn es das Gefühl habe, dass es nicht mehr weitermachen könne.
Merz kündigt weiteres Telefonat mit Trump an
Bundeskanzler Friedrich Merz pocht darauf, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in das Spitzengespräch von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin zum Ukraine-Krieg eingebunden wird. Der CDU-Politiker kündigte in den ARD-"Tagesthemen" an, dass er noch heute mit Trump telefonieren wolle, um über das für Freitag geplante Gipfeltreffen in Alaska zu sprechen.
"Wir bereiten uns intensiv auf europäischer Ebene zusammen mit der amerikanischen Regierung auf dieses Treffen vor", sagte Merz. Man gehe davon aus, dass Selenskyj beteiligt werde. "Wir können jedenfalls nicht akzeptieren, dass über die Köpfe der Europäer, über die Köpfe der Ukrainer hinweg über Territorialfragen zwischen Russland und Amerika gesprochen oder gar entschieden wird. Ich gehe davon aus, dass die amerikanische Regierung das genauso sieht."
"Europäer wollen und dürfen nicht Zaungäste sein"
Der Bundeskanzler äußerte die Hoffnung, dass bei dem Spitzentreffen auch über eine Waffenruhe im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entschieden wird. Es handele sich um eine diplomatische Initiative, wie sie ja auch die Europäer schon ergriffen hätten. Man arbeite ununterbrochen zusammen, um Lösungen herbeizuführen. Er bekräftigte: "Die Europäer wollen und dürfen nicht Zaungäste sein, wenn es eine ganz wesentliche strategische Frage der Zukunft Europas geht."
An diesem Freitag wollen Trump und Putin im US-Bundesstaat Alaska über eine mögliche Friedenslösung in dem seit fast dreieinhalb Jahren dauernden russischen Angriffskrieg verhandeln. Selenskyj, der nicht eingeladen ist, befürchtet ebenso wie die westlichen Partner, dass über die Ukraine hinweg entschieden wird.
Vance: USA werden Ukraine-Krieg nicht mehr finanzieren
US-Vizepräsident JD Vance hat bekräftigt, dass sich die Vereinigten Staaten finanziell aus der Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland zurückziehen wollen. US-Präsident Donald Trump und er seien der Auffassung, "dass die USA mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts durch sind", sagte Vance dem Sender Fox News in einem Interview, das schon vor ein paar Tagen aufgezeichnet wurde.
Man wolle eine friedliche Lösung finden und das Töten beenden. Die Amerikaner seien es leid, weiter ihre Steuergelder für diesen konkreten Konflikt auszugeben, so Vance. Das Interview wurde bereits vor der offiziellen Bekanntgabe des Treffens von Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgezeichnet, aber erst am Sonntag vollständig ausgestrahlt.
Vance wiederholte die Haltung der Trump-Regierung, wonach die Europäer selbst für den Konflikt "direkt vor ihrer Haustür" verantwortlich seien. Wenn ihnen eine Lösung am Herzen liege, sollten sie sich direkter und substanzieller an der Finanzierung beteiligen, forderte er - etwa durch den Kauf von Waffen von US-Herstellern für die Ukraine. "Aber wir werden das nicht mehr selbst finanzieren", sagte Vance.
Am Freitag wollen Trump und Putin im US-Bundesstaat Alaska über eine mögliche Friedenslösung in dem seit rund dreieinhalb Jahren dauernden russischen Angriffskrieg verhandeln. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist bislang nicht eingeladen.
US-Vertreter: Einladung an Selenskyj nach Alaska noch möglich
Der US-Nato-Botschafter schließt eine Einladung an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum amerikanisch-russischen Spitzentreffen in Alaska nicht aus. "Ich halte es durchaus für möglich", sagte Matthew Whitaker dem Sender CNN. Die Entscheidung werde von US-Präsident Donald Trump getroffen. "Wenn er der Meinung ist, dass dies der beste Zeitpunkt ist, um Selenskyj einzuladen, dann wird er das tun", erklärte Whitaker. Bislang sei dazu noch keine endgültige Entscheidung gefallen und es bleibe noch Zeit.
An diesem Freitag will Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin im US-Bundesstaat Alaska empfangen, um dort über eine mögliche Friedenslösung im seit fast dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verhandeln. Selenskyj befürchtet ebenso wie westliche Partner, dass Entscheidungen über die Ukraine hinweg getroffen werden könnten.
Mit Blick auf einen von Trump ins Spiel gebrachten "Gebietstausch" zwischen Russland und der Ukraine sagte Whitaker, es gehe darum, eine Einigung zu finden. Unterhändler berieten aktuell darüber, welche Gebiete betroffen sein könnten.
Selenskyj lehnt einen Verzicht auf ukrainische Gebiete kategorisch ab - und könnte darüber auch nicht allein entscheiden. Eine Abtretung würde eine Verfassungsänderung erfordern und schwere innenpolitische Verwerfungen auslösen.
Whitaker sagte, er nehme den ukrainischen Präsidenten beim Wort. Zugleich habe man in der Vergangenheit in anderen Konflikten gesehen, "dass beide Seiten bestimmte strategische Gebiete austauschen, die für sie von Vorteil sind, um ihr Territorium erfolgreich verteidigen zu können".
WASHINGTON/KIEW/BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX)
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