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libra-invest-Kolumne

Chance-Risiko-Verhältnis ähnelt einem Münzwurf

04.03.11 13:51 Uhr

Chance-Risiko-Verhältnis ähnelt einem Münzwurf | finanzen.net

Während sich die Investoren gestern im Rheinland mehrheitlich auf den Karneval ...

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Indizes

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... konzentrierten, die übrigen weltweit die Entwicklung in Libyen angespannt verfolgten, platzte die „Bombe des Tages“ im Frankfurter Turm der Europäischen Zentralbank eine echte Bombe. Während einer Pressekonferenz sagte EZB Präsident Trichet, dass die Europäische Zentralbank ganz nah vor ihrer ersten Zinserhöhung seit 2008 stehen würde und begründete dies mit dem Preisdruck in Europa. Trichet beschrieb die deutlich gestiegene Teuerungsrate im Energiesektor und bei den Rohstoffpreisen und machte vor allem den kräftigen Ölpreisanstieg wegen der Unruhen in Nordafrika und Teilen der arabischen Welt dafür verantwortlich.

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Und damit wären wir also doch schon wieder beim derzeit heiß diskutierten Thema und der Frage, welche längerfristigen Auswirkungen die geopolitischen Unruhen auf die Indizes haben könnten. Immerhin hat der explodierende Ölpreis in den vergangenen Handelstagen einen nervösen Kursrutsch der meisten Indizes ausgelöst und altgediente Investoren mit Schaudern an die Ölkrise im Anschluss an den Umsturz im Iran denken lassen.

Ganz nebenbei können durch den Preisanstieg des schwarzen Goldes bereits heute die ersten der meiner Meinung nach sinnlosen und gefährlichen Prognosen der Banken zum Jahresanfang kassiert werden. Schon heute handelt Öl etwa 20 Prozent oberhalb des Mittelwerts der Prognosen und zeigt wieder einmal die Sinnlosigkeit derartiger Ratespielchen. Auf alle Fälle wird sehr deutlich, wie stark die Menschen dazu neigen, geopolitische Risiken zu unterschätzen. Notenbanken kommt der hohe Ölpreis sehr ungelegen Kaum hatte Trichet nur das Wort Zinserhöhung in den Mund genommen, koppelten sich am Donnerstag die europäischen Indizes von den amerikanischen ab und sausten lustvoll eine Etage tiefer. Dies kann durchaus als Beleg dafür gewertet werden, dass steigende Zinsen Gift für die Aktien und die Investoren noch längst nicht auf steigende Zinsen vorbereitet sind. Die Gründe der Abneigung der Notenbanker gegen hohe Ölpreise sind eher trivial, verkleinern doch steigende Energiekosten die Margen der Herstellers erheblich. Sehen sich die Produzenten aber in der bequemen Situation, die erhöhten Kosten in Form von Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben, entsteht Inflationsdruck. Steigen auch die Lohnforderungen, nimmt die berüchtigte Inflationsspirale ihren Lauf und das Preisniveau setzt sich nach oben in Bewegung. Um genau dies zu verhindern, bzw. die Dynamik aus dem Prozess zu nehmen, platzierte Trichet gestern seinen Warnschuss und kündigte überraschend Zinserhöhungen bereits im Frühjahr an.

Rendite steigt unbeirrt

Natürlich ist es keine besondere Überraschung, dass der Zinsanstieg in Anbetracht von steigenden Zinsen munter weitergeht.

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Der Chart der zehnjährigen US-Zinsen zeigt einen deutlichen Anstieg nach der vollendeten Bodenbildung. Die von oben kommende bärische Widerstandslinie wurde jüngst gebrochen, weshalb sich die Dynamik des Anstiegs nun verschärfen könnte. Alleine während des jüngsten und impulsiven Kursanstiegs der Aktien seit dem späten Sommer stiegen die Renditen der zehnjährigen von 2,5 auf fast 4 Prozent. Das Projektionsziel der & F Technik deutet auf ein Zinsniveau von über 6 %, welches also weit oberhalb des Niveaus von vor der Finanzkrise läge.

Dies ist umso erstaunlicher, als die FED sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden manipulativen Mitteln gegen steigende Zinsen wehrt. Vielleicht ignorieren die Investoren ganz einfach den Zinsanstieg und gehen davon aus, dass dieser die beste Motivation für die FED ist, im frühen Sommer die Geldschleusen weiterhin offen zu halten und „QE3" zu beschließen. Dann wäre natürlich ein Ende der Aktienhausse noch lange nicht absehbar. Dies könnte der Grund sein, warum die Bullen trotz der erheblichen geopolitischen Risiken jede Kursdelle kaufen und völlig unbeirrt bleiben. Dieses Verhalten der Aktionäre wäre dann durchaus mit der Angewohnheit der Bullen zu vergleichen, schlechte konjunkturelle Nachrichten zu kaufen, da diese die Garantie für weiterhin geringe Zinsen und liquide Märkte sind.

Dax-Prognose mit Casino-Character

Obwohl sich während der beiden vergangenen Handelstage die Indizes stark erholten, ist noch längst nicht entschieden, ob die Bären das Feld wirklich vorzeitig und ohne größere Gegenwehr wieder den Bullen überlassen. Denn wie bereits in der vergangenen Woche hier geschildert, ähneln kurzfristige Handelspositionen derzeit eher einem Münzwurf als einem seriösen Investment. Generell erinnert mich die aktuelle Charttechnik wichtiger Indizes an einen rotierenden Wegweiser, der täglich und in Abhängigkeit der Nachrichtenlage aus Libyen seine Richtung ändert. Wer sich heute wegen des Ausbleibens negativer Nachrichten über Kursgewinne freut, muss bereits morgen befürchten von einem tiefen Kurslücke zur Eröffnung überrannt zu werden, falls die Unruhen massiv auf Saudi Arabien oder die Emirate überspringen. Dann wird es keinen sinnvollen Ausstieg aus den Märkten mehr geben, weshalb aktuelle Positionen mit hohen Risiken belegt sind. Auch wenn in den vergangenen beiden Handelstagen die Übernahme von Risiken belohnt wurde, bleibe ich nach wie vor sehr vorsichtig.

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Der DAX hält sich nach wie vor sehr respektabel und mehr als eine gesunde Korrektur ist aus dem Chart bisher nicht abzulesen. Zwar handeln wir nach wie vor in einer 0-Spalte, die das temporäre Übergewicht des Angebots signalisiert, es liegt aber kein objektives Verkaufssignal vor. Wir befinden uns im Modus „Bullenmarkt-Korrektur“ da die vorhergehende 0-Spalte bei 7.100 nicht unterschritten wurde. Trotz meiner Vorsicht wegen der undurchsichtigen Lage und des seit Monaten überkauften Marktes gibt es noch keinen objektiven Grund, dass Ende der Hausse auszurufen. Trotzdem empfehle ich Ihnen nach wie vor, alle Longpositionen mit Stoppkursen zu versehen und bremsbereit zu bleiben. Ganz einfach aus dem Grund, da man mangels Glaskugel die aktuellen politischen Unruhen und deren Konsequenz für die Märkte heute nicht vernünftig vorhersehen kann und Investitionen dem ungünstigen Chance-Risikoverhältnis eines Münzwurfs ähneln.

Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.