Streit um Autonomie: Kurden und Syriens Regierung uneins

26.12.25 15:52 Uhr

DAMASKUS (dpa-AFX) - Die syrische Regierung verliert zunehmend die Geduld mit den Kurden im Nordosten des Landes. Eigentlich soll bis Jahresende - also innerhalb weniger Tage - ein Abkommen vom März umgesetzt werden, mit dem die selbstverwalteten kurdischen Gebiete in die staatliche Ordnung eingebunden werden. Konkrete Schritte in diese Richtung gibt es nach Darstellung der von Islamisten geführten Regierung in Damaskus aber weiter nicht - womit sich die Spannungen in den nächsten Tagen verschärfen könnten.

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Die Gespräche mit der kurdischen Führung hätten "keine greifbaren Ergebnisse" gebracht, berichtete die Staatsagentur Sana heute unter Berufung auf Kreise im Außenministerium. Die kurdische Seite zeige "keinen echten Willen", das Abkommen umzusetzen. Es gebe "keine konkreten Schritte und keinen klaren Zeitrahmen". "Sie müssen die Verantwortung dafür tragen, wenn sie nicht das erfüllen, wozu sie sich verpflichtet haben", teilte ein Berater von Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa bei X mit.

Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), der militärische Arm der kurdischen Selbstverwaltung, sprechen dagegen von Fortschritten. Es gebe Einigkeit in der Frage, wie die militärischen Einheiten in staatliche Strukturen integriert werden, sagte SDF-Anführer Maslum Abdi gestern. Es brauche aber noch Zeit, bis verfassungsrechtliche Fragen geklärt seien.

Der TV-Sender Al-Araby berichtete unter Berufung auf Regierungsquellen, dass die beiden Seiten keinen Kontakt mehr hätten.

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Kampf um Autonomie und Ressourcen

Unter den ethnischen Minderheiten in Syrien stellen Kurden die größte Gruppe. Sie leben vor allem im Nordosten in einem selbstverwalteten Gebiet. In ihrem Konflikt mit der Regierung in Damaskus geht es vor allem um die Frage, wie viel Autonomie und welche Rechte sie erhalten, aber auch um Ressourcen. Im Nordosten liegen die meisten Öl- und Gasreserven des Landes. Damaskus strebt eine Zentralregierung an, die auch den Nordosten umfasst.

Nach Ansicht der Regierung muss das Abkommen bis Jahresende umgesetzt werden, also spätestens bis Mitternacht am kommenden Mittwoch. Die kurdische Selbstverwaltung sieht dagegen mehr Flexibilität. Abdi sagte, es gebe keinen festen Zeitrahmen und keine Frist, nach der "militärische Lösungen" möglich würden.

Die Türkei als einer der wichtigsten Unterstützer der Regierung in Damaskus erhöht ebenfalls den Druck im Nachbarland. "Wir sind nicht glücklich mit dem Tempo des Prozesses", sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan zur Umsetzung des Abkommens. Die SDF müssten verstehen, dass sich die "Geduld der maßgeblichen Akteure dem Ende neigt".

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Zwischen Truppen der Regierung und den SDF kam es in vergangenen Tagen bereits zu Kämpfen im Raum Aleppo mit Toten und Verletzten. Laut kurdischen Medienberichten wurden die Strom- und Wasserversorgung Vierteln dort gekappt und Treibstofflieferungen gestoppt./jot/DP/he