Witwenrente trotz kurzer Ehe - So kann diese dennoch zustehen

Die gesetzliche Regel ist klar: Eine Ehe muss mindestens ein Jahr bestanden haben, damit im Todesfall ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente besteht. Doch das Leben lässt sich selten in Paragrafen pressen. Es gibt Situationen, in denen eine kurze Ehe eben nicht aus Berechnung, sondern aus Liebe oder Fürsorge geschlossen wurde. Genau dafür sieht das Gesetz auch Ausnahmen vor - allerdings mit Hürden.
Warum ein Jahr Ehe so entscheidend ist
Seit 2002 gilt in Deutschland: Stirbt ein Ehepartner innerhalb des ersten Ehejahres, wird vermutet, dass die Heirat in erster Linie der finanziellen Absicherung galt. Damit soll verhindert werden, dass Rentenansprüche durch sogenannte Versorgungsehen erschlichen werden. Laut dpa geht die Rentenversicherung bei kurzen Ehen grundsätzlich davon aus, dass genau dieser Fall vorliegt - was zur automatischen Ablehnung des Rentenantrags führt. Doch das ist nur die eine Seite. Denn die Regelung ist keine starre Mauer. Sie lässt sich durchbrechen, wenn sich überzeugend belegen lässt, dass es sich eben nicht um eine Versorgungsehe gehandelt hat.
Wann das Gesetz doch Raum lässt
Es gibt Konstellationen, in denen eine kurze Ehe nicht aus finanziellen Gründen geschlossen wurde. Ein plötzlicher Herzinfarkt, ein unerwarteter Unfall oder eine Diagnose, die erst nach der Hochzeit kam - all das kann bedeuten, dass der Tod nicht absehbar war. Und genau darum geht es juristisch: Wenn keine Planung zur Rentensicherung erkennbar ist, greift die Vermutung einer Versorgungsehe nicht. Wie anwaltauskunft.de erklärt, lässt das Gesetz ausdrücklich Spielraum. Es spricht von einer "widerlegbaren Vermutung". Diese kann durch persönliche Umstände ausgehebelt werden - etwa durch eine langjährige Partnerschaft mit gemeinsamem Alltag, durch geplante Hochzeitstermine vor der Erkrankung oder durch familiäre Bindungen wie gemeinsame Kinder oder Pflegesituationen. Laut sozialrechtsiegen.de sind es genau diese Details, die in der Abwägung entscheidend sein können.
Was Gerichte bereits entschieden haben
Es ist kein Geheimnis, dass die Sozialgerichte regelmäßig mit Fällen dieser Art befasst sind. Und es zeigt sich: Die Gerichte urteilen nicht blind nach Fristen, sondern schauen genau hin. Ein aktuelles Beispiel liefert das Sozialgericht Berlin. In einem Urteil aus dem Jahr 2024 (Az. S 4 R 618/21) ging es um einen Mann, dessen Ehefrau nur wenige Monate nach der Hochzeit verstarb. Die beiden hatten jahrelang zusammengelebt, die Hochzeit war lange geplant - und der Tod kam plötzlich. Das Gericht erkannte den Anspruch auf Witwerrente an. Ein ähnlicher Verlauf zeigte sich in einem älteren Urteil aus dem Jahr 2016 (Az. S 11 R 1839/16), ebenfalls aus Berlin. Auch hier sah das Gericht keinen Hinweis auf eine Versorgungsehe, da die Erkrankung des Verstorbenen bei der Eheschließung noch nicht bekannt gewesen sei.
Anders fiel ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts aus (Az. L 2 R 140/13). Dort wurde der Rentenantrag abgelehnt, weil die schwere Erkrankung bereits vor der Hochzeit bekannt war - ein klassischer Fall, bei dem die Versorgungsehe-Vermutung nicht widerlegt werden konnte. Diese Beispiele machen deutlich: Es kommt auf die Details an, nicht allein auf die Dauer.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Pixel-Shot / Shutterstock.com