Wer sich bindet, spart mehr
Die Zinsen auf Tages- und Festgeld sind niedrig wie nie. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Wie Sie Ihr Geld trotzdem vor Inflation schützen können.
von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist inzwischen auch bei deutschen Sparern angekommen - und sie können davon sogar profitieren. Was makaber klingt, erklärt sich wie folgt: Laut eigenen Angaben feiert die VTB Direktbank lediglich Geburtstag und hat deshalb die Konditionen für zwei- bis fünfjähriges Festgeld zwischen 1,95 und 2,5 Prozent festgelegt. Das klingt generös, doch Kritiker glauben nicht so recht an eine Geburtstagssause zur Freude der Sparer, sondern an einen Befehl aus Moskau. Denn seit der Westen Russland mit Sanktionen belegt hat, haben die Finanzinstitute des Landes viel Geld verloren - auch die VTB als zweitgrößte russische Bankengruppe. Sie ist über die VTB Austria mit der deutschen VTB Direkt verbunden. Das nährt den Verdacht, dass die deutsche Tochter verlorenes Geld wieder einwerben soll.
Ob nun Kundenbindung oder die Furcht vor Kapitalflucht hinter den generösen Zinsen steckt, ist momentan noch offen. Fakt ist jedoch, dass deutsche Sparer derzeit lange suchen müssen, wenn sie ihr Geld hoch verzinst anlegen wollen. Denn die Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld sinken seit fünf Jahren kontinuierlich. Doch trotz der Minimalerträge stecken deutsche Sparer jedes Jahr zig Milliarden auf Tages- und Festgeldkonten - und geben so ihr Erspartes der Inflation preis.
Aber sollte man sein Geld ausgerechnet zu einer Bank mit russischen Wurzeln tragen? Sollte die VTB-Direktbank pleitegehen, greift die österreichische Einlagensicherung, denn die hierzulande aktive Direktbank gehört zur VTB Austria. Als EU-Land garantiert Österreich Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kunde.
Wem das trotzdem zu unsicher ist, der hat noch andere Möglichkeiten, sein Bares so anzulegen, dass der Wert nicht nur erhalten bleibt, sondern auch noch ein Plus rausspringt. Grundsätzlich lässt sich mit Tages- und Festgeld auch in der Niedrigzinsphase Geld verdienen lässt - allerdings nur mit den Angeboten, die aktuell die höchsten Zinsen bieten. Hauptgrund für die Gewinne ist die aktuell vergleichsweise niedrige Inflationsrate. Derzeit liegt die Teuerung bei 0,7 Prozent, das heißt: Ab einem Zins über dieser Marke behält das angelegte Geld seinen Wert und vermehrt sich sogar in Maßen.
Wer seinen Sparerfreibetrag - Singles haben 801 Euro, Verheiratete 1.602 Euro im Jahr - ausgeschöpft hat, sollte auch die fälligen Steuern berücksichtigen. Durch Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag geht noch einmal ein gutes Viertel, genauer gesagt 26,375 Prozent, des Zinsertrags an den Fiskus.
Für Sparer, die ihr Geld stets verfügbar haben wollen, heißt das in erster Linie: flexibel bleiben. Denn die Tagesgeldofferten sind in der Regel nur auf wenige Monate beschränkt - und bieten weniger Zinsen als etwa einjähriges Festgeld. Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung, empfiehlt daher Tagesgeld in Niedrigzinsphasen wie derzeit höchstens als Ergänzung: "Man sollte höchstens einen Notgroschen von ein paar Tausendern flüssig halten." Für den Rest empfiehlt er Festgeld. Seine Rechnung: Wer vor vier Jahren sein Geld in einem Sparbrief mit vier Jahren Laufzeit angelegt hätte, würde bei einer durchschnittlichen Verzinsung für 10.000 Euro jetzt rund 1.000 Euro Zinsen auf dem Konto haben. Eine Tagesgeldanlage hätte lediglich 470 Euro an Verzinsung erbracht.
Die Diskrepanz wird nach Herbsts Dafürhalten auch weiterhin bestehen. "In den kommenden Jahren wird die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins wohl kaum anheben, also sollte man sein Geld festlegen, um es vor der Inflation zu schützen", erklärt er.
Wer sein Geld für vier Jahre festlegt, hat derzeit die Wahl zwischen 14 Anbietern, von denen fünf eine deutsche Einlagensicherung bieten.
Zinsexperte Herbst ist mit seiner Ansicht nicht allein. Eine Blitzumfrage unter 30 unabhängigen Vermögensverwaltern, die €uro am Sonntag gemeinsam mit der DAB Bank durchgeführt hat, ergab, dass keiner der Anlageprofis mit steigenden Zinsen rechnet. Einige sind sogar noch skeptischer als Herbst: "Wir erwarten deutlich steigende Zinsen in Europa frühestens in fünf bis zehn Jahren", erklärt Stefan Eberhardt von der Unikat Vermögensverwaltung aus Mannheim.
Leider ist der Pessimismus nicht unbegründet. Denn solange sich die Wirtschaft in den EU-Staaten Südeuropas nicht nachhaltig erholt, wird die EZB wohl kaum die Zinsen erhöhen. Und selbst wenn die Zentralbanker dies tun, wird es keine rasanten Steigerungen geben. Klettert der Leitzins zu rasch, wäre die Gefahr zu groß, dass die Konjunktur wieder abgewürgt würde.
Weitere Alternativen
Einen "guten Kompromiss" nennt Herbst sogenannte Kombigelder, wie sie die niederländische NIBC Direct und auch die VTB Direktbank anbieten. Bei Ersterer wird die eine Hälfte festverzinslich, die andere täglich verfügbar angelegt. Kunden, die mindestens 5000 Euro auf drei Jahre parken, bekommen 1,75 Prozent. Wer zehn Jahre dabeibleibt, erhält 2,35 Prozent im Jahr. Beim "Duo Konto" der VTB sind nur 20 Prozent frei verfügbar, dafür bekommen Kunden auf drei Jahre zwei Prozent und können schon ab 500 Euro einsteigen. Bei beiden Instituten gilt nur die gesetzliche europäische Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde (siehe unten).
Für Anleger, die mit ihrer Depotbank unzufrieden sind, gibt es derzeit attraktive Wechselangebote, vor allem von den beiden Direktbanken Cortal Consors und DAB Bank. Erstere zahlt Wechslern, die mindestens 6.000 Euro auf das neue Depot übertragen, zwei Prozent aufs Tagesgeld. Wird das alte Depot gleichzeitig dichtgemacht, gibt es noch einmal ein Prozent obendrauf. Der Zins ist für ein Jahr garantiert. Das Angebot gilt allerdings nur für Beträge bis 20.000 Euro.
Noch höhere Zinsen bietet die DAB Bank, allerdings mit kürzerer Laufzeit. Wer sein Depot wechselt und Wertpapiere im Wert von mindestens 5.000 Euro mitbringt, darf sich sechs Monate lang über - auf ein Jahr hochgerechnet - 2,5 Prozent freuen. Neukunden, die ihr altes Depot dichtmachen, bekommen noch ein Prozent obendrauf. Auch hier gibt es eine Obergrenze, nämlich 25.000 Euro.
Hohe Zinsen bieten auch einige Spareinrichtungen von Wohnbaugenossenschaften. Bei der Bremer Espabau zum Beispiel kassieren Festgeldanleger, die ihr Geld fünf Jahre parken, immerhin drei Prozent im Jahr. Die einzige Hürde bei diesen Angeboten: Wer Geld anlegen will, muss Mitglied werden. Bei der Espabau sind zwei Anteile für zusammen 520 Euro fällig. Das Geld ist dann zwar gebunden, wirft aber eine variable Dividende ab; aktuell bieten beide Genossenschaften vier Prozent.
Einlagensicherung
So sicher ist Ihr Geld
Seit der Finanzkrise und der Einlagengarantie von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind Sparer deutlich besser geschützt als noch im Jahr 2008. Hier die wichtigsten Fakten:
Die deutsche Einlagensicherung gilt für Sicht- und Termineinlagen, also Giro- und Tagesgeldkonten, Sparbücher sowie Festgelder und Sparbriefe. Anders als in den meisten europäischen Nachbarstaaten gibt es hierzulande unterschiedliche Sicherungssysteme. So müssen alle in Deutschland eigenständig tätigen Privatbanken und Bausparkassen der gesetzlichen Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) angehören. Sie sichert - wie EU-weit üblich - 100.000 Euro pro Anleger und Bank ab. Eine Liste der teilnehmenden Institute gibt es auf www.edb-banken.de.
Friert die Bafin im Ernstfall alle Konten einer Bank ein, bekommen die Kunden binnen 20 Tagen ihre Einlagen zurück - inklusive der Zinsen, die bis dahin aufgelaufen sind. Nach den neuen Regeln zur Bankenrettung können Kunden sogar einen Teil ihres Geldes binnen einer Woche bekommen, etwa um laufende Kosten zu decken. Fremdwährungskonten werden nur berücksichtigt, wenn die Einlagen auf die Währung eines EU-Mitgliedsstaats lauten.
Die meisten Privatbanken haben sich zusätzlich dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) angeschlossen. Er übernimmt die Einlagen, die über die 100.000-Euro-Grenze hinausgehen. Die Sicherungsgrenze ist von Institut zu Institut verschieden. Sie entspricht 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank, mindestens aber 1,5 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2025 soll diese Untergrenze auf 437.500 Euro sinken, was aber für die meisten Sparer noch immer mehr als genug sein dürfte. Mehr dazu online auf www.bdb.de. Aber Vorsicht: Anders als die staatliche Einlagensicherung ist der Schutz über den Fonds des Bankenverbands nicht einklagbar. Sollte der Fonds im Moment einer Pleite nicht genügend Kapital vorhalten, kann es sein, dass Kunden nur einen Teil ihres Geldes wiedersehen. Die privaten Bausparkassen besitzen einen eigenen Sicherungsfonds, der im Schadensfall zusätzlich zu dem der edb einspringt. Bauspareinlagen sind unbegrenzt geschützt, Spareinlagen bis zu 250.000 Euro.
Sparkassen sowie die Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken haben eigene Haftungsverbünde gegründet. Sie garantieren 100 Prozent der Einlagen über die sogenannte Institutssicherung. Das heißt, die Gemeinschaft unterstützt schwächelnde Institute so lange, bis sie wieder solvent sind. Daher ist auch nicht bekannt, ob Sparkassen oder Genossenschaftsbanken jemals in Schieflage waren.
So weit die Theorie. Geht eine Großbank mit Millionen Kunden pleite, werden die Sicherungsverbünde wohl an ihre Grenzen stoßen. In diesem Fall müsste der Bund mit Steuergeld eingreifen und die Bürger würden auf diese Weise ihre Ersparnisse selbst retten.
Europaweit gilt analog zu Deutschland die gesetzliche Einlagensicherung, die 100.000 Euro pro Kunde und Konto garantiert. Die Frist, binnen derer die Kunden ihr Geld inklusive der bis dahin aufgelaufenen Zinsen im Schadensfall wiederbekommen, soll - bezogen auf die Grenze von 100.000 Euro - höchstens 30 Arbeitstage betragen. Großbritannien hat seine Einlagensicherung der des europäischen Festlands angepasst. Auf der Insel liegt die Obergrenze für die Einlagensicherung bei 85.000 Pfund, also rund 100.000 Euro.