Großer Test: Die beste Bank
€uro hat 50 Banken auf den Prüfstand gestellt und genau unter die Lupe genommen. Gewonnen hat der Vorjahressieger. Aber es gab auch Überraschungen. Lesen Sie, wie Ihr Institut abgeschnitten hat.
Tendenz für 2010: weiter stark steigend. Ganz vorn liegen – wie schon in den vergangenen Jahren – Klagen über eine Falschberatung im Anlagebereich. Genügend Argumente für den jährlichen „Check-up“ deutscher Banken, den €uro nun zum siebten Mal in Folge in Auftrag gab. Von Januar bis März 2010 untersuchte das Hamburger Analysehaus S.W.I. Finance 50 Sparkassen, Genossenschaftsinstitute und Privatbanken.„Ziel war es, einen Querschnitt der deutschen Bankenlandschaft abzubilden - inklusive Spezialanbieter, Direktinstitute und regionale Filialbanken“, erklärt S.W.I.-Geschäftsführer Marcus Schad. Sein Team prüfte die Institute anhand vieler Hundert Testkriterien ( die vollständigen Testergebnisse im Überblick).
Dazu wurden zunächst sechs Produktbereiche (Zahlungsverkehr, Tagesgeld, Festgeld und Sparbriefe, Brokerage, Ratenkredit und Baufinanzierung) sowie die Onlinesicherheit der Institute in puncto Gebühren, Verzinsung und Mindestanlagesummen analysiert.
„Befristete Aktionen – etwa hohe Zinsangebote – oder andere Vergünstigungen auf Zeit, die lediglich Neukunden locken sollen, haben wir bewusst außen vor gelassen“, sagt Testleiter Thomas Jahn, der für die Datenauswertung des €uro-Bankentests verantwortlich ist. Neben der reinen Konditionen-Auswertung schickte S.W.I. auch „Mystery-Shopper“ in die Filialen, um Beratung und Service in der Praxis zu checken. Dabei erwiesen sich Angestellte der Deutschen Bank als wahre Umstandskrämer. Trotz fest vereinbarten Termins war zunächst kein Besprechungsraum verfügbar, dann streikte der PC. Als der Testkunde sein Anliegen endlich vorgebracht hatte, wurde ein weiterer Kundenberater hinzugezogen, dem der Anlagewunsch erneut penibel geschildert werden musste.
Bei der Postbank bot das schlecht abgeschirmte Beratungsumfeld die Geräuschkulisse einer Bahnhofshalle. Ein Angestellter der Santander Consumer Bank vermittelte einem Testkunden den Eindruck, ihm unnötig Zeit zu stehlen – entsprechend hurtig versuchte er, die Kundenberatung hinter sich zu bringen. Auf die Jugend setzt anscheinend die Targobank (ehemals Citibank), die auf einen Testkunden mit fünfstelliger Anlagesumme einen Azubi losließ. Der Bankkaufmann in spe beriet engagiert, zeigte aber noch Wissenslücken. Zusätzlich testete S.W.I. die telefonische „Erstkontaktqualität“ und die Reaktionsgeschwindigkeit der Banken bei E-Mail-Anfragen. Und wieder erlebten die Tester Kurioses: Ein Kundenberater der Hamburger Sparkasse bezeichnete den Einlagensicherungsfonds der Banken als „Feuerwehrtopf“.
Wenig geschäftstüchtig zeigte sich ein Angestellter der ICICI Bank – deutscher Ableger eines indischen Kreditinstituts und immerhin Konditionen-Sieger in der Kategorie Festgeld: „Dieses Produkt ist derzeit nicht so wirklich interessant“. Probleme mit Hard- und Software wiederum gestand ein Kundenberater des Nischenanbieters NIBC Direct: „Ich kann ihnen gerade keine Detailinformationen geben – ich bin schon froh, wenn bei mir zu Hause der Computer läuft“.
Amüsant, sicher. Aber die Auswertung aller Praxiserfahrungen lässt fundierte Rückschlüsse sowohl auf die allgemeine Servicequalität der Institute als auch auf die Güte ihrer Finanzprodukte zu. „Pro Produktbereich haben wir einen Indexwert ermitteln können, anhand dessen auch die Kategorie-Sieger bestimmt wurden“, erklärt Geschäftsführer Schad. Wichtiges neues Testkriterium dabei: Seit Jahresanfang müssen Bankangestellte Beratungsprotokolle anfertigen, wenn sie Anlageprodukte verkaufen. „Bei jeder dritten Test-Beratung zeigten die Kundenberater Schwächen im Umgang mit dem Beratungsprotokoll“, moniert Chefauswerter Jahn. „Sie waren unsicher beim Ausfüllen oder konnten die genauen Inhalte nicht verständlich darlegen.“ Auch wegen solcher Nachlässigkeiten rutschten Commerzbank, Targobank und Santander Consumer Bank im €uro-Ranking zur Filialberatung an das Tabellenende.
Erfolgreiche Medizin. Die ING-DiBa war in der Quersumme aller Kategorien am erfolgreichsten. Damit konnte Deutschlands größtes Direktinstitut mit 6,9 Millionen Kunden – davon 200.000 Neukunden allein im vergangenen Jahr – seinen Vorjahreserfolg wiederholen und ist zum sechsten Mal Träger des Titels „Deutschlands Beste Bank“. Dauerhaft gute Konditionen haben jedoch ihren Preis: „Unser Gewinn ist innerhalb eines Jahres um mehr als 30 Prozent gesunken“, bekennt Vorstandschef Ben Tellings. „Ursache waren neben höheren Prämien für den Einlagensicherungsfonds auch gestiegene Zinsaufwendungen für unsere Sparprodukte.“
An der grundlegenden Geschäftsstrategie seiner Direktbank will Tellings nicht rütteln: „Auch künftig werden wir auf ein teures Filialnetz verzichten“. Statt durch Anlageberater sollen Kunden durch gezielte Informationsangebote unterstützt werden. „Mit kurz gefassten Beipackzetteln – ähnlich wie bei Medikamenten – sollen die Konsumenten die wesentlichen Eigenschaften der Produkte erkennen und vergleichen können“, erklärt ING-DiBa-Pressesprecher Thomas Bieler, zuvor 20 Jahre Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er hat die Gebrauchsanweisung für Finanzprodukte federführend entwickelt.
Lesen Sie, welches Institut die beste Filialbank ist
Während die Tochter der niederländischen ING Group auch bei den Direktinstituten Seriensieger ist, konnte sich die Hypo-Vereinsbank (HVB) erstmals in der Kategorie „Beste Filialbank“ durchsetzen. „Unsere Testkunden empfanden die Beratung der HypoVereinsbank als fair und verständlich. Die Kundenberater überzeugten durch hohe Kompetenz und analysierten die Situation des Kunden gründlich“, resümiert Projektleiter Jahn. Zudem hat die HVB in den vergangenen 18 Monaten mit rund 1700 neu aufgestellten oder ausgetauschten Selbstbedienungsterminals ihe Filialen und Servicecenter technisch massiv aufgerüstet. „Wir koppeln bereits seit mehreren Jahren die variable Vergütung unserer Mitarbeiter an die Entwicklung der Kundenzufriedenheit“, sagt Peter Buschbeck, HVB-Vorstand für Privat- und Geschäftskunden. „Damit zeigen wir, dass dieses Kriterium für uns kein bloßes Lippenbekenntnis ist, sondern eine zentrale Steuerungsgröße.“
Genug Geld für einen Zukauf wäre vorhanden: Die UniCredit-Tochter war in der Finanzkrise nicht auf Staatshilfe angewiesen und hat seit dem Verkauf ihrer osteuropäischen Bankbeteiligungen mehr als ausreichend Eigenkapital. „Wir können noch mehr Kunden im Privatkundengeschäft vertragen,“ erklärte Vorstandschef Theodor Weimer auf der Bilanzpressekonferenz im März.
Wechsel-Wähler
Die Analyse der Filialbanken und Direktinstitute unterstützten die €uro-Leser nach Kräften: 104.692 Bankkunden machten sich die Mühe, den detaillierten Fragebogen zu Konditionen, Beratungs- und Servicequalität ihrer Institute auszufüllen (die vollständigen Ergebnisse der Leserbefragung im Überblick). Beliebteste Bank wurde zum vierten Mal in Folge die ING-DiBa. Sie hatte mit Abstand die meisten Umfrageteilnehmer (23.177) mobilisiert. Reges Interesse zeigten auch die Kunden der Comdirect Bank (16.891 Teilnehmer) und der Sparda Südwest (8095 Kunden).
Wie in den Vorjahren nutzen die meisten Befragten Girokonto und Anlageprodukte. Auffallend ist ihre zunehmende Wechselbereitschaft: 83,6 Prozent der Teilnehmer haben mehr als eine Bankbeziehung. „Durch diesen Vergleichsprozess wird die Bewertungsqualität gesteigert“, erklärt S.W.I.-Testleiter Jahn.
Bei der Beratung über die Filialen zeigte sich eine gegensätzliche Entwicklung zu den Vorjahren. „Der persönliche Kontaktkanal gewinnt wieder an Bedeutung“, bestätigt Jahn. Zudem wären 60,2 Prozent der Umfrageteilnehmer bereit, für eine unabhängige Finanzberatung Honorar zu bezahlen – wenn dafür die Vermittlungsprovisionen entfallen. Weiterer Trend ist die abnehmende Risikobereitschaft der befragten Bankkunden in Folge der Finanzkrise: Der Anteil der Kreditnehmer sank gegenüber dem Vorjahr drastisch, viel mehr Befragte haben Vorsorgeprodukte im Portfolio.
Umso bedeutender ist die Bewertung in der Kategorie Anlagezinsen. Hier konnte sich die Deutsche Kreditbank (DKB) mit ihrem Tagesgeldangebot sowohl im Test der Profis als auch beim Kundenvotum durchsetzen. Das „DKB Cash“ wurde zuletzt konstant um 0,5 Prozent höher verzinst als Produkte der Konkurrenz. Auch das – unabhängig vom Gehaltseingang – kostenlose DKB Girokonto, das auch die Sparda-Banken bieten, belohnten die Leser mit Bestnoten. In der Kategorie Wertpapierhandel konnte sich Onlinebroker Flatex bei den Kunden knapp vor Comdirect Bank und ING-DiBa behaupten. Ausschlaggebend waren die günstigen Transaktionskosten.
Regionale Platzhirsche
Bei den Regionalbankenkonnten sich in vier von acht auswertbaren Bundesländern PSD-Institute durchsetzen. Die Gruppe der Genossenschaftsbanken ist in ganz Deutschland vertreten. „Unsere Institute sind beratende Direktbanken mit schlanken Strukturen – und geben diesen Kostenvorteil mit günstigen Konditionen an die Kunden weiter“, sagt Rudolf Conrads, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der PSD Banken.
Auch im hart umkämpften Markt der Baufinanzierung gewinnen die Genossen vielerorts Marktanteile. Im Baufinanzierer-Check belegten aber Interhyp, Cortal Consors und Comdirect mit deutlichem Abstand die ersten drei Plätze. Besser geht es immer. Auf jeden Fall besser als einem Deutsche-Bank-Tester, der sich schriftlich über deren Beratungsqualität beschwert hatte. Das Institut ließ sich mit der Antwort zwei Wochen Zeit, ging über dessen Vorwürfe lax hinweg, bedankte sich artig für das Interesse an den Produkten und lud den Profichecker ein – zum Beratungsgespräch.
Die 58-seitige Bankentest-Analyse (70 Euro plus Mehrwertsteuer) und die Detailauswertung der €uro-Kundenumfrage (60 Euro plus MwSt) können angefordert werden bei: S.W.I. Finance, Rothenbaumchaussee 17, 20148 Hamburg, Telefon 040/4111690, www.swi-finance.de