Zertifikate-Spezial IV

Seefracht-Investments: Nichts für Risikoscheue

22.04.11 10:00 Uhr

Seefracht bleibt ein heikles Anlagethema: Mit neuen Schiffen kämpfen die Reeder um Marktanteile und verhindern so die Erholung der Frachtraten

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von Andreas Höß, €uro am Sonntag

Ob Geländewagen, Burger oder Kleidung: XXL ist ein Markenzeichen der USA. Die ersten Exemplare der größten Containerschiffe der Welt werden dennoch nur in Europa und Asien anlegen. 400 Meter lang, 73 Meter hoch und 59 breit werden die Pötte der ­Triple-E-Klasse sein, wenn sie beim koreanischen Schiffbauer Daewoo vom Stapel laufen. Würde man ihre 18.000 Container auf der Grundfläche des New Yorker Times Square stapeln, würde der Turm 140 Meter in die Höhe ragen. Das sprengt die Dimensionen der Häfen selbst im Land der Übergrößen.

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Bei Møller Mærsk in Kopenhagen macht man sich darüber wenig Sorgen. Die größte Linienreederei der Welt hat sich von der Krise erholt und 2010 einen Rekordgewinn von fünf Milliarden US-Dollar eingefahren. Mit ihren Containerschiffen fühlt sie den Puls der Weltwirtschaft. Und sie spürt, dass Asien die USA als Taktgeber ablöst. Deshalb fahren die Dänen besonders auf den Routen zwischen Europa und Asien einen aggressiven Expansionskurs – und könnten damit die langfristige Erholung der Frachtraten torpedieren. Zehn Schiffe der Triple-E-Klasse hat Mærsk im Februar bestellt. Kaufoptionen für 20 weitere bestehen. Am Mittwoch signalisierte Konzernchef Nils Andersen, dass er im Sommer eventuell zehn weitere ordern wird.

In der Krise waren solche Großbestellungen der Containerreeder undenkbar. Die Vollbremsung der Weltwirtschaft hatte die Seefracht wie kaum eine andere Branche getroffen. Die Stimmung war am Tiefpunkt, viele Reeder standen 2009 vor der Pleite. Auch Møller Mærsk schrieb Verluste. Die Fracht- und Charter­raten brachen in der Weltwirtschaftskrise um 50 bis 80 Prozent ein. Bestellte Schiffe wurden storniert oder ihre Auslieferung aufgeschoben, alte Pötte verschrottet, beschäftigungslose Frachter zwischenzeitlich stillgelegt. Containerschiffe tuckerten mit halber Fahrt über die Weltmeere, um Kapazitäten künstlich zu verknappen und Sprit zu sparen.

Doch das Blatt hat sich gewendet. Obwohl die Frachtraten noch weit von ihren Höchstständen aus dem Jahr 2008 entfernt sind, haben sie sich im vergangenen Jahr deutlich erholt. Die Reeder schreiben Gewinne, es werden mehr Container zur See transportiert als noch vor der Krise. Das Londoner Analysehaus Drewry Shipping Consultants erwartet, dass bis 2015 jährlich rund acht Prozent mehr Container verschifft werden. „Der Containerschifffahrt ist ein beeindruckendes Wendemanöver gelungen“, sagt Eric Heymann, Schiffs­analyst der Deutschen Bank. „Dass führende Linienreeder wieder Riesenfrachter bestellen, zeigt, dass sie nicht mit dem Ende der Globalisierung rechnen.“ Und Globalisierung bedeutet: der Aufstieg Asiens zur dominanten Handelsmacht.

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Zur Jahrtausendwende, kurz vor dem Eintritt Chinas in die Welthandelsorganisation WTO, liefen lediglich fünf Prozent der verschifften Container auf ihren Routen eine Station in Asien an. Heute sind es 80 Prozent. Unter den zehn größten Häfen der Welt liegen nur Rotterdam und Dubai nicht in Asien. China hat sechs Häfen in den Top Ten.


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Der Kampf um Marktanteile wird deshalb auf den Asien-Routen besonders erbittert geführt. Um dort konkurrenzfähig zu sein, sind große Schiffe gefragt. So soll die Triple-E-Klasse über 30 Prozent weniger Sprit verbrauchen und die Transportkosten je Container um 25 Prozent senken. Deshalb zieht besonders bei den Riesenschiffen die Bautätigkeit an. 2010 liefen mehr als 50 Frachtschiffe mit einer Ladekapazität von mehr als 7500 Containern vom Stapel, 2011 könnten es sogar 75 sein. Die meisten davon werden die Asien-Routen befahren. Und Marktbeobachter erwarten, dass weitere Konkurrenten nachziehen. „In der Vergangenheit folgten andere Linienreeder, um keine Marktanteile zu verlieren und bei den Transportkosten für die Container auf Augenhöhe mit den Marktführern zu bleiben“, so Sarah Liu, die für die französische Bank BNP Paribas den Transportsektor in Asien ­beobachtet. „Die Geschichte könnte sich wiederholen und ein neues Rennen um Kapazitäten beginnen.“

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Das befürchtete Neil Dekker vom Analysehaus Drewry bereits im Januar, als Gerüchte über die Bestellung von Mærsk kursierten. „Die Reeder nehmen keine Kapazitäten aus dem Markt“, so Dekker. Die Flotten seien nur noch zu gut 80 Prozent ausgelastet. Deshalb warnte er vor einem Rückgang der Frachtraten auf der Ost-West-Route und sinkenden Gewinnen der Reeder.

Wie Überkapazitäten die Raten drücken, kann man bei den sogenannten Bulkern beobachten, den Frachtschiffen für Schüttgut wie Eisenerz, Kohle oder Agrarrohstoffe. 2007 und 2008 wurden zu viele Bulker bestellt. Als die Weltwirtschaft dann kollabierte, brach auch der Baltic-Dry-Index, der die Frachtraten für Bulker misst, um fast 90 Prozent ein. Trotz steigender Nachfrage nach Bulker-Tonnage konnte sich der Index nur geringfügig er­holen. So ist beispielsweise der weltweite Kohleverkehr 2010 zwar um 13,7 Prozent auf über 900 Millionen Tonnen gewachsen, trotzdem sanken die Charterraten – teilweise stark.

Auch in Zukunft wird der Bulkermarkt mit Überkapazitäten zu kämpfen haben. In den Orderbüchern der Werften stehen laut Schiffbroker Clarkson Bestellungen in Höhe von 50 Prozent der Ladekapazität der aktuellen Bulkerflotte. Bei den Containerschiffen ist die Zahl geringer. Die Orders liegen hier im Moment bei knapp 30 Prozent der Ladekapazität der Flotte. Bei Analysten ist es deshalb umstritten, ob die Containerschiffflotte schneller wachsen wird als die Nachfrage nach Transportkapazitäten oder umgekehrt.

Der sogenannte Schweinezyklus könnte die Containerschifffahrt dennoch einholen. Die Frachter werden oft in wirtschaftlichen Boomphasen bestellt. Wenn sie einige Jahre später ausgeliefert werden, sieht die Lage manchmal ganz anders aus.

Besonders hart traf dies die „Eugen Mærsk“, die zur aktuell größten Klasse der Containerschiffe der Welt gehört. Sie wurde Anfang 2008 in Dienst gestellt. Im selben Jahr schlitterte die Welt in die Krise, die Frachtraten brachen ein. Um Kosten zu sparen, dümpelte die „Eugen Mærsk“ mit halber Fahrt und gedimmtem Licht dahin. Öl war günstig, also nahm man große Umwege in Kauf, um die Benutzungsgebühr für den Suez-Kanal zu sparen. Sogar Serviet­ten wurden an Bord rationiert. Ein Schicksal, das sich die Besteller der Triple-E-Klasse nicht wünschen.

Møller Mærsk
Marktführer mit Kostenvorteil

Mit 13 Prozent Weltmarktanteil ist Møller Mærsk führend in der Containerbranche. 570 Containerschiffe fahren für den Konzern, der auch Geschäfte mit Öl und Gas macht. Die Gewinne werden 2011 wegen sinkender Margen nicht an das Rekordjahr 2010 heranreichen. Doch das Unternehmen wächst und hat Kosten in der Krise reduziert. Zudem kann Mærsk Con­tainer günstiger transportieren als die Konkurrenten. Für Anleger mit Mut zum Risiko bietet die Commerzbank Hebelprodukte an.

Daewoo Shipping
Profiteur des Kapazitätsrennens

Die koreanische Werft baut die neue Triple-E-Klasse von Mærsk. Zehn Schiffe zu je 190 Millionen US-Dollar sind bestellt, 20 weitere könnten hinzukommen. Im Sommer entscheidet Mærsk über den Bau der nächsten Tranche von zehn Schiffen. Wenn Mærsks Konkurrenz nachzieht, könnten sich die Orderbücher weiter füllen. Neben Containerschiffen baut Daewoo von Bulkern über Tanker fast alles, was schwimmt. 2010 erhielt der Konzern Aufträge im Wert von über zehn Mil­liarden US-Dollar.

ETFX DAXglobal Shipping Fund
Hoher Japan-Anteil

Obwohl die Weltwirtschaft sich 2010 aus der Krise ge­arbeitet hat, ging es beim Indexfonds ETFX DAXglobal Shipping um sieben Prozent abwärts. Japanische Reeder wie Mitsui Osk Lines und Nippon Yusen machen über 30 Prozent des dem ETF zugrunde liegenden DAXglobal-Shipping-Index aus. Der Index litt zuletzt stark unter der Katastrophe in Japan. Wer die Korrektur für übertrieben hält, könnte sie als Einstiegs­chance nutzen.

Zertifikate
Reichhaltiges Angebot

Risikofreudige Anleger können auch mit Zertifikaten auf die Schifffahrtsbranche setzen. Die Deutsche Bank bietet ein neues Discountzertifikat auf den Panamax an (ISIN: DE 000 DB7 RCG 5), einen Subindex des Baltic Dry, der die Frachtraten bei großen Schüttguttransportern misst. Das Produkt sollte sich bei einer Seitwärtsbewegung der ­Raten auszahlen. Der Bewertungszeitraum beginnt erst im kommenden Jahr und dauert nur drei Monate. Ein ­kapitalgeschütztes Zertifikat mit Laufzeit bis 2013 auf den Baltic-Dry-Index gibt es von HCI und Barclays Capital (DE 000 BC0 AWE 0). Aktienkörbe bietet die West LB an (DE 000 WLB 4UT 6 und DE 000 WLB 5QN 4). Die HVB hat Indexzertifikate auf den Global-Shipping-Select-Index (DE 000 HV5 VU8 3) und den DAXglobal-Shipping-Index (DE 000 HV1 DBV 1) aufgelegt.

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