Börse Frankfurt-News: Anleihen: Leitzins sinkt, Anleihezins steigt

06.06.25 16:05 Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nach der Zinssenkung der EZB steigen die Renditen europäischer Anleihen. Der Grund: Die Hoffnung auf weiter sinkende Leitzinsen wurde gedämpft. Bei Unternehmensanleihen suchen Anlegerinnen und Anleger vor allem im Auto-Sektor nach Renditechancen.

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6. Juni 2025. Die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag war an den Rentenmärkten das dominierende Thema dieser Woche. Wie so oft stand dabei die anschließende Pressekonferenz noch mehr im Fokus als die eigentliche Zinsentscheidung. So war die achte Zinssenkung der EZB innerhalb eines Jahres keine Überraschung mehr. Die Herabsetzung des Einlagensatzes um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent war an den Märkten vorab bereits eingepreist worden. Trotzdem kam es gestern Nachmittag zu relativ deutlichen Kursverlusten bei den Staatsanleihen.

Euro-Bund-Future unter Druck

"Der Hinweis darauf, dass die Geldpolitik nun gut aufgestellt sei, um mit der globalen Unsicherheit umzugehen, hat die Zinssenkungserwartungen enttäuscht", erklärt Ralf Umlauf von der Helaba. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg innerhalb von drei Stunden von 2,48 Prozent auf knapp 2,60 Prozent. Am Freitagmittag liegt sie bei 2,55 Prozent nach 2,53 Prozent vor einer Woche. Mit den steigenden Renditen geriet der Euro-Bund-Future unter Druck. Der September-Kontrakt fiel am Donnerstag im Tief bis auf 130,12 Punkte, konnte sich danach leicht auf aktuell 130,70 Punkte erholen. Unterstützung bietet laut Umlauf der 55-Tagedurchschnitt bei 130,13 Punkten, bevor die Mai-Tiefs bei 129,30 und 128,97 Punkten ins Bewusstsein der Marktteilnehmer rücken könnten.

Weitere Zinsschritte immer noch denkbar

EZB-Präsidentin Christine Lagardes hatte bei der Pressekonferenz betont, dass die Inflation in der Eurozone auch dank niedrigerer Energiepreise und einem stärkeren Euro zurzeit in der Nähe des mittelfristigen Zielwertes des EZB-Rats von 2 Prozent liege. Daraus lasen viele Akteure an der Börse, dass der geldpolitische Lockerungszyklus dem Ende zugehe. "Das hat den Markt schon überrascht", meint Tim Oechsner von der Steubing AG. Der Rentenhändler geht zwar unverändert von zwei weiteren Zinssenkungen aus, "doch die EZB gab uns wenig Anhaltspunkte zu deren Umfang und Zeitpunkt". Auch Christian Reicherter von der DZ Bank will von einem Ende des Zinssenkungszyklus noch nichts wissen. "Ein weiterer Lockerungsschritt nach der Sommerpause ist nach wie vor Teil unserer Zinsprognose".

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US-Renditen kommen zurück

In den USA steht zum Wochenschluss mit den Non-Farm-Payrolls ebenfalls ein wichtiges Event für die Rentenmärkte an. Ilona Korsch von Hauck Aufhäuser Lampe geht davon aus, dass diese schwächer als erwartet ausfallen. Die rückläufige Beschäftigung im privaten Sektor und die höhere Anzahl von Arbeitslosenunterstützung könnten ihrer Ansicht nach Signale für eine niedrigere Zahl bei den im Mai neu geschaffenen Stellen sein. Der Konsens geht hier von 126.000 nach zuletzt 177.000 Stellen aus. Die Renditen zehnjähriger US-Treasuries sind im Wochenvergleich leicht von 4,44 Prozent auf 4,38 Prozent gesunken. Die dreißigjährigen Papiere rentieren mit 4,87 Prozent nach 4,97 Prozent.

Währungseinfluss bei USD-Anleihen

Für Klaus Stopp von der Baader Bank spiegeln die leicht gesunkenen Renditen zum Teil die wirtschaftliche Unsicherheit in den USA wider. Der Händler berichtet von einigen Käufen bei amerikanischen Staatsanleihen (US91282CGM73) und (US912810SQ22), die zurzeit deutlich höhere Renditen abwerfen als vergleichbare Papiere aus der Eurozone. Stopp verweist allerdings auf die beim Kauf von Dollar-Anleihen existierenden Wechselkursrisiken. "Anleger sollten bei diesen Papieren immer auch eine Meinung zur Währung haben". In den vergangenen Wochen war der Euro zum US-Dollar deutlich gestiegen, was sich negativ auf die Performance der Anleihen auswirkt.

Auto-Anleihen werden gekauft

Bei den Unternehmensanleihen hält die "Suche nach Rendite" weiter an. Stopp sieht relativ großes Interesse an Emissionen aus der Autobranche. "Über 80 Prozent der Transaktionen in diesem Bereich waren Käufe". Anleihen der beiden deutschen Autobauer Mercedes Benz (DE000A4EB2X2) und BMW (XS3075490188) wurden auch bei der Steubing AG bzw. der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank geordert.

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Beate Mägerle meldet zudem eine starke Nachfrage nach Anleihen von E.On (XS2791960664) und der Deutschen Post (XS3084418907). Hohe Umsätze wurden auch in einer Anleihe der Homann Holzwerkstoffe GmbH registriert, die bis 2032 eine Rendite von 7,6 Prozent ermöglicht (NO0013536169). "Hier gab es sowohl Kauf- als auch Verkaufsinteresse".

Von Thomas Koch, 6. Juni 2025, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)