Lane: Inflationsprognose der EZB für 2023 höher erwartet
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane rechnet damit, dass die Inflationsprognose der Europäischen Zentralbank (EZB) für 2023 höher als die im September veröffentlichte sein wird.
Lane begründete seine Einschätzung in einem Interview mit Market News mit der aktuell höheren Inflation sowie der Erwartung, dass die Energiepreisen im kommenden Jahr höher als zuletzt erwartet sein dürften und die Haushaltsdefizite ebenfalls. 2024 und 2025 sieht Lane widerstreitende Kräfte: Auf der einen Seite inflationsbedingt höhere Lohnzuwächse, auf der anderen Seite eine Bremsung durch höhere Kreditzinsen.
"Auch wenn viel Gas gespeichert wurde und wir in diesem Winter bisher mildes Wetter hatten, wird erwartet, dass die Risiken in Bezug auf die Gasversorgung nach jetzigem Stand im nächsten Jahr fortbestehen werden. Ich denke, es ist auch klar, dass zumindest in einigen Ländern die Überwälzung der hohen Energiegroßhandelspreise auf die Einzelhandelspreise noch nicht abgeschlossen ist", sagte Lane.
Zudem sehen die Haushaltsdefizite Lane zufolge derzeit größer aus als in der September-Projektion vorhergesagt. "Die Wirtschaft wird also im nächsten Jahr stärker fiskalisch gestützt, was sich auf die Inflation auswirkt."
Für 2024 und 2025 rechnet der EZB-Chefvolkswirt wegen der Inflation mit einem höheren Lohndruck. "Es wird eine Art Neubewertung der Lohnaussichten im Zusammenhang mit den höheren Inflationsraten, dem Zustand des Arbeitsmarktes und der noch vorhandenen steuerlichen Unterstützung geben müssen", sagte er. Es sei mit mehreren Jahren eines überdurchschnittlichen Lohnwachstums zu rechnen.
In die Gegenrichtung wirkt Lane zufolge der starke Anstieg der Anleiherenditen. "Auch wenn sich dies nicht unmittelbar auf die Wirtschaft und die Inflation auswirkt, ist damit zu rechnen, dass es in den Jahren 2024 und 2025 stärker zum Tragen kommt."
Lane rechnet nach eigenen Worten nicht damit, dass die für Dezember zu erwartende Zinserhöhung die letzte in diesem Zyklus sein wird. Gegen einen erneut sehr großen Zinsschritt von 75 Basispunkten spricht aus seiner Sicht, dass die EZB in ihrem Zinsnormalisierungsprozess schon ein Stück vorangekommen sei. Eine Rolle spielten auch die verzögerte Wirkung der Zinserhöhungen und der sich im Dezember abzeichnende Inflationsausblick.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
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