Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Verpuffte Drohung"

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Zoll-Androhung von Donald Trump verlor schnell ihren Schrecken.
28. Mai 2025. Er hat es wieder getan: Am vergangenen Freitag kündigte US-Präsident Donald Trump an, ab dem 1. Juni Zölle auf Importe aus der EU in Höhe von 50 Prozent zu erheben, um kurz nach Sonntag-Mitternacht (MESZ) dieselben bis zum 9. Juli wieder auszusetzen. Eine Strategie, die der US-Präsident auch bei anderen Zoll-Verhandlungen schon gefahren hat. Stark verkürzt wird sich der ein oder andere Börsianer gesagt haben, da ruft Trump "Zoll", und dann kommt erst wieder mal nichts. Was einen unvermittelt an die Aesop?sche Fabel denken lässt, in der ein Hirtenjunge immer wieder vor dem Wolf warnt, bis ihm irgendwann niemand mehr Glauben schenkt. Und da taucht der Wolf dann plötzlich doch auf.
?"hnlich gelassen auf die Zoll-Androhung Trumps haben die hiesigen Börsianer beim DAX reagiert. Es gab zwar zunächst einen schnellen Rücksetzer von rund 3,5 Prozent, aber die Hälfte des Verlustes konnte bereits bis zum Börsenschluss am vergangenen Freitag wieder wettgemacht werden. Und per heute zeitigt das Börsenbarometer sogar seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung zum siebten Mal in Folge ein Plus, dieses Mal geht es um 1,8 Prozent. Zuzüglich zweier neuer Allzeithochs.
Polarisierung nimmt zu
Nun scheinen vor allen Dingen die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont aus dem Rücksetzer des DAX in der vergangenen Woche Kapital geschlagen zu haben. Zumindest hat sich unser Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche um 9 Punkte auf einen neuen Stand von +2 befestigt. Allerdings haben unter dem Strich nur einige Bären aus der Vorwoche (insgesamt weniger als ein Drittel der Pessimisten) ihre zwischenzeitlichen Gewinne realisiert.
Stattdessen speist sich der Zuwachs im Bullenlager von 7 Prozentpunkten zu mehr als zwei Dritteln von vormals neutral eingestellten Akteuren. Im gleichen Zuge steht der Börse Frankfurt Sentiment-Index fast auf dem Niveau von vor zwei Wochen, allerdings mit einem deutlich reduzierten Anteil neutral eingestellter Akteure - diese Gruppe ist seither um 12 Prozentpunkte gefallen. Mit anderen Worten: Die Polarisierung zwischen Bullen und Bären ist während der vergangenen 14 Tage (mit einem leichten Vorteil für die Bullen) gestiegen.
Bei den Privatanlegern lässt sich eine leichte Tendenz in die andere Richtung feststellen, denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +15 gefallen - es handelt sich dabei immerhin um den dritten Index-Rückgang in Folge. Unter dem Strich haben 2 Prozent aller Bullen ihre Meinung direkt um 180° gedreht und befinden sich nun im Bärenlager. Diese Tendenz finden wir sowohl bei den Anlegenden, die wir über Social Media befragt haben, als auch bei den übrigen Privatanlegern; bei Ersteren war die Wanderung etwas deutlicher.
Ein Niveau, zwei Meinungen
Per Saldo hat sich die Stimmungsdifferenz zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren gegenüber der Vorwoche verringert. Dabei fällt auf, dass die Pessimisten der Vorwoche bei den institutionellen Investoren trotz des zwischenzeitlichen DAX-Rückgangs um rund 3 Prozent nur zögerlich bereit waren, ihre Positionen glattzustellen. Im Gegensatz zu den neuen Optimisten, für die der Einstandspreis offensichtlich attraktiv genug war, um sie zum Einstieg zu motivieren. Es ist ihr Angebot, das nun an der Oberseite, vermutlich im Bereich von 24.400/450 DAX-Zählern, stärker in Erscheinung tritt und auf dem Weg nach oben zumindest eine gewisse Zeit lang für Widerstand sorgen könnte. Auch wenn sich damit die Situation des DAX gegenüber der Vorwoche geringfügig verschlechtert haben dürfte, profitiert das Börsenbarometer wahrscheinlich immer noch von langfristigen Kapitalströmen in Richtung Eurozone. Angebot heimischer Investoren spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.
von Joachim Goldberg
28. Mai 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)