Boomgeschäft Drogerien

US-Drogeriemärkte: Gesundheit im Sonderangebot

09.05.15 08:00 Uhr

US-Drogeriemärkte: Gesundheit im Sonderangebot | finanzen.net

Die US-Gesundheitsreform spielt Ketten wie CVS oder Walgreens in die Hände. Die Zahl der Versicherten steigt, das Geschäft brummt.

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von Tim Schäfer, Euro am Sonntag

Am Eingang der Drogerie in der New Yorker Fulton Street sticht ein riesiger Drucker ins Auge. Wer seine Mitgliedskarte von CVS Health dabei hat, kann hier im Handumdrehen Gutscheine für persönliche Sonderangebote ausdrucken. Wer etwa häufig Waschmittel kauft, erhält heute eine passende Offerte.

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Links gleicht das Geschäft einem Lebensmittelladen. Es gibt Käse, Milch oder Eier. Selbst Wurstwaren und zubereitete Salate oder Sandwiches liegen im Kühlfach. Im hinteren Bereich ist eine Apotheke integriert. Hier warten Kunden auf verschreibungspflichtige Medikamente. Rezeptfreie Produkte sind selbstverständlich auch zu finden. Ob Heilsalbe, Pflasterbox oder Präparate gegen Allergie - CVS bietet auch eine Hausmarke, die die Markenhersteller um 15 bis 20 Prozent unterbietet.

Die Drogeriekette CVS ist eine Goldgrube. 2014 stieg der Umsatz um zehn Prozent, der operative Cashflow türmte sich auf gut acht Milliarden Dollar. Alle paar Tage eröffnet Chef Larry Merlo eine neue Niederlassung. Inzwischen gibt es in den USA 7822 Drogerien mit 900 integrierten Mini-Kliniken, wo Patienten mit Grippe oder anderen Beschwerden vorbeikommen können.

Blutdruckmessungen sowie Impfungen sind eine Kerndienstleistung. Vor allem Patienten, die nicht viel Zeit im Wartezimmer eines Arztes verplempern wollen, gehen dorthin. Der Marktführer arbeitet eng mit Krankenkassen, örtlichen Hospitälern sowie Pharmagroßhändlern zusammen, um günstig zu sein. Binnen zwei Jahren soll die Zahl der Kliniken nach internen Planungen auf 1.500 in die Höhe schnellen.

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Bevölkerungstrends schieben an

Für Rückenwind sorgt nicht nur die sinkende Arbeitslosigkeit, sondern auch die Gesundheitsreform in den USA. Fünf Jahre nach der Einführung von Obamacare haben 16 Millionen mehr Amerikaner eine Krankenversicherung. Die Zahl unversicherter US-Bürger ist auf einem Rekordtief. Immer mehr Patienten gehen zum Arzt, was den Umsatz der Apotheken ankurbelt. Eine alternde Bevölkerung trägt das Ihre dazu bei. Nie zuvor wurden so viele chronische Erkrankungen wie heute behandelt. Schätzungen zufolge setzen Apotheken und Drogerien in den USA inzwischen jährlich fast 250 Milliarden Dollar um, ein Rekordwert. Zum Vergleich: Im Jahr 1992 waren es rund 77 Milliarden Dollar.

Das Geschäft läuft so gut, dass sich der CVS-Boss Merlo im Herbst einen Paukenschlag traute: Er beschloss, keine Tabakwaren mehr anzubieten. Zigaretten selbst waren zwar kein großer Ertragsbringer, aber die nikotinabhängige Laufkundschaft schon. Analysten waren besorgt. Doch der Gewinn stieg im ersten Quartal - trotz aller Befürchtungen. Nichtraucher waren begeistert.

Erzrivale Walgreens hält dagegen an Zigaretten fest. Nach Umsatz die Nummer 2 in der Branche betreibt die Kette mit über 8.000 die meisten Filialen in den USA. Seit der milliardenschweren Übernahme der britischen Alliance Boots sucht der neue Chef James Skinner nach Einsparmöglichkeiten. Aktionäre wie der Hedgefonds Jana Partners üben seit langer Zeit Druck auf das Management aus, die Kosten zu senken.

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Skinners Vorgänger Gregory Wasson wollte deshalb den Firmensitz aus steuerlichen Gründen nach Großbritannien verlegen. Er sah erhebliche Steuereinsparungen. Doch der Plan sorgte für Ärger in Washington, im US-Senat gab es einen Aufschrei. Im vergangenen August rückte das Management davon ab. Stammsitz bleibt das verschlafene Städtchen Deerfield, 25 Meilen nördlich von Chicago. Aus Imagegründen macht die Entscheidung Sinn: Der Löwenanteil des Geschäfts findet ohnehin in der Heimat statt. Zwei Drittel der Amerikaner leben in einem Abstand von drei Meilen zu einer Walgreens-Apotheke.

Gespart wird derweil an den Löhnen. Kassenkräfte verdienen bei Walgreens Stundensätze von etwa neun bis zehn Dollar. Dafür gelten die Krankenkassenleistungen für die Beschäftigten als vorzüglich. Walgreens ist auch bei der privaten Altersvorsorge großzügig. Jeder Dollar, den Mitarbeiter direkt vom Lohn auf ein spezielles Konto für den Ruhestand abzwacken, wird mit einem weiteren Dollar bezuschusst.

Schlechtes Benehmen

Das Auftreten des Branchenzweiten an der Wall Street ließ indes eine geraume Zeit zu wünschen übrig: Nach einer eklatanten Fehlprognose trat Finanzvorstand Wade Miquelon im vergangenen August zurück. Er hatte sich in seiner Ergebnisplanung um über eine Milliarde Dollar verschätzt. Der Finanzmann sorgte auch sonst für Schlagzeilen - zwei Mal erwischte ihn die Polizei betrunken am Steuer.

Überdies musste Walgreens’ Spartenchef für Apotheken gehen, weil die Kosten für den Einkauf von Generika aus dem Ruder gelaufen waren. Der nächste Schock: eine hohe Sonderabschreibung, die von der Alliance-Boots-Transaktion herrührte. Nach etlichen Gewinnwarnungen und Rücktritten war die Aktie deshalb vergangenes Jahr stark unter Druck geraten.

Doch die Zeit der Hiobsbotschaften scheint vorüber, die Aktie ist im Aufwind. Ernsthaft bedroht war der Koloss mit seinen 370.000 Mitarbeitern wohl nie. Und inzwischen brummt das Geschäft wie nie zuvor. Dass es sich um eine vorübergehende Krise handelte, wusste Stefano Pessina als einer der Ersten. Mit 15 Prozent ist der 74-jährige Chairman größter Einzelaktionär. Der Milliardär kennt die Branche wie seine Westentasche. Er schätzt die Aktie als Langfristinvestment. Pessina und andere Insider deckten sich in der Schwäche massiv ein.

Die Kunden in der New Yorker CVS-Filiale tun das auch. Sie kaufen Snacks, Getränke und Medikamente - und stehen auch spätabends noch in Schlangen an der Kasse. Einen Ladenschluss müssen sie nicht fürchten, die Filiale ist tagtäglich 24 Stunden geöffnet, selbst an Sonntagen.

Investor-Info

US-Drogeriemarkt
Obamacare hilft

Der Umsatz der Apotheken und Drogerien in den USA steigt seit Jahren kontinuierlich. Die US-Gesundheitsreform, im Volksmund nach dem Initiator, US-Präsident Barack Obama, Obamacare genannt, sorgt seit Inkrafttreten Anfang 2011 für einen kräftigen Schub in der Branche. Für das Jahr 2015 wird der Umsatz auf 247 Milliarden Dollar geschätzt.

CVS Health
Solider Traditionswert

Amerikas Nummer 1 steigert Umsatz und Gewinn beständig. Beeindruckend ist auch der hohe Cashzufluss. Den setzt Chef Larry Merlo vor allem für Aktienrückkäufe ein, was den Kurs stützt und die Aktie billiger macht. ­Regelmäßige Dividendensteigerungen. Attraktiv.

Walgreens Boots Alliance
Dividendenaristokrat

Amerikas zweitgrößter Drogeriemarkt enttäuschte zuletzt mehrfach. Inzwischen hat sich der Wert, der seit über 82 Jahren Dividenden zahlt und sie seit 39 Jahren steigert, wieder berappelt. Die Aktie zeigte in der Vergangenheit echte Dauerläuferqualitäten. Kursrückgänge bieten sich zum Einstieg an.

Rite Aid
Hohe Verschuldung

Fast wäre die Drogeriekette an ihren hohen Schulden erstickt. Dennoch gelang die Rettung. Die Verbindlichkeiten sind mit rund sechs Milliarden Dollar immer noch üppig. Dafür hat Boss John Standley die Profitabilitätszone sicher erreicht. In Anbetracht der starken Wettbewerber aber nur haltenswert.
In eigener Sache

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Bildquellen: Dima Sobko / Shutterstock.com, Nagy Bagoly Arpad / Shutterstock.com

Nachrichten zu CVS Health Corp

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Analysen zu CVS Health Corp

DatumRatingAnalyst
05.06.2019CVS Health BuyStandpoint Research
15.04.2019CVS Health PerformOppenheimer & Co. Inc.
12.04.2019CVS Health Market PerformBMO Capital Markets
18.12.2018CVS Health OverweightBarclays Capital
26.10.2018CVS Health Peer PerformWolfe Research
DatumRatingAnalyst
05.06.2019CVS Health BuyStandpoint Research
12.04.2019CVS Health Market PerformBMO Capital Markets
18.12.2018CVS Health OverweightBarclays Capital
30.01.2018CVS Health Strong BuyNeedham & Company, LLC
02.01.2018CVS Health BuyNeedham & Company, LLC
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15.04.2019CVS Health PerformOppenheimer & Co. Inc.
26.10.2018CVS Health Peer PerformWolfe Research
28.06.2017CVS Health HoldNeedham & Company, LLC
02.02.2017CVS Health NeutralRobert W. Baird & Co. Incorporated
22.06.2016CVS Health HoldDeutsche Bank AG
DatumRatingAnalyst
25.07.2005Update Longs Drug Stores Corp.: UnderperformBear Stearns

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