Vermögensverwalter-Kolumne

Der Dompteur im Weißen Haus lässt die Puppen tanzen

01.09.25 13:08 Uhr

Der Dompteur im Weißen Haus lässt die Puppen tanzen | finanzen.net

Die USA verschreibt sich zunehmend der dunklen Seite der Macht. Was anfangs noch als clowneske Veranstaltung von Präsidenten-Dekreten daherkam, hat sich innerhalb kürzester Zeit in großen Ernst verwandelt, meint Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München

Wie Kaiser Nero, der Teile Roms abbrennen ließ, um sein goldenes Haus zu bauen, zerstört Trump systematisch die amerikanische Staatsverwaltung und das internationale Handelsgefüge. Nur wer sich Trump unterwirft, hat Zugang zu ihm und genießt sein Wohlwollen. Wer nicht ins Bild passt, wird kaltgestellt - so wie entlassene Chefin der nationalen Gesundheitsbehörde und die Statistik-Chefin, die nach schlechten Arbeitsmarktzahlen gehen musste.

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Auch die Angriffe des US-Präsidenten auf die amerikanische Notenbank Fed haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Durch Diffamierung des Notenbankchefs Jerome Powell und nun auch einer weiteren Fed-Direktorin versucht Trump die Notenbank unter die politische Kontrolle des Weißen Hauses zu bringen. Internationale Investoren sollten besorgt sein. Denn gelingt der Übergriff, würde dies wohl den Abschied von der bisher unabhängigen, regelgetriebenen Geldpolitik bedeuten. Außerdem bestimmt die Fed mit ihren Zinsentscheidungen nicht nur die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Verbraucher in der weltgrößten Volkswirtschaft, den USA, die US-Notenbank setzt auch den Rahmen für die gesamten globalen Finanzmärkte.

Doch unter Trump ist auf nichts mehr Verlass. Auch "Deals" sind nur die Ausgangsbasis für neue Zumutungen. So sieht sich die EU erneut konfrontiert mit zusätzlichen Zöllen und Forderungen, obwohl sie sich gerade erst zu einem zweifelhaften Handels-"Deal" mit den USA hat erpressen lassen.

Derweil läuft die Wirtschaft in Deutschland ohnehin schon schlecht: Die Deutsche Bundesbank rechnet damit, dass die deutsche Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr schrumpfen könnte. Mit den Verlustjahren 2023 und 2024 wäre das der längste Negativtrend der deutschen Nachkriegsgeschichte. Eine Rezession in Deutschland wirft aber auch die gesamte europäische Wirtschaft zurück. Die 73 deutschen Unternehmen unter den Top 500 des Kontinents steuerten im abgelaufenen Jahr fast 16 Prozent zum Gesamt-Nettogewinn Europas bei. Damit ist Deutschland das gewinnstärkste Land in Europa.

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Europas Konzerne bleiben so angesichts des schwachen Wachstums in den Nationalstaaten und der Verunsicherung über die amerikanische Zollpolitik unter Druck - im Gegensatz zur US-Wirtschaft: Die 500 nach Umsatz größten Börsenunternehmen in den USA haben im abgelaufenen Geschäftsjahr so hohe Gewinne eingefahren wie nie zuvor. Nach Ablauf aller Kosten summiert sich der Gesamtgewinn auf 1,3 Billionen Euro - 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr und so viel wie nie zuvor. Gleichzeitig sanken die Gewinne der 500 größten Börsenkonzerne in Europa um fünf Prozent auf 616 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommen Berechnungen des Handelsblatt Research Institute (HRI).

Die Zahlen stehen im Kontrast zur guten Kursentwicklung in Europa in den vergangenen Monaten: Seit Jahresbeginn hat der EURO STOXX mit den 50 größten Konzernen der Euro-Zone um zehn Prozent zugelegt, der DAX sogar noch stärker. In den USA stieg der Dow Jones mit 30 Werten um sechs Prozent, der S&P 500 immerhin auch um zehn Prozent. Auf Euro-Basis liegen die US-Indizes allerdings seit Jahresanfang im Minus (Dow: minus sechs Prozent/ S&P: minus drei Prozent). Summa summarum scheinen sich die Börsianer an den Eskapaden von Trump nicht allzu sehr zu stören. Allzu negative Auswirkungen seiner Politik, die viele Ökonomen vor allem angesichts der Handelszölle immer wieder angemahnt haben, blieben bisher (noch) aus. Dennoch - Trump hin oder her: Wir befinden uns am Ende eines mittelfristigen Börsen-Zyklus. Man muss wachsam sein, ob wir nicht ein letztes Aufbäumen vor einer längeren Durststrecke sehen - vor allem bei Titeln, die gut gelaufenen und hoch bewertetet sind.

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