Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, der kennt die Nummer eins im Periodensystem: Wasserstoff.
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Vor allem grüner Wasserstoff gilt als Schlüsselelement der Energiewende - und damit für die Klimaneutralität.
Die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft fußte bislang auf fossilen Energieträgern wie Kohle und Erdöl. Als Energieträger der Zukunft gilt dagegen "grüner" Wasserstoff (H2). Um aber den Wasserstoff-Bedarf der industriellen Produktion zu decken, sind große Mengen an regenerativ erzeugtem Strom notwendig, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. In Deutschland reichen Sonne und Wind dafür nicht aus, deswegen braucht es hierzulande Energieimporte. Auch die Politik flankiert den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft. Mit der im Juni 2020 beschlossenen nationalen Wasserstoffstrategie hat sich die Bundesregierung auf ein Milliardenprogramm für dessen Förderung verständigt. Im Juli 2023 wurde diese Strategie weiter konkretisiert. Das Update der Wasserstoffstrategie setzt an verschiedenen Handlungsfeldern an, die den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft flankieren sollen.
Auf die richtige Vernetzung kommt es an
Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft ist die Sektorenkopplung. Die Idee: durch die Verzahnung des Energiesektors mit den Sektoren Industrie, Verkehr und Gebäude werden erneuerbare Energien optimal genutzt und der CO2-Ausstoß minimiert. Grünem Wasserstoff kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu. So kann beispielsweise der bei der Stromproduktion durch Wind und Sonne anfallende Überschuss in Wasserstoff umgewandelt werden. Dieser dient dann in Brennstoffzellenfahrzeugen ebenso wie in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen als Kraftstoff. In der Industrie kann grüner Wasserstoff darüber hinaus zur Dekarbonisierung eingesetzt werden. Denn die chemische Industrie verbraucht nicht nur viel Energie, sie stellt auch Produkte aus den fossilen Rohstoffen selbst her. In die Zukunft gedacht, könnte durch den vermehrten Einsatz von Wasserstoff die Chemieproduktion sogar zu einer CO2-Senke werden.
Von der Analyse zur Umsetzung
Viele Chemie- und Industrieparks verfügen bereits über eigene Kraftwerke, um die Grundlast an Strom zu decken. Über eigene Elektrolyseure könnten diesen grünen Strom bereitstellen. Dabei werden in der Regel hunderte von Elektrolysezellen zu einem Elektrolyse-Stack in Reihenschaltung verbunden. Mehrere parallel geschaltete Stacks werden zu einem Modul mit einem gemeinsamen Prozesskreislauf zusammengeschlossen.
Die elektrische Energie wird im Elektrolyseprozess teilweise in Wärme umgewandelt. Dieser Prozess erreicht je nach eingesetztem Verfahren einen Wirkungsgrad von 60 bis 80 Prozent. Das bedeutet: Von zehn Kilowattstunden Strom, die der Elektrolyseur benötigt, werden zwei bis vier Kilowattstunden zu Abwärme, die bis dato meist ungenutzt verpufft. Über Wärmetauscher kann diese Abwärme nutzbar gemacht werden. So kann der "Abfallstoff" eines Unternehmens als Rohstoff für ein anderes dienen, was die Kreislaufwirtschaft innerhalb des Parks stärkt. Nebenprodukte wie Sauerstoff und Abwärme aus der Elektrolyse können ebenfalls sinnvoll genutzt werden und für den benachbarten Player als Rohstoff dienen.
Sicherheitstechnische Aspekte berücksichtigen
Wasserstoff hat einen weiteren Vorteil: Er kann in großen Mengen auf geringem Raum gespeichert werden. Wo so viel Energie gespeichert ist, sind jedoch besondere Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Mit der Planung der entsprechenden Anlagen ist daher immer auch eine Risikoabschätzung verbunden. Dabei muss jede einzelne Komponente ausfallsicher sein. Die Hersteller garantieren dies über das CE-Kennzeichen. Zusätzlich sollten alle Komponenten über die neuste Messtechnik überwacht werden, um einen reibungslosen und sicheren Betrieb zu garantieren. Außerdem empfiehlt sich eine Konformitätsprüfung durch unabhängige Dritte, um sicherzustellen, dass bei allen Prozessen die zuvor definierten Kriterien eingehalten werden.
Bis zur angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2045 wird der Energiebedarf in der chemischen Industrie auf mehr als 220 Terawattstunden ansteigen, wie acatech und DECHEMA in ihrem Wasserstoff-Kompass berechnen. Damit versechsfacht sich der Bedarf im Vergleich zu heute. Grüner Wasserstoff ist damit in der Chemiebranche nicht länger nur für Grundstoffe und Zwischenprodukte wichtig, sondern vor allem auch hinsichtlich seines revolutionären Beitrags zur Dekarbonisierung der chemischen Industrie.
Zum Autor:
Dr. Alexander Stubinitzky, Head of Hydrogen and Synfuels bei Drees & Sommer
Dr. Alexander Stubinitzky leitet das Wasserstoffteam bei Drees & Sommer. Er entwickelt nachhaltige Energiekonzepte von der ersten Potenzialanalyse bis zur operativen Umsetzung und Inbetriebnahme von Produktions- und Infrastrukturanlagen. Im Fokus stehen maßgeschneiderte Lösungen für Industrie, Chemie und Mobilität, um grünen Wasserstoff und seine Derivate zu erzeugen, zu importieren und am Ort des Verbrauchs effizient nutzen zu können.
Drees & Sommer: Uniting opposites to create a world we want to live in.
Nachhaltige, innovative und wirtschaftliche Lösungen für Immobilien, Industrie, Energie und Infrastruktur zu beraten, umzusetzen – oder den Kunden sogar beides aus einer Hand zu bieten – das zeichnet das partnergeführte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE aus. Im Jahr 1970 gegründet und seitdem als Nachhaltigkeitspionier und Digitalisierungstreiber der Real Estate Branche bekannt, beschäftigt das Unternehmen mehr als 5.100 Mitarbeitende an 59 Standorten. Interdisziplinär zusammengesetzte Teams arbeiten in mehr als 5.000 Projekten weltweit daran, eine lebenswerte Zukunft zu schaffen und scheinbare Gegensätze zu vereinen: Tradition und Zukunft, Analog und Digital, Effizienz und Wohlbefinden. Als Unternehmer im Unternehmen steht dafür eine persönlich verantwortliche Partnerschaft ein.
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Bildquellen: Drees & Sommer