Zweitmarkt

Dicke Gewinne mit Schiffsfondsanteilen

14.01.10 14:00 Uhr

Ein neuer Anlagetrend sorgt für Schlagzeilen: Gebrauchte Fondsanteile „günstig“ einkaufen und zu einem Portfolio bündeln. Geht das Konzept auf?

von Euro-Redakteur Stefan Rullkötter

Der Blick in die Orderbücher lässt viele Marktteilnehmer der Schifffahrtsbranche erschaudern: 1200 Neubauten im Wert von rund 45 Milliarden Euro haben deutsche Reedereien und Emissionshäuser weltweit bei Werften bestellt – aber noch nicht abgeholt. Und das zu Preisen meist deutlich über dem derzeitigen Marktwert. Während sich die Lage an den Aktien- und Rentenmärkten im zweiten Halbjahr 2009 zumindest kurzfristig etwas entspannt hat, scheint die Misere der Schifffahrt noch Tempo aufzunehmen.

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Doch keine Krise ohne Chance: Vermehrt bieten Initiatoren Fonds an, die darauf setzen, Schiffe auf dem Zweitmarkt zu erwerben. Zurzeit betragen die Preisabschläge bis zu 50 Prozent auf den ursprünglichen Neubaupreis. „Anteile können derzeit günstig erworben werden – allerdings nur solche mit Schiffen ohne Beschäftigung oder demnächst auslaufenden Charterverträgen“, sagt Stefan Gieseke vom Anbieter Lloyd Fonds.

Das Geschäftsmodell: Gekauft und zu Paketen gebündelt werden nur Schiffsfondsanteile, deren Preis zur aktuellen Wirtschaftlichkeit und Bonität passen. Die Aufkäufer sind aus höchst unterschiedlichen Gründen Nutznießer: Oftmals müssen derzeit finanzielle Engpässe überbrückt werden. Auch die vermehrt notwendigen Krisenpläne und die große Unsicherheit im Markt – 13 Schiffsfonds sind bereits insolvent – führen dazu, dass Anleger Anteile vorzeitig veräußern: Als Mitunternehmer werden sie immer häufiger zur Rückzahlung bereits erhaltener Ausschüttungen aufgefordert.

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Als Renditezielvorgabe setzen sich Zweitmarktfondsanbieter durchschnittlich sechs bis acht Prozent pro Jahr. Tatsächlich können sich auf dem derzeitigen Niveau gute Einstiegsmöglichkeiten ergeben – immer vorausgesetzt, die Erholung der Weltwirtschaft geht weiter, und es gibt im Jahr 2010 keinen neuerlichen Rückfall. „Besonders bei gebrauchten Containerschiffen, die vor 2005 gekauft wurden und inzwischen so gut wie schuldenfrei fahren, sowie bei Schiffen mit langfristigen Charterverträgen kann sich eine Investition jetzt lohnen“, wirbt Nikolas Dierkes, Vorstand MCE Schiffskapital. „Objekte, die zudem über einen bonitätsstarken Charterer verfügen, werden auch in 2010 nicht wesentlichen Kursschwankungen unterliegen“, meint Gieseke.

Vertrauen auf Fondsmanager

Ein gravierender Nachteil gegenüber herkömmlichen Direktinvestments besteht jedoch: Weil Zwischenfinanzierungen durch Banken derzeit kaum möglich sind, müssen sie in der Regel als sogenannte Blindpools aufgelegt werden: Vor dem Kauf eines Objekts müssen erst die Anlegergelder eingesammelt sein. Das vermeintliche Manko kann auch ein Vorteil sein: Mangels Kreditaufnahme sind die Finanzierungskosten dauerhaft niedrig. „Zudem ergibt sich durch sukzessive Investitionen in mehrere Schiffe eine gute Risikostreuung“, meint Dierkes.

Ein Blindpool investiert dennoch vor allem in die Fähigkeiten des Fondsmanagements. Belege für dessen Qualität kann die Leistungsbilanz des jeweiligen Initiators bei seinen bisherigen Direktinvestments und den aufgelegten Zweitmarktfonds geben.

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Während Schiffsfondsanteile am Zweitmarkt volumenmäßig weiter am stärksten gehandelt werden, wächst bei Anlegern das Interesse, auch Geschlossene Immobilienfonds vorzeitig zu veräußern. Mit unterschiedlichen Preiserwartungen: Die Verkäufer gehen von einer kurzfristigen Erholung und Wertstabilisierung der Objekte aus, die Käuferseite will die negativen Auswirkungen der Krise auf die Vermietungs-, Finanzierungs- und Investmentmärkte bei der Preisfindung angemessen berücksichtigt wissen.

Die Spannbreite der Kaufangebote ist daher viel größer als bei den maritimen Investments: Aktuell liegen sie zwischen 70 und 140 Prozent der ­ursprünglichen Nominalinvestition. „Wir hatten noch nie eine Phase, in der uns so viele Verkaufsanfragen erreichen wie aktuell“, sagt Peter Müffelmann, Geschäftsführer Real Invest. Sie stammen verstärkt von institutionellen Anlegern wie Versicherungsgesellschaften und vermögenden Privatpersonen. Verkaufsgründe sind auch hier in erster Linie deren Liquiditätsbedürfnisse durch die noch nicht überwundene Wirtschaftskrise. Auch in dem Fall könnte das Markttiming beim Einstieg stimmen: 2010 dürften die Preise infolge steigender Inflationsängste und einer „Flucht in die Sachwerte“ nicht weiter nach­geben. Wie bei Direktinvestments gilt aber auch für Zweitmarktfonds die Faustregel: Nicht mehr als zehn Prozent des Portfolios investieren.