Sansibar-Wirt Seckler: Vielleicht war’s einfach Glück
Warum der Weinliebhaber lieber in Steine als Weine investiert und wie der Euro auf die Margen der Gastronomen drückt.
von Jens Castner, €uro am Sonntag
Schon die Erdbeerbowle ist ein Gedicht. Die Weinkarte lässt keine Wünsche offen. Und erst das Steak, feinstes US-Prime-Beef, auf den Punkt gebraten. Im Sommer am besten im Freien zu genießen, mitten in der Dünenlandschaft mit den Füßen im Sand.
Im Winter - nun ja. Im Inneren der Sansibar herrscht die Atmosphäre einer Skihütte. An rustikalen Holztischen begrüßt Sylts berühmtester Strandwirt seine Gäste. Der eigentümliche Charme macht die Bretterbude in den Dünen von Rantum zum klassenlosen Lokal. Prominente und Millionäre geben sich die Klinke in die Hand, Schaulustige, die einen Blick auf die illustre Gästeschar erheischen wollen, durchgefrorene Strandwanderer, die zufällig hier hineingeraten.
Herbert Seckler behandelt sie alle gleich, ob Kaviar oder Currywurst auf den Teller kommt, Pils oder Petrus ins Glas. Seckler duzt jeden, ohne Unterschied von Rang, Namen oder Kontostand. Euro am Sonntag sprach mit dem 59-Jährigen über Geld, Genuss und das Geheimnis seines Erfolgs .
€uro am Sonntag: Herr Seckler, ...
Herbert Seckler: ... einfach Herbert reicht auch.
Gut. Herbert, wie baut man aus dem Nichts eine Kultmarke auf?
Das war so nicht geplant.
Also kein BWL-Studium, keine Marketing-Fachliteratur, keine Berater?
Nichts dergleichen. Es hat sich einfach so ergeben.
Aber irgendein Geheimnis Ihres Erfolges muss es doch geben.
Vielleicht die Lage. Vielleicht, dass ich nicht mehr selbst in der Küche stehe. Vielleicht, dass wir den Geschmack der meisten Menschen treffen. Vielleicht war’s einfach Glück.
Vielleicht, dass sich Prominente bei Ihnen unters ganz normale Volk mischen. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?
Mein bester Freund ist Günter Netzer.
Und welchen Promi würden Sie nicht so gerne wieder in der Sansibar begrüßen?
Bei uns darf jeder wiederkommen. Sogar die Wichtigtuer, die erwarten, dass Du rennst, weil sie zahlen. So richtig danebebenommen hat sich zum Glück noch keiner.
Womit verdienen Sie mehr Geld – mit dem Strandlokal, dem Weinhandel oder dem Verkauf von Souvenirartikeln, dem so genannten Merchandising?
Wir verkaufen keine Souvenirs oder Fanartikel.
Nun, man sieht überall in Deutschland Autos mit gekreuzten Säbeln herumfahren – Ihrem Logo.
Genau. Das ist unser Markenzeichen. Wir haben drei Standbeine: Gastronomie, Weinhandel und ein Textilunternehmen.
Dann formulieren wir es mal so: Was bringt die besseren Margen – die Gastronomie, der Weinhandel oder der Verkauf von Textilien mit Ihrem Markenzeichen?
Im Weinhandel sind die Margen ziemlich eng, da macht es die Masse. Wir haben rund 4.000 Mitglieder im Weinclub plus weitere 40.000 Kunden, die regelmäßig bei uns bestellen. In der Gastronomie kannst Du heutzutage nichts mehr verdienen. Also würde ich sagen, dass die Markentextilien das rentabelste Geschäftsfeld sind.
Warum kann man in der Gastronomie nichts mehr verdienen? Geben die Verbraucher seit der Finanzkrise weniger Geld aus?
Nein. Wir haben noch nie eine Rezession zu spüren bekommen. Wir bewirten pro Tag 2.000 bis 3.000 Gäste – über alle Konjunkturzyklen hinweg. Wenn man so will, ist der Margenschwund in der Gastronomie ein schleichender Prozess, der mit der Euro-Einführung vor zehn Jahren begann. Seitdem steigen die Einkaufspreise für Grundnahrungsmittel immer weiter. Das können wir nicht im gleichen Maße an die Gäste weitergeben. Die würden ja sagen: Jetzt hebt er ab, der Seckler. Im Textilgeschäft machen uns zwar auch die steigenden Baumwollpreise zu schaffen, aber im Moment sieht es so aus, als würde sich das wieder beruhigen.
A propos abheben: Wie lief das bei Ihrem Deal mit Air Berlin? Haben Sie sich darum bemüht, mit der Fluglinie ins Geschäft zu kommen?
Air Berlin ist auf uns zugekommen.
Um die Original Sansibar-Currywurst verkaufen zu dürfen. Dabei behaupten die Berliner doch, sie hätten die beste Currywurst der Welt.
Haben sie auch. Jetzt schon.
Ihr Weinangebot gilt als ähnlich legendär wie Ihre Currywurstsoße. Sie haben Flaschen im Keller, an die man als Normalsterblicher gar nicht erst herankommt. So schlecht kann die Marge da doch nicht sein.
Diese Flaschen sind auch im Einkauf schon elend teuer. Da kann ich nicht noch 100 Prozent aufschlagen.
Aber der Wert erlesener Tropfen steigt mit den Jahren.
Darauf spekuliere ich nicht. Wenn eine Flasche länger im Keller liegen bleibt und im Wert steigt, ist das Zufall.
Sie legen Ihr Geld nicht in Wein an?
Davon halte ich nichts. Ich bin Händler. Außerdem ist Wein für mich reiner Genuss, keine Kapitalanlage.
Welches war die teuerste Flasche, die Sie je geöffnet haben?
Ich? Das weiß ich nicht mehr. Als Händler bekomme ich so unendlich viele Proben zugeschickt.
Wo liegt Ihre persönliche Schmerzgrenze für eine Flasche Wein?
Jetzt muss ich aufpassen, dass ich mir nicht das Geschäft kaputt mache: Also in meinem Kopf hört’s bei 300 Euro auf. Perfekter als perfekt kann ein Wein eben nicht sein. Aber es mag Leute geben, die feinere Geschmacksnerven haben als ich und dann eben tiefer in die Tasche greifen. Oder Leute, die einen berühmten Bordeaux einfach mal probiert haben wollen.
Was kommt Weihnachten bei Ihnen auf den Tisch?
Wir feiern Weihnachten traditionell als Betriebsfest im Kreise unserer Mitarbeiter und deren Familien im Strandlokal. Da gibt es Ente. Würde ich nur mit der Familie feiern, gäbe es Gans, aber die ist schwieriger zuzubereiten für so viele Leute. Und für das Team in der Küche soll der Tag nicht in Stress ausarten.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie denn?
Zurzeit 141. Im Sommer, während der Hochsaison, können es bis zu 180 sein. Wir beschäftigen aber keine Aushilfen oder Niedriglohnkräfte.
Welchen Wein werden Sie zur Weihnachtsente öffnen?
Ein ganz fantastischer Cabernet Sauvignon, den ich mir zu Weihnachten wohl gönnen werde, ist „Far Niente“ aus dem kalifornischen Napa Valley. Bei den Weißen bevorzuge ich einen Italiener: den Chardonnay von Gaja.
Haben Sie bestimmte Jahrgänge im Auge?
Nein. Diese Weingüter produzieren jedes Jahr herausragende Qualität.
Wenn jemand für ein Weihnachtsgeschenk maximal die steuerlich absetzbaren 35 Euro ausgeben will – mit welchem Wein outet er sich bei seinen Freunden oder Geschäftspartnern als Connaisseur?
35 Euro muss man gar nicht ausgeben. Bei Roten würde ich zu „La Massa“ aus der Toskana raten. Der kostet 22 Euro und ist nicht so schwer wie ein guter Bordeaux. Eher filigran. Bei den Weißen gibt es schon für zehn bis 15 Euro sehr individuelle Weine, etwa die Rieslinge von Künstler oder – aktuell der Renner in unserem Sortiment – das „Doppelstück“ von Dönnhoff, eine Cuvée aus Grau- und Weißburgunder.
Wenn man die Begeisterung für Weingenuss in Ihrer Stimme hört, fällt es schwer zu glauben, dass Sie vorhaben aufzuhören.
Genuss ist mein Leben – nach meiner Frau Helga und meinen Kindern natürlich. Ich genieße alles: gutes Essen, guten Wein, die Natur hier auf Sylt ... Aber Moment mal, wer sagt eigentlich, dass ich aufhöre?.
In der Presse wird schon länger über Ihren Nachfolger spekuliert.
Ach, was die Presse halt so schreibt. Das ist Quatsch Für welches Blatt arbeitest Du nochmal?
Euro am Sonntag.
Dann schreib’ wenigstens in €uro am Sonntag bitte das Richtige: Ich bin 59 Jahre alt und sehe nicht den geringsten Grund, mich zur Ruhe zu setzen. Ich werde weitermachen, so lange es meine Gesundheit zulässt.
Da Sie Ihr Geld nicht in Wein anlegen – was machen Sie damit? Kaufen Sie Gold oder Wertpapiere?
Ganz einfach: Ich habe kein Geld.
Die Zeiten, als Journalisten noch ans Christkind glaubten, sind schon etwas länger her. Zumindest Ihre zwei profitablen Geschäftsfelder werden schon ein paar Euro Überschuss abwerfen, oder?
Jeder einzelne davon fließt in Wohnungen für unsere Mitarbeiter. Irgendwo müssen sie mit ihren Lebenspartnern und Familien ja wohnen.
Sie bezahlen jedem Ihrer Angestellten eine Dienstwohnung?
Zumindest kümmere ich mich darum, dass jeder anständig wohnen kann. Wir sind hier auf Sylt. Weißt Du, was eine Unterkunft hier kostet? Wenn ich gute Leute haben will, muss ich ihnen auch einen Anreiz bieten.
Und nebenbei bauen Sie in aller Ruhe ein Immobilienimperium auf.
Das ist wie mit der Kultmarke: Es war nicht so geplant... Sind wir durch? Ich müsste mich langsam wieder um meine Gäste kümmern.
Dann lassen Sie sich nicht aufhalten. Vielen Dank für das Gespräch.
Alles klar. Und wenn Du wieder mal auf Sylt bist, schau rein.
zur Person:
Herbert Seckler
Der Wirt der Promis
Mit 22 Jahren kam Herbert Seckler 1974 nach Sylt – und blieb trotz harter Anfangsjahre. Zunächst verdingte sich der gelernte Koch in einer Kaschemme direkt neben der Mülldeponie („Mein Gott, hat das gestunken“), später pachtete er einen Campingplatz in Tinnum („Die schlimmste Zeit meines Lebens. Die haben jeden Abend gesoffen und sich geprügelt. Was hab ich da Blut gewischt“). 1977 übernahm er die Sansibar, die er nur vor der Pleite retten konnte, indem er zusätzlich auf Butterfahrtschiffen jobbte. Bis 1990 stand er täglich selbst in der Küche. Die Beharrlichkeit zahlte sich aus. Heute ist der im schwäbischen Wasseralfingen geborene Vater von vier Kindern Herr über einen mittelständischen Konzern mit drei Geschäftsfeldern: Gastronomie. Weinversandhandel und Textilfabrikation. Außerdem hat er sich als Airline-Caterer einen Namen gemacht.
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Analysen zu Air Berlin plc
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14.08.2015 | Air Berlin buy | Commerzbank AG | |
28.04.2015 | Air Berlin Hold | HSBC | |
28.04.2015 | Air Berlin buy | Commerzbank AG | |
15.01.2015 | Air Berlin Neutral | HSBC | |
08.12.2014 | Air Berlin Verkaufen | Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) |
Datum | Rating | Analyst | |
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14.08.2015 | Air Berlin buy | Commerzbank AG | |
28.04.2015 | Air Berlin buy | Commerzbank AG | |
18.02.2013 | Air Berlin kaufen | Deutsche Bank AG | |
26.03.2012 | Air Berlin kaufen | Die Actien-Börse | |
12.08.2011 | Air Berlin buy | Commerzbank Corp. & Markets |
Datum | Rating | Analyst | |
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28.04.2015 | Air Berlin Hold | HSBC | |
15.01.2015 | Air Berlin Neutral | HSBC | |
13.11.2014 | Air Berlin Hold | Commerzbank AG | |
04.11.2014 | Air Berlin Hold | Commerzbank AG | |
05.09.2014 | Air Berlin Hold | Commerzbank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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08.12.2014 | Air Berlin Verkaufen | Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) | |
29.08.2014 | Air Berlin Verkaufen | Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) | |
28.08.2014 | Air Berlin Underweight | HSBC | |
16.07.2014 | Air Berlin Underweight | HSBC | |
19.05.2014 | Air Berlin Verkaufen | Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) |
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