Nach BGH-Urteil

Wie Bausparer sich jetzt verhalten sollten

27.02.17 16:12 Uhr

Wie Bausparer sich jetzt verhalten sollten | finanzen.net

Enttäuschung für Bausparer: Mit dem Segen des Bundesgerichtshofs (BGH) dürfen Bausparkassen auch weiterhin ältere Verträge mit hohen Zinszusagen einseitig kündigen. Was Bausparer jetzt tun können.

Die Bausparkassen können nach dem höchstrichterlichen Urteil aufatmen: Ihre Existenz bleibt erst einmal gesichert. Verlierer sind die Kunden, die zu einem Kostenfaktor degradiert wurden. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn das jüngste BGH-Urteil schadet dem einstmals gute Ruf des Bausparens und dürfte nicht ohne negative Folgen für die Branche bleiben.

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Das BGH-Urteil aus Karlsruhe

"Bausparverträge sind in der Regel zehn Jahre nach Zuteilung kündbar", urteilte der BGH und verhinderte damit, dass die unter dem derzeitigen Niedrigzinsumfeld leidende Bausparbranche in Existenznot gerät. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Ansparen nur dem Zweck diene, danach ein Bauspardarlehen zu erhalten. Während der Verband der privaten Bausparkassen das Urteil begrüßte, sieht hingegen Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg den Grundsatz der Vertragstreue schwer erschüttert.

Doch wie war es zu dem Rechtsstreit gekommen? Seit die Marktzinsen so niedrig sind, verzichteten viele Bausparer darauf, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Schließlich bekamen sie von normalen Banken günstigere Konditionen. Ihren Bausparvertrag haben sie daneben weiterhin bespart und profitierten damit von den garantierten Guthabenzinsen von oftmals drei oder vier Prozent.

Die Bausparkassen jedoch gerieten dadurch zunehmend in Bedrängnis und reagierten auf diese Entwicklung mit der massenhaften Kündigung von rund 260.000 Altverträgen. Anfänglich traf es nur solche Kunden, welche bereits die gesamte Bausparsumme angespart hatten. Doch dann folgte eine umstrittene zweite Kündigungswelle für solche Verträge, die schon seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren, deren Darlehen der Kunde also längst in Anspruch hätte nehmen können. Diese Praxis wurde nun vom BGH "im Regelfall" für rechtmäßig erklärt.

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Wie sollten sich Bausparer jetzt verhalten?

Aufgrund des BGH-Urteils müssen Bausparer weiterhin mit einer Kündigung rechnen, wenn sie das gewährte Darlehen nach zehn Jahren noch nicht abgerufen haben. Eine neue Kündigungswelle zeichnet sich nach Ansicht der Wüstenrot jedoch nicht ab. Schließlich wurde die Mehrheit solcher Verträge bereits gekündigt. Wer dennoch jetzt eine Kündigung erhält, dem rät die Verbraucherzentrale Hamburg, genau zu prüfen, ob die Bausparkasse tatsächlich im Recht ist. Immerhin gilt das BGH-Urteil nur für eine spezielle Fallkonstellation, denkbar sind in Abhängigkeit verschiedener Faktoren jedoch gleich sieben mögliche Konstellationen.

Wirklich eindeutig ist die Rechtslage also nur bei einigen wenigen Konstellationen: So ist eine Kündigung zum einen unwirksam, wenn ein Bausparvertrag noch nicht die Zuteilungsreife erlangt hat. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Bausparvertrag seit weniger als zehn Jahren zuteilungsreif und dabei die Bausparsumme noch nicht vollständig angespart ist. Erlaubt ist eine Kündigung hingegen, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif ist und die volle Bausparsumme allein durch Kundeneinzahlungen erreicht wurde.

Wurde ein Vertrag unrechtmäßig gekündigt, so sollten die Betroffenen schriftlich Widerspruch einlegen. Für den Fall, dass die Bausparkasse das Guthaben bereits zurücküberwiesen hat, darf - wenn ein Widerspruch geplant ist - dieses Geld keinesfalls ausgegeben werden, denn dies könnte so ausgelegt werden, dass die Zuteilung angenommen wurde oder dass der Vertrag vom Sparer gekündigt wurde.

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Ein schriftlicher Widerspruch sollte auch dann eingereicht werden, wenn man sich nicht sicher ist, ob die Kündigung unzulässig war oder eben nicht. Bei Unklarheit besteht übrigens auch die Möglichkeit, die Ombudsleute der Bausparkassen einzuschalten, die dann kostenlos schlichten. Ihr Urteil ist für die Bausparkassen bindend.

Andere Möglichkeiten, sich bei Unklarheit beraten zu lassen, bieten auch die Verbraucherzentralen oder Fachanwälte. Deren Dienstleistungen sind allerdings nicht kostenlos. Insbesondere ein Anwalt kann teuer werden und lohnt sich deshalb nur bei hohen Geldbeträgen.

Im Übrigen sollten nicht nur Bausparer tätig werden, die schon eine Kündigung erhalten haben. Auch wer noch keinen Streit mit seiner Bausparkasse hat, sollte überprüfen, ob nicht schon bald eine unerwünschte Kündigung ins Haus flattern könnte. Wer vorbeugt, kann oft verhindern, dass die vom BGH genannte Fallkonstellation bei ihm persönlich eintritt und erspart sich damit womöglich viel Ärger.

Redaktion finanzen.net

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