Projekte richtig entwickeln

Immobilien: Schnittstelle der Interessen

09.08.15 03:00 Uhr

Immobilien: Schnittstelle der Interessen | finanzen.net

Der Bedarf an Wohnraum steigt - und ebenso die Nachfrage nach Immobilien. Dabei sollte eine verantwortungsvolle Projektentwicklung eine wichtige Rolle spielen.

von Lothar Schubert, Gastautor in Euro am Sonntag

Städte wollen bauen und die Städte müssen bauen. Besonders im Bereich Wohnen, das den größten Anteil des Marktvolumens bei Immobilien ausmacht, ist die Nachfrage jedoch längst nicht abgedeckt. Die Investitionen im Segment Wohnraum aber werden zu rund 90 Prozent von privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen vorgenommen.

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Allein in diesem Jahr befinden sich in den sieben größten deutschen Metropolen Immobilien mit einem Flächenvolumen von 25,54 Millionen Quadratmetern in der Entwicklung bei einem Transaktionsvolumen von 112 Milliarden Euro. Laut einer aktuellen Studie der Bulwiengesa konnten die Projektentwicklungen wieder ein deutliches Plus von zwölf Prozent verzeichnen.

Dieses Wachstum im Bereich der Projektentwicklungen bedeutet auch, dass die Volumina je Projekt steigen. Aus der lange dominierenden Mononutzung wird heutzutage Nutzungsmischung. Und aus zum Beispiel 30 Millionen Euro Projektvolumen werden so 80 Millionen Euro. Aus Handelsnutzung wird Handel, Büro und Wohnen …

Da liegt es in der Natur der Sache, dass diese Aufgaben weiter reichende Herausforderungen für den Projektentwickler bedeuten als bisher. Bei der Steigerung der Quantität und der Anzahl der Nutzungsbausteine im Projekt darf die Qualität nicht auf der Strecke bleiben. Sie muss ganz im Gegenteil steigen, weil Schnittstellen und Skaleneffekte jede einzelne Projektentwicklung anspruchsvoller machen.

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Die Herausforderung für einen Projektentwickler besteht darin, während der Entwicklungsphase detailliert he­rauszufinden, was eine Stadt, ihre Bürger und Touristen wollen. Wie sind die Bedürfnisse der unterschiedlichen ­Anspruchsgruppen miteinander vereinbar? Und - das ist entscheidend für die Investoren - sind diese mit der aktuellen Marktnachfrage kompatibel?

Innerstädtische Entwicklungen stehen im Spannungsfeld dieser Faktoren. Mit einer eindimensionalen Denkweise "Grundstückskauf, architektonischer Entwurf, Hausbau und Verkauf" ist es nicht mehr getan: Die Erhaltung des Stadtbilds mit historischen Facetten, die Identifikation mit dem Ort spielen für Bewohner eine zentrale Rolle.

Ein ständiger Austausch mit der Stadt ist deshalb unerlässlich. Neben den Bürgerbelangen gilt es, wirtschaftliche und politische Einflussfaktoren zu berücksichtigen und zukünftige Tendenzen ­ abzuwägen. Die Erkenntnis, dass Städte sich im ständigen Wandel befinden, ist nicht neu. Umso mehr steht die nachhaltige Projektentwicklung im Fokus vieler Debatten, denn wir planen nicht die Städte von heute, sondern von morgen. Der Projektentwickler hat die Aufgabe, als Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft, Bewohnern und Touristen zu vermitteln, um aus Visionen Projekte werden zu lassen.

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Mittelstädte verstärkt im
Fokus der Entwickler

Begrenzte Kapazitäten, wie der Mangel an freien Flächen, die zur stetigen Verdichtung städtischer Räume führen, erschweren in Zukunft das Herausfiltern von Grundstücken mit Potenzial. Nach einer Studie des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen bevorzugt rund ein Drittel der zwischen 30- und 44-Jährigen eine Wohnung in der Innenstadt oder in Zen­trumsnähe. Der erhöhte Bedarf an Wohnraum und Einzelhandelsflächen durch die steigende Kaufkraft macht es unerlässlich Konzepte zu entwickeln, die im besten Fall der wachsenden Nachfrage aller Segmente gerecht werden. Heterogene Strukturen benötigen eine heterogene Entwicklung, und zwar nicht nur in den großen Metropolen. Gerade Mittelstädte müssen verstärkt in den Fokus des Entwicklers rücken, um das Potenzial zu erkennen und den qualitativen Erhalt städtischer Strukturen zu fördern.

Ein Patentrezept für Immobilien­projekte gibt es nicht, daher müssen bei jeder Planung erst einmal die Kunden eines zukünftigen Quartiers nicht nur als Kunden des Handels, sondern ganzheitlich als Kunden der Stadt gesehen werden, die ein weites Spektrum an Bedürfnissen mit sich bringen und den Projektentwickler zu dem machen, was er sein muss: Generalist und Generator der Stadtentwicklung.

Kurzvita

Lothar Schubert,
Geschäftsführer DC Commercial

Als ehemaliger Geschäftsführer der Strabag Projektentwicklung verfügt Lothar Schubert über rund 15 Jahre Erfahrung im Bereich der Projektentwicklung von Gewerbeimmobilien. Die in Hamburg ansässigen Immobiliengesellschaften DC Commercial und DC Residential sind Gesellschaften der Dahler & Company Group. Sie verantworten den Prozess der Immobilienentwicklung jeweils bis Fertigstellung der Gebäude und Einzug aller Nutzer. Aktuell verantworten die Gesellschaften gemeinsam ein Projektvolumen von 1,1 Milliarden Euro.

Bildquellen: Sergey Nivens / Shutterstock.com, DC Commercial