Steuern

Einspruch: Wenn der Fiskus für Beraterkosten haftet

aktualisiert 21.04.11 19:33 Uhr

Wer seinen Steuerbescheid anficht, braucht meist einen Steuerberater, doch dessen Rat ist teuer. Wie Steuerzahler die Kosten auf das Finanzamt abwälzen können.

von Sophie Brandt, €uro am Sonntag

So manch ein Steuerzahler hat das schon erlebt: Man hat Kosten, zum Beispiel für die Sanierung einer vermieteten Immobilie, das Finanzamt erkennt aber nur einen Teil an. Den Rest halten die Beamten für Herstellungskosten statt für Erhaltungsaufwand. Nun hilft nur noch ein Steuerberater, der Einspruch gegen den Bescheid des Finanzamts einlegt. Das kostet – so oder so. Auch wenn sich hinterher herausstellt, dass das Finanzamt falsch lag, will der Steuerberater Geld sehen.

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Auf die Frage, warum denn die Beraterkosten nicht erstattet werden, reagieren die Sachbearbeiter in den Finanzämtern fast immer gleich: Sie verweisen darauf, dass das Einspruchsverfahren doch kostenlos ist und man keinen Steuerberater gebraucht hätte. Darum gäbe es auch nichts zu erstatten. Für viele mag das wie blanker Hohn klingen, denn das deutsche Steuerrecht ist berühmt dafür, dass auch Fachleute bisweilen nicht genau wissen, was gilt und was nicht. Oft legen die Finanzbeamten noch nach und verweisen auf den Anwendungserlass für Paragraf 347 der Abgabenordnung (AEAO). Dort ist geregelt, wann ein Einspruch statthaft ist.

Keine Angst vorm Amtsschimmel
Steuerzahler sollten sich aber nicht von Paragrafen ins Bockshorn jagen lassen, sondern kontern: Amtshaftung heißt da das Zauberwort. Wenn sie ins Spiel kommt, muss der Fiskus sehr wohl die Steuerberaterkosten zahlen. Wie das geht, regeln Amtsverfügungen einiger Oberfinanzdirektionen (OFD). So stellte etwa die OFD Niedersachsen Mitte Februar fest, dass der Bearbeiter dazu entweder gegen einen eindeutigen Gesetzeswortlaut verstoßen muss, bekannte und gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht beachten, ein Gesetz offenbar falsch anwenden oder von Verordnungen, Richtlinien und anderen Verwaltungsanweisungen abweichen muss.


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Die Oberfinanzdirektionen nennen gleich mehrere Beispiele, auf die sich Betroffene berufen können: So verletzen Beamte bereits ihre Amtspflicht, wenn sie die in der Steuererklärung enthaltenen Einnahmen um Einnahmen aus einer Kontrollmitteilung erhöhen, ohne den Steuerzahler vorher anzuschreiben und zu befragen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die Einnahmen vom Steuerpflichtigen bereits erklärt waren und nun doppelt berücksichtigt werden. Oder es wird bei einer Änderung eines Steuerbescheids übersehen, dass die Festsetzungsfrist bereits angelaufen ist. Ist das so aus der Akte ersichtlich und der Steuerzahler geht gegen den Änderungsbescheid an, muss das Finanzamt gegebenenfalls zahlen. Das trifft auch bei anderen Fehlern zu, etwa wenn steuermindernde Ausgaben bei der Datenerfassung versehentlich nicht übernommen oder Einnahmen versehentlich doppelt angesetzt werden.

Wichtig:
Es muss ein Verschulden des Bearbeiters vorliegen. Das ist immer dann der Fall, wenn der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelt, wobei bereits leichte Fahrlässigkeit ausreichend sein soll. Leicht fahrlässig wäre es etwa, wenn sich beim Eingeben der Daten in den Rechner kleine Rechen- und Übertragungsfehler einschleichen. Fehler bei sogenannten Massenverfahren – wenn sich also für Tausende Steuerzahler gleichzeitig etwas ändert – bescheren den Finanzämtern regelmäßig einige Einsprüche und in der Folge auch Kosten.

Eher selten greift die Amtshaftung, wenn der Sachverhalt rechtlich gesehen nur falsch eingeordnet wurde. Solche Fehler sind in der Regel keine Amtspflichtverletzung. Zumindest dann nicht, wenn aus den Akten ersichtlich ist, dass der Fall sorgfältig geprüft wurde und die vom Bearbeiter vertretene Auffassung auch rechtlich vertretbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es zu einer Problematik verschiedene Rechtsauffassungen gibt und der Beamte sich für eine Auslegung entscheidet, die für den Steuerzahler eher ungünstig ist. Solche Fälle landen dann häufig bei den zuständigen Finanzgerichten oder beim Bundesfinanzhof, dessen Richter den Fall dann endgültig klären.

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Damit das Finanzamt zahlt, muss als weitere Voraussetzung die Kausalität gegeben sein. Das heißt im Klartext: Die Amtspflichtverletzung muss tatsächlich auch die Ursache für den finanziellen Schaden sein – der Grund also, für den der Steuerzahler einen Steuerberater bemüht hat.

Wer prüfen will, ob sein Finanzamt ihm die Kosten rückvergüten muss, sollte zunächst die Erstattung seiner Aufwendungen beim Finanzamt beantragen. Wird dieser Antrag – wie zu erwarten – zurückgewiesen, heißt es hartnäckig bleiben, begründen, warum die eigene Auffassung die richtige ist, und Versäumnisse und Fehler des Finanzamts aufführen. So wird die Oberfinanzdirektion oder die zuständige Finanzbehörde auf den Plan gerufen und den Sachverhalt überprüfen. Steuerberater Jürgen Nitsche aus Hamburg: „Ist ein Erstattungsantrag gut begründet, geht er meist auch durch und der Steuerzahler erhält sein Geld!“