Deutsche Wirtschaft wächst 2016 stärker als 2015

Die deutsche Wirtschaft hat im vergangenen Jahr stärker zugelegt als im Jahr 2015.
Die Wirtschaftsleistung (BIP) erhöhte sich im Vergleich zu 2015 preisbereinigt um 1,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag in Berlin mitteilte.
Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte haben damit das Wachstum richtig vorausgesagt. Im Jahr 2015 war die Wirtschaft um 1,7 Prozent gewachsen.
"Die konjunkturelle Lage in Deutschland war gekennzeichnet durch ein solides und stetiges Wirtschaftswachstum", sagte Destatis-Präsident Dieter Sarreither bei der Vorstellung der Zahlen. Erwirtschaftet wurde das Plus von allen Wirtschaftszweigen, wobei Bauwirtschaft und der Bereich Information und Kommunikation die stärksten Zugewinne erzielten.
ING-Volkswirt Carsten Brzeski sprach deshalb von Deutschland als "Insel des Glücks". Der größten Volkswirtschaft der Eurozone sei es gelungen, viele Tiefschläge zu verdauen. "Das Jahr 2017 wird wie das Jahr 2016 - nur mit etwas weniger von allem", meinte der Ökonom.
Konsum bleibt Anker des Wachstums
Treiber der Konjunktur war erneut der starke Konsum. Die privaten Konsumausgaben nahmen mit einem Plus von 2,0 Prozent genauso stark zu wie im Vorjahr. Deutlich ausgeweitet wurden wegen der Flüchtlingskrise die Konsumausgaben des Staates, die um 4,2 Prozent und damit um 1,5 Prozentpunkte stärker als 2015 kletterten. Damit leistete der Konsum mit 1,9 Prozentpunkten den stärksten Anteil am Wachstum. Nach Ansicht von KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner gibt es keinen Grund, dass sich daran viel ändert. "Die Binnennachfrage dürfte trotz etwas moderaterer Zuwächse solide aufwärts gerichtet bleiben", glaubt Zeuner.
Die Exporte, jahrelang Stütze der Konjunktur, nahmen nur um 2,5 Prozent zu, womit sich das Exportwachstum mehr als halbierte. Die Importe zogen mit 3,4 Prozent an und blieben damit unter dem Zuwachs aus dem vergangenen Jahr (plus 5,5 Prozent). Der Außenhandel leistete damit keinen Wachstumsbeitrag und bremste die BIP-Zunahme.
Investitionen in neue Maschinen flau
Achillesferse der deutschen Wirtschaft bleiben die Ausrüstungsinvestitionen in neue Maschinen und Produktionsanlagen, die nur um 1,7 Prozent stiegen. Im Jahr davor waren es immerhin 2 Prozentpunkte mehr. Die Bauinvestitionen lagen angetrieben von niedrigsten Zinsen hingegen um 3,1 Prozent über dem Vorjahr. Der Wachstumsbeitrag der Bruttoinvestitionen war mit 0,2 Prozentpunkten nur leicht positiv.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, sprach angesichts günstigster Finanzierungsbedingungen von ernüchternden Zahlen. "Die Politik muss dringend die Investitionsbedingungen verbessern, zum Beispiel durch eine Vereinfachung des komplexen Steuersystems und attraktivere Abschreibungsregelungen", verlangte der DIHK-Chef.
Volkswirt Stefan Große von der NordLB rechnet nicht mit einem Anziehen der Investitionen in den kommenden Monaten. "Aufgrund der anhaltend hohen politischen Unsicherheiten dürfte die Investitionszurückhaltung zunächst noch anhalten", sagte Große. Er prognostiziert für 2017 ein Wachstum von inflationsbereinigt 1,5 Prozent. Die Abschwächung dürfte auch daraus resultieren, dass das angebrochene Jahr weniger Arbeitstage hat als das alte.
Unternehmen müssen mehr für Arbeitskraft zahlen
Auch im vergangenen Jahr hat sich die Arbeit hierzulande wieder verteuert. Die Lohnstückkosten stiegen um 1,5 Prozent, während die Produktivität nur um 1,2 Prozent gesteigert wurde. Damit setzte sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Dennoch boomt der Arbeitsmarkt. Mit 43,5 Millionen Beschäftigten waren so viele Menschen in Lohn und Brot wie nie zuvor. Die Arbeitslosigkeit ist so gering wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.
Der deutsche Staat schloss das alte Jahr erneut mit einem Überschuss ab. Mit 19,2 Milliarden Euro blieb er aber unter dem Wert von 2015, als das Plus in der Staatskasse 20,9 Milliarden Euro betrug. Das Bundesfinanzministerium (BMF) legte am Vormittag seine Berechnungen für den Überschuss der Bundesebene vor, der sich auf 6,2 Milliarden Euro summierte. Destatis und das BMF verwenden unterschiedliche Berechnungsmethoden, weshalb sich die Ergebnisse unterscheiden können.
Deutsche Wirtschaft dürfte 2017 leicht an Tempo verlieren
Im neuen Jahr wird die deutsche Wirtschaft das robuste Wachstum aus 2016 aber wohl nicht wiederholen können. Die Konjunkturdeuter zeigten sich über das im abgelaufenen Jahr erreichte Wachstum von 1,9 Prozent zwar erfreut, der Blick nach vorne erkennt aber vor allem Risiken für die Konjunktur. Dazu zählen der nebulöse Kurs des kommenden US-Präsidenten Donald Trump sowie die Wahlen in Frankreich und den Niederlanden, bei denen Anti-EU-Politiker das Rennen machen könnten.
DJG/chg/apo Dow Jones Newswires
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