Warum es Prada und Burberry nach China zieht
Die Modemacher und Designer zieht es nach China. Luxus verkauft sich dort blendend. Eine Bestandsaufnahme zwischen Kommunisten, Kapital und Kuriosem.
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von Andreas Pilmes, €uro am Sonntag
Aller guten Dinge sind vier. Nach drei gescheiterten Anläufen wird es kommende Woche mit dem Börsengang von Prada aller Voraussicht nach klappen. 1,8 Milliarden Euro will Patrizio Bertelli, Vorstandsvorsitzender des Luxuslabels, dabei einsammeln. Doch dieser Börsengang bedeutet für ihn noch viel mehr als einen Haufen Geld: Für den als ebenso cholerisch wie sinnenfroh bekannten Bertelli schließt sich damit eine dicke Akte an Unerledigtem.
Denn Bertelli hat zwar aus einem kleinen Taschen- und Lederwarenproduzenten, den seine Frau Miucca Prada einst geerbt hatte, einen Konzern mit zwei Milliarden Euro Jahresumsatz gemacht, aber auf dem Weg dorthin hat er sich gelegentlich böse verfahren. Und seit nunmehr zehn Jahren sollte dieser Weg immer mal wieder über den Aktienmarkt führen.
Am 24. Juni dürfte endlich die Erstnotiz von Prada erfolgen – nicht daheim an der Börse in Mailand freilich, wo Ende des Monats Konkurrent Salvatore Ferragamo sein Debüt geben will. Sondern in Hongkong. Dort ist seit Donnerstag auch der Kofferproduzent Samsonite gelistet, und bald will es auch die Modemarke Burberry sein.
Eine Notierung in Hongkong und mithin in China, das ist für die europäisch geprägte Luxusindustrie offenbar der direkte Weg ins gelobte Land. Denn vor allem dank China herrscht Goldgräberstimmung unter den Produzenten von edlen Uhren, noblen Schuhen, teurem Schmuck und Taschen, die sich die Normalbürgerin lediglich als Imitat vom Adriastrand leisten kann. Auch die Analysten überschlagen sich mit Blick auf die Luxusbranche beinahe vor Zuversicht.
Der Weltmarkt für Luxusgüter wird dieses Jahr um acht Prozent auf 185 Milliarden Euro wachsen, kalkuliert die Unternehmensberatung Bain. Europa werde um sieben Prozent zulegen, China um 25. „Erstmals könnten die Umsätze der Region Greater China, wozu Hongkong, Macau und Taiwan zählen, das Volumen Japans übertreffen“, heißt es bei Bain dazu. Damit wäre ein kommunistischer Staat auf Platz 3 jener Länder, in denen die meisten Luxusartikel gekauft werden.
Dabei wird es nicht bleiben. Goldman Sachs prognostizierte in einer Studie vom März, dass sich der Weltmarkt bis 2025 mehr als verdoppeln werde. Um 600 Millionen neue Kunden werde er bis dahin reicher sein, allein 200 Millionen davon seien Chinesen. Bereits 2015 soll das Reich der Mitte vor den USA und Europa die globale Nummer 1 im Geschäft mit Edlem und Teurem sein. Und bis zum Jahr 2020 soll Chinas Anteil nach Ansicht des asiatischen Brokerhauses CLSA auf 44 Prozent ansteigen – von der Werkbank der Welt zur Weltmacht des Luxus. Zwar heißt es in den Grundsätzen, die Staatspräsident Hu Jintao 2006 für sein Volk formulierte: „Lebe einfach, arbeite hart, schwelge nicht in Luxus und Annehmlichkeiten.“ Das Volk schwelgt dennoch. Als Reaktion auf die klassenlose Gesellschaft, die ihm jahrzehntelang verordnet war.
Mit Luxusprodukten erkauft sich Chinas schnell wachsende Mittel- und Oberschicht – das sind jene, die ein Jahreseinkommen von mindestens 30.000 US-Dollar haben – Individualität. Und sozialen Status. Der steigt traditionell, je mehr teure Geschenke man von Auslandsreisen mitbringt. Das treibt die Chinesen in die noblen europäischen Shoppingadressen – sehr zur Freude all der Bulgaris, Chopards und Armanis. Auch in China selbst hat sich die europäische Luxusindustrie längst etabliert und verzeichnet enorme Wachstumsraten. Hermès etwa ist seit 1997 vor Ort, betreibt heute 19 eigene Geschäfte und verzeichnete zuletzt ein jährliches Umsatzplus von 100 Prozent.
Prada unterhält in China 15 Boutiquen, in Italien sind es nur neun. Dolce & Gabbana hat 26 Läden, will auf 41 aufstocken. Montblanc eröffnete unlängst den größten aller 400 Shops weltweit im Citic Building an Shanghais Nanjing Road.
Auf 66 flächendeckende Adressen allein in China bringt es Giorgio Armani. Die diversen Labels des Mailänder Modekönigs gelten als die begehrtesten im Land. Das bescherte ihm im vergangenen Jahr 36 Prozent Umsatzwachstum in China. Anders als Prada widersteht Armani seit Jahren den Lockrufen der Börse – bei 600 Millionen Euro liquiden Mitteln hat er sie im Gegensatz zur verschuldeten Konkurrenz auch nicht nötig.
Welches Gewicht der chinesische Markt in der globalisierten Welt inzwischen hat, zeigte sich, als die Pekinger Stadtverwaltung im Dezember 2010 beschloss, nur noch eine bestimmte Anzahl an Autokennzeichen auszugeben. Postwendend knickten hierzulande die Kurse der deutschen Autohersteller ein.
Aktien aus dem Luxussegment reagieren erfahrungsgemäß noch sensibler auf politische Entscheidungen oder Verwerfungen. Das sind die wesentlichen Risiken, die dem chinesischen Luxusmarkt drohen könnten. Oder eben ein neuerlicher globaler Konjunktureinbruch.
Ihr Stück von der Reistorte hätten auch gern deutsche Luxusfirmen aus der zweiten und dritten Reihe. Doch einfach mal hinfliegen und sich in einer Shopping-Mall einmieten, das funktioniert nicht. „Chinas überbordende Bürokratie macht einen Markteintritt schwer und teuer“, weiß Petra-Anna Herhoffer, die das Beratungsunternehmen Inlux – Institut für Luxus in München leitet. „Daher droht der Boom an vielen deutschen Unternehmen vorbeizuziehen. Sie sehen zwar die immensen Chancen, die China bietet, scheuen aber noch das Risiko.“
Zu den wenigen, die es geschafft haben, zählt etwa die nicht börsennotierte Pforzheimer Schmuckmanufaktur Wellendorf, die im Mai eine Boutique in Peking eröffnete. Der Schmuck wird freilich weiterhin in Deutschland gefertigt. Das gilt längst nicht für alle Luxuslabels, obwohl kaum einer offen zugibt, dass er in China produziert. Schließlich haftet Produkten aus dem Reich der Mitte immer noch der Ruch des Ramschs an. So ist das Land mit seinem Luxusmarkt zu einem Musterbeispiel der Globalisierung geworden – und demonstriert gleichzeitig Paradoxes.
Etliche der vermeintlich europäischen Waren, die in den Auslagen der noblen Geschäfte in Peking oder Shanghai liegen, sind im Inland gefertigt. Drei von vier chinesischen Textilfabriken hätten sich inzwischen auf die Herstellung von Luxuswaren spezialisiert, heißt es. Angesichts der unvergleichlich günstigeren Produktionskosten erscheint die Behauptung nicht so abwegig. Bei Handtaschen etwa liegt der Profit beim Zehn- bis Zwölffachen der Herstellungskosten, Louis Vuitton soll es gar auf das 13-Fache bringen.
Die meisten Käufer dieser Taschen sind jedenfalls schon heute Chinesen – 28 Prozent. Bei Swatch mit den Nobelmarken Glashütte, Rado und Omega sind es 25 Prozent, bei Richemont, wozu Cartier, Piaget und Montblanc gehören, gut 20 Prozent. Tendenz steigend. Natürlich ist das alles bereits in den Aktienkursen der einschlägigen Konzerne verarbeitet. Dennoch weisen die Goldman-Sachs-Analysten in ihrer Studie eindringlich auf eine Tatsache hin: „China hat gerade erst angefangen, Luxus zu kaufen.“
Investor-Info
Prada
Teuer wie die Mode
Taschen, Schuhe, Kleidung – in der Modewelt zählt Prada zu den absoluten Topmarken, was Design, Qualität, Exklusivität und auch den Preis betrifft. Billig machen es die Italiener auch an der Börse nicht: Die Preisvorstellungen für die Prada-Aktie, die am 24. Juni erstmals an der Börse von Hongkong notiert wird, sind hochambitioniert. 423 Millionen Papiere und damit 16,5 Prozent des Familienunternehmens kommen an den Aktienmarkt. Der Höchstpreis von 48 Hongkong-Dollar entspricht einem KGV von 28. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert für Luxusartikler beträgt 20. Das ist auch angesichts von Pradas 31-prozentiger Umsatzsteigerung und einer Gewinnverdopplung auf 250,8 Millionen Euro im vergangenen Jahr ein Pfund. Mit dem Erlös aus dem Börsengang soll in erster Linie das Wachstum in Asien beschleunigt werden.
Burberry
Nicht der billige Jakob
Wie Prada strebt auch Burberry bis Ende des Monats eine Börsennotierung in Hongkong an. Allerdings nur als Zweitlisting, denn die Aktie ist bereits in London und Frankfurt handelbar. Und zu einem etwas moderateren Preis. Ein Schnäppchen ist das Papier aber auch nicht. Das KGV von rund 20 fürs laufende Geschäftsjahr liegt etwa auf dem Niveau der Luxuskonzerne LVMH und Richemont, die jedoch deutlich größer sind als die Briten.
Samsonite
Schwerer Koffer
Luxus – nun ja. Was Samsonite bietet, ist eher gehobene Qualität. Bezogen auf die Aktie allerdings zum Luxuspreis. Der Ausgabekurs von 14,50 Hongkong-Dollar entsprach einem KGV von etwa 18. Das motivierte weder Chinesen noch andere Investoren, dem Kofferhersteller die Aktien aus den Händen zu reißen. Der Börsenstart in Hongkong verlief für die Luxemburger holprig, teilweise war von einem Debakel die Rede. In der Spitze sackte die Aktie am ersten Handelstag auf unter 13 Hongkong-Dollar ab, obwohl sie im Vorfeld deutlich überzeichnet war. Wirklich günstig bewertet ist sie aber auch auf dem ermäßigten Niveau nicht. Der DAX, der aus 30 Unternehmen mit langjähriger Börsenhistorie besteht, bringt es gerade mal auf ein durchschnittliches KGV von elf. Im Vergleich dazu ist Samsonite um 50 Prozent überteuert.
LVMH
Der Klassiker
Mit Louis Vuitton, Moët, Hennessy und vielen weiteren bekannten Namen hat der französische Konzern LVMH ein breites Markenportfolio und sollte langfristig am stärksten vom steigenden Statusbewusstsein in China und anderen aufstrebenden Nationen profitieren. Die happige Bewertung ist durch die herausragenden Wachstumsperspektive gerechtfertigt.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Nachrichten zu LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton S.A.
Analysen zu LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton S.A.
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28.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Outperform | Bernstein Research | |
28.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Halten | DZ BANK | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Hold | Deutsche Bank AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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28.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Outperform | Bernstein Research | |
28.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Buy | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
09.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Outperform | Bernstein Research | |
08.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Outperform | Bernstein Research | |
01.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Buy | Goldman Sachs Group Inc. |
Datum | Rating | Analyst | |
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25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Halten | DZ BANK | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Neutral | JP Morgan Chase & Co. | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Hold | Deutsche Bank AG | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Hold | Jefferies & Company Inc. | |
25.07.2025 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Neutral | UBS AG |
Datum | Rating | Analyst | |
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30.06.2015 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Underperform | Merrill Lynch & Co., Inc. | |
29.01.2015 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton Underperform | Credit Suisse Group | |
26.02.2014 | LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton verkaufen | Credit Suisse Group | |
04.08.2009 | LVMH verkaufen | Hamburger Sparkasse AG (Haspa) | |
28.07.2009 | LVMH reduzieren | Independent Research GmbH |
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