MARKT-AUSBLICK/Auch mal zufrieden sein - Defensive statt KI
DOW JONES--Mit einem ruhigen Jahresabschluss rechnen Händler für die letzten Handelstage des Jahres. Die kommenden zwei Wochen sind an den meisten Börsenplätzen der Welt nur halbe Wochen, durchsetzt von Feier-, Brücken- und verkürzten Handelstagen. Händler gehen davon aus, dass bestenfalls noch am Montag und Dienstag vor Heiligabend ein halbwegs liquider Handel stattfinden wird. Erst in der Woche ab dem 5. Januar 2026 wird mit der Wiederaufnahme des professionellen Handels gerechnet.
Bei institutionellen Investoren geht es bis zum Jahresende nur noch darum, die hohen Kurse auch ins Ziel zu bringen. Zum wichtigsten Bilanzstichtag des Jahres sollten keine Dellen mehr ins Portfolio gefahren werden. Schließlich ist der Dezember-Schluss nicht nur für die eigenen Boni wichtig, sondern wirkt auch noch Monate lang als Marketing Tool und Beweis für den Fondserfolg nach. Entsprechend dürften nun nur noch die Risikomanager das Sagen haben.
Zwar werden Trader auch zwischen den Jahren auf neue Nachrichten handeln, dies dürfte aber meist nur für kurzfristige Volatilität sorgen.
Gutes Jahr für den DAX - Nicht ganz verdient
Insgesamt müssen Anleger mit dem Jahr 2025 zufrieden sein - auch wenn es im DAX seit dem Frühjahr nur noch seitwärts ging und eine Weihnachtsrally anscheinend ausfällt, wurden rund 20 Prozent Plus eingefahren. Denn allein dass sich der DAX angesichts der schlechten Konjunkturdaten aus Deutschland so lange oben halten konnte, war schon eine Meisterleistung.
Oft war im Handel zu hören, ein DAX um 21.000 Punkte wäre angemessener gewesen. Lediglich die Hoffnung auf irgendwann sichtbare Erfolge des deutschen Fiskalpakets verhinderten, dass sich Anleger in großem Stil von Aktien trennten. Das Auf und Ab beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) ließ die meisten Börsen Europas mangels von Vergleichsunternehmen ohnehin kalt: Nach oben war man bei der Rally nicht dabei, beim aktuellen Luftherauslassen aus der Bewertungsblase ist man es dann eben auch nicht.
Modethema "KI" wird von der marktbreiten Börse isoliert
Gerade in der abgelaufenen Woche wurde gelobt, dass es den Börsen scheinbar gelingt, das KI-Thema vom breiten Markt komplett zu isolieren. Das macht Hoffnung, dass ein börsenweiter Crash vermieden werden kann, wenn es dort weiter abwärts geht. Denn noch gibt es keine Zeichen dafür, dass die Multimilliarden-Investionen der Hyperscaler jemals Früchte tragen werden.
Zahlende Kunden gibt es weiter zuwenig, der angeblich messbare Erfolg durch Nutzung auf "User"-Seite entsteht oft durch aufgezwungene Bündelung von Dienstleistungen. So wie Copilot von Microsoft in sämtliche Office-Anwendungen gedrückt oder normale Google-Abfragen sofort zur Gemini-Nutzung umformatiert wird. In 2026 dürften die Börsen hier immer skeptischer werden, wie schon die Reaktionen auf den Datencenter-Vermieter Fermi und Oracle zeigten.
Defensive Branchen könnten wieder entdeckt werden
Folgt man den Strategen der Bank of America, dürfte 2026 ein Jahr werden, in dem Anleger das KI-Thema sogar fast ignorieren könnten. Denn sie raten zu Sicherheit und empfehlen daher die lange vernachlässigten defensiven Branchen als Anlagefavoriten. So wie Versorger, Konsum- und Telekomwerte. Diese Vorsicht wird untermauert von ihrer jüngsten Fund Manager Survey, die ein Heisslaufen der Erwartungen feststellte. Die Umfrage war die bullishste in dreieinhalb Jahren, der Cash-Bestand der Fonds ist auf ein Rekordtief von 3,3 Prozent geschmolzen und ihr BoA Bull & Bear Indicator steht nur noch kurz vor einem "Sell"-Signal.
Gerade mit den Zins-Entscheidungen und vor allem den Zins-Ausblicken von Europäischer Zentralbank (EZB) und US-Notenbank als Orientierungsmarken im Rücken gibt es für Anleger wenig Gründe, hektisch an den Börsen aktiv zu werden. Auch sollten Entwicklungen rund um den Ukraine-Krieg und Venezuela abgewartet werden. Ein neues, brandheisses Anlagethema nach KI steht noch nicht vor der Tür.
Mit einem halben Auge kann noch auf Wirtschaftsdaten geblickt werden. Vor allem in den USA läuft weiter eine Kombination aus nachgeholten und neuen Daten auf. So am Dienstag das US-BIP zum dritten Quartal, Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter für Oktober, sowie das US-Verbrauchervertrauen für Dezember.
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December 19, 2025 05:35 ET (10:35 GMT)