Dialog Semiconductor: Vor einer großen Schwelle

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Ein Meilenstein in der Firmengeschichte: 2014 dürfte der Chipentwickler Dialog Semiconductor erstmals mehr als eine Milliarde Dollar umgesetzt haben. Die Produkte der Firma aus dem schwäbischen Kirchheim unter Teck sind wegen ihrer besonderen Qualitäten inzwischen unverzichtbar für führende Hersteller von Smartphones und Tablets. Auch an der Börse ist der Chipentwickler gefragt: ­Dialog war 2014 mit deutlichem Abstand der beste Wert im HDAX, dem Index der 110 wichtigsten deutschen Aktien.

Der Erfolg ist eng mit Vorstandschef Jalal Bagherli verbunden. Als der in Großbritannien aufgewachsene Iraner vor fast zehn Jahren nach Kirchheim kam, stand die Firma kurz vor der Pleite. Bagherli, der zuvor bei Schwergewichten der globalen Technologiebranche wie Texas Instruments und Sony gearbeitet hat, wählte London als neue Heimatbörse für die Firma aus der deutschen Provinz. So konnte der Manager mit großzügigen Aktienoptionen Top-Leute überzeugen, für die zu der Zeit noch wenig bekannte Firma zu arbeiten.

Die wegen der Aktienoptionen damals heftig kritisierte Strategie hat sich durch den Erfolg der Firma inzwischen für alle ausgezahlt. Die Halbleiter von Dialog sorgen dafür, dass Strom in mobilen Geräten wie Tablets und Smartphones effizient genutzt wird. Wenn es also darum geht, die Akkuleistung bei der wachsenden Leistungsfähigkeit der Geräte kon­stant zu halten, setzen Konzerne wie Apple und Samsung auf die elektronischen Bausteine von Dialog. Um seine Firma von Beginn an fit für den Verdrängungswettbewerb unter Chiplieferanten zu machen, lagerte Bagherli die Fertigung der Halbleiter sehr früh an asiatische Spezialisten aus. Inzwischen ist das Standard in der Industrie.

Mittlerweile werden Energiemanagementchips von Dialog in alle iPhone- und iPad-Modelle von Apple eingebaut - Branchengerüchten zufolge auch in die Apple Watch, die im Frühjahr auf den Markt kommen soll. Damit beschert der Technologieriese aus dem kalifornischen Cupertino Dialog nach Schätzungen von Analysten mehr als zwei Drittel des Umsatzes und des Gewinns.

Starkes Wachstum
Mit Blick auf ein gutes Weihnachtgeschäft bei Apple und den absehbaren Hype im Vorfeld der Apple-Watch-Präsentation sollte sich der Höhenflug der Dialog-Aktien fortsetzen. Das vierte Quartal 2014 sollten die Schwaben nach Einschätzung von Bankhaus-Lampe-Analyst Karsten Iltgen "mindestens am obersten Ende der firmeneigenen Pro­gnosen" abgeschlossen haben. Bagherli hatte Ende Oktober 390 bis 430 Millionen Dollar Umsatz bei einer im Vergleich zu den ersten neun Monaten konstant hohen Bruttomarge von 43 Prozent in Aussicht gestellt. Der Gewinnzuwachs im dritten Quartal lag knapp ein Fünftel höher als von Analysten geschätzt.

Für das Gesamtjahr 2014 werden 915 Millionen Euro Umsatz erwartet, dieses Jahr soll es gut eine Milliarde sein. Der Gewinn dürfte 2014 um knapp 40 Prozent gestiegen sein. Die erwarteten jährlichen Gewinnzuwächse bis 2016 sind mit jeweils rund 25 Prozent ebenfalls stark. Gemessen daran ist das Kurs-­Gewinn-Verhältnis der Aktie günstig.

Bagherli will Dialog breiter aufstellen. Die Fusion mit dem ebenbürtigen Sensorspezialisten AMS hätte seine Firma einen großen Schritt nach vorn ­gebracht. Der Elektroingenieur ließ die Fusion ­jedoch wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen platzen. An der Börse wurde auch das mit Kursaufschlägen ­belohnt. Der Chipentwickler iWatt, den Dialog 2013 übernommen hatte, ist inzwischen integriert. iWatt entwickelt Chips, die für das schnelle Laden mobiler Geräte sorgen. Den komplementären Baustein in Smartphones oder Tablets liefert Dialog. Der Markt für die sogenannten Fast-Charging-Lösungen wird auf deutlich über 500 Millionen Dollar geschätzt. Mindestens ein Fünftel davon dürfte langfristig an Dialog gehen. Die Milliardenmarke beim Jahresumsatz ist für Dialog schließlich nur eine Zwischenstation.