Der Stellenaufbau in den USA hat sich im September überraschend abgeschwächt. Und auch in den beiden Vormonaten haben die US-Firmen nicht so viele Stellen geschaffen wie zunächst berichtet.
Die von der Federal Reserve eigentlich angesteuerte Zinserhöhung bis Jahresende wird damit zusehends weniger wahrscheinlich. Wie das US-Arbeitsministerium berichtete, stieg im September die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft nur um 142.000, während von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte einen Stellenzuwachs um 200.000 erwartet hatten.
Zugleich wurden die Angaben für die beiden Vormonate nach unten korrigiert: Das Ministerium meldete für August nun ein Stellenplus von 136.000, nachdem zunächst ein Anstieg um 173.000 gemeldet worden war. Auch für den Juli wurde die Zahl nach unten revidiert, auf ein Plus von 223.000 Jobs, nach bislang gemeldeten 245.000 Stellen. Die separat erhobene Arbeitslosenquote verharrte im September - wie von Ökonomen erwartet - bei 5,1 Prozent. Für diese Statistik werden private Haushalte befragt, für die Beschäftigtenzahl hingegen Unternehmen und Behörden. Die durchschnittlichen US-Stundenlöhne sanken den weiteren Angaben zufolge um 0,01
Dollar auf 25,09 Dollar. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sank im Vergleich zum Vormonat um 0,1 auf 34,5 Stunden.
Die Fed tastet sich zurzeit vorsichtig an eine Straffung der Geldpolitik im Laufe dieses Jahres heran. Neben der
Inflation blickt sie dabei vor allem auf den Arbeitsmarkt. Die Fed, mit Chefin Janet Yellen an der Spitze, hat den Märkten eine Zinserhöhung bis Jahresende signalisiert, doch die nun zutage tretende Abschwächung am Arbeitsmarkt könnte die Währungshüter wieder ins Grübeln bringen. "Das ist ein klarer Dämpfer für die Zinserhöhungsabsicht, die Yellen zuletzt geäußert hat", urteilte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. "Die Datenlage wird aus Sicht der Fed nicht mehr besser. Die Fed hat im September eine gute Gelegenheit verpasst, die Zinsen zu erhöhen." Der Experte rechnet erst für das erste Quartal 2016 mit einer Leitzinserhöhung. Auch an den Finanzmärkten wurde eine baldige Zinserhöhung umgehend ausgepreist: Die von den Fed-Funds-Futures implizierte Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Dezember sank auf 27 Prozent von 42 Prozent am Vortag. Die für Oktober ohnehin nur gering eingepreiste Chance ging noch weiter zurück, nämlich auf 5 Prozent von 12 Prozent.
Die Untätigkeit der Fed setzt unterdessen die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck, ihre Geldpolitik schon bald noch stärker zu lockern. Denn solange die erwartete Straffung der US-Geldpolitik auf die lange Bank geschoben wird, wertet der Euro gegenüber dem Dollar auf, was von der EZB nicht gewünscht sein kann. An den Devisenmärkten war das sofort zu beobachten: Der Dollar fiel um rund 1 Prozent gegenüber der Gemeinschaftswährung. Auch gegenüber dem
Yen büßte der Greenback etwa 0,7 Prozent ein. Der
Goldpreis kletterte dagegen angesichts der flauen Wirtschaftsaussichten um rund 1,7 Prozent. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe, hat den Glauben an eine Zinserhöhung noch nicht ganz aufgegeben. "Das aktuelle Zahlenmaterial für sich genommen spricht gegen eine Zinserhöhung im laufenden Jahr. Bis Dezember ist aber noch etwas Zeit. Bessern sich die Daten wieder, wird die Fed reagieren", meinte er. "Sollten allerdings im Oktober die US-Konjunkturdaten weiter zur Schwäche neigen, fährt der Zug für eine Zinserhöhung im laufenden Jahr langsam, aber sicher ab." Das Hin und Her der US-Notenbank in den vergangenen Wochen sei keine gelungene Kommunikation gewesen. WASHINGTON (Dow Jones)