Altersvorsorge

Welche Regeln bei der betrieblichen Altersversorgung gelten

19.09.10 06:00 Uhr

Mit einer Zusatzrente vom Chef kann man weiteres Geld fürs Alter zurücklegen. Euro am Sonntag sagt, welche Regeln hier gelten und was sich verbessert hat.

von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag

Betriebliche Altersversorgung (bAV) hat bei den Deutschen einen hohen Stellenwert: 67 Prozent sehen darin eine gute Ergänzung zur gesetzlichen Rente. Das ergab jüngst eine Trendumfrage des Immobilienportals Planethome. Die bAV rangiert damit noch vor der privaten Renten- oder Lebensversicherung, die lediglich 61 Prozent als gute Ergänzung sehen. Noch besser schneidet mit 86 Prozent nur die selbst genutzte Immobilie ab.

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Die bAV als zweite Säule der Alterssicherung gibt es bereits seit über 30 Jahren als zusätzliche freiwillige Leistung des jeweiligen Unternehmens für die eigenen Mitarbeiter. Seit 2002 können auch Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber keine bAV-Lösungen anbietet, selbst aktiv werden: Sie haben einen Rechtsanspruch darauf, über die sogenannte Entgeltumwandlung einen Teil ihres Gehalts oder Gratifikationen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld für die bAV verwenden zu können. Der Anspruch gilt für alle pflichtversicherten Arbeitnehmer, also auch für solche mit Teilzeitjob oder für geringfügig Beschäftigte.

Betriebliche Altersvorsorge lässt sich auf fünf Wegen realisieren. Am häufigsten ist nach Angaben des Deutschen Instituts für Altersvorsorge mit 56 Prozent die Direktzusage. Hier garantiert der Arbeitgeber per Vertrag die Zahlung einer bestimmten Versorgungsleistung im Ruhestand. Die Beiträge können völlig frei investiert werden, da es keine Anlagevorschriften gibt.

Auf Platz 2 und 3 der Durchführungswege folgen Pensionskasse und Direktversicherung mit 23 beziehungsweise elf Prozent. Bei beiden schließt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für den Arbeitnehmer eine Lebensversicherung ab. Der Unterschied: Die Pensionskasse ist eine selbstständige Versorgungseinrichtung, die von einem oder mehreren Trägerunternehmen gegründet worden ist, während die Direktversicherung über ein Versicherungsunternehmen abgewickelt wird. Für beide gelten die gleichen Anlage- und Aufsichtsvorschriften.

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Mit einem Anteil von neun Prozent rangiert die Unterstützungskasse auf Platz 4. Sie ist eine rechtlich selbstständige Versorgungseinrichtung, die die betriebliche Altersvorsorge im Auftrag für Unternehmen durchführt. Sie unterliegt weder der staatlichen Aufsicht noch den Anlagevorschriften der Versicherungswirtschaft. Der Pensionsfonds als fünfter Durchführungsweg spielt bisher keine große Rolle. Er ähnelt der Pensionskasse, ist jedoch wesentlich flexibler in der Anlage. So können die Beiträge komplett in Aktien investiert werden. Jedoch hat der Arbeitnehmer nur einen Rechtsanspruch auf die eingezahlten Beiträge.

Eine Verpflichtung des Chefs, sich finanziell an der bAV zu beteiligen, besteht nicht – es sei denn, Tarifverträge machen hier verbindliche Vorgaben. Jedoch kann der Arbeitgeber den von ihm angebotenen Durchführungsweg frei wählen. Tut er dies nicht, hat der Beschäftigte Anspruch auf eine Direktversicherung.

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Wer sich für Entgeltumwandlung entscheidet, muss einen Jahresmindestbetrag leisten. Dieser beträgt ein Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach Paragraf 18 Absatz 1 des Vierten Sozialgesetzbuchs. Die Bezugsgröße liegt 2010 bei 30 660 Euro, der Mindestbeitrag beläuft sich damit auf 191,63 Euro. Der Höchstbetrag, der umgewandelt werden kann, liegt bei vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. 2010 sind das vier Prozent von 66 000 Euro oder 2640 Euro.

Ein wichtiges Thema ist die Frage, was bei Kündigung oder Insolvenz mit den gezahlten Beiträgen passiert. Im Fachjargon: Wie ist die Verfallbarkeit der Ansprüche geregelt? Zahlt der Chef für die bAV, verfallen Anwartschaften erst nach fünf Jahren im gleichen Betrieb nicht mehr. Zudem gilt eine Mindestaltersgrenze von 25 Jahren. Bei der Entgeltumwandlung – also wenn der Beschäftigte Teile des eigenen Lohns umwandelt – ist die Anwartschaft unverfallbar und der Beschäftigte hat ein sofortiges Bezugsrecht. Scheidet er aus dem Unternehmen aus, hat er das Recht, den Vertrag selbst fortzuführen. Die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft richtet sich danach, wie lange die Versorgungszusage besteht beziehungsweise wie viel Kapital gebildet wurde.

Bis Ende 2004 waren beim Jobwechsel frühere Ansprüche meist verloren. Seit Januar 2005 gibt es die Möglichkeit, diese zur neuen Firma mitzunehmen: Bei einer bAV-Lösung über eine Pensionskasse oder Direktversicherung kann der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres von seinem Exchef verlangen, dass die erworbene Anwartschaft auf den neuen Arbeitgeber übertragen wird. Die maximale Höhe der übertragenen Anwartschaft richtet sich wieder nach der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Das sind 2010 66 000 Euro.

„Um die Portabilität – also die Übertragung – unverfallbarer Ansprüche von ausscheidenden Mitarbeitern auch bei Pensionsfonds zu erleichtern, wurde das bestehende Übertragungsabkommen für Pensionskassen und Direktversicherungen um Pensionsfonds erweitert“, erläutert Andreas Buttler, Gesellschafter- Geschäftsführer des bAV-Beratungsunternehmens febs Consulting. Demnach kann ein ausscheidender Mitarbeiter künftig sein Versorgungskapital von einem dieser drei Durchführungswege in einen anderen der drei Wege beim neuen Chef transferieren.

Bei der Insolvenzsicherung hat der Gesetzgeber ebenfalls nachgebessert. „Mit dem Flexi-Änderungsgesetz hat der Arbeitnehmer eine höhere Sicherheit im Insolvenzfall bekommen“, sagt Frank Hofmann, Leiter zentrale Stabsabteilung bAV bei der Allianz Leben. „Es schreibt vor, dass der Werterhalt des eingezahlten Kapitals zum Freistellungszeitpunkt gewährleistet ist.“

Zusatz-Info: bAV und Abgaben

Beiträge für Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen sind bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei (2010: 2640 €). Für neue Versorgungszusagen ab 2005 sogar 1800 € mehr. Bis zu 2640 € sind zudem sozialabgabenfrei. Leistungen aus dieser geförderten bAV müssen dafür bei Auszahlung komplett versteuert werden (nachgelagerte Besteuerung). Leistungen, die auf pauschal besteuerten Beiträgen be-ruhen, sind bei Auszahlung mit dem Ertragsanteil zu versteuern.