Euro am Sonntag-Meinung

Immobilien: Rendite trotz Restriktionen

18.02.17 15:00 Uhr

Immobilien: Rendite trotz Restriktionen | finanzen.net

Auch Mietpreisbremse und Milieuschutz ändern nichts an der Attraktivität von Immobilieninvestments in deutschen Metropolen. Und selbst steigenden Zinsen wird der Wert von Betongold noch lange trotzen können.

von Jost Paffrath, Gastautor von €uro am Sonntag

Vollkommene Märkte sind so selten, dass eine freie Preisbildung schon als Wunschvorstellung weniger Ökonomen gilt. Die wirtschaftliche Realität heißt Regulierung, ob sie nun als Richtlinie, Verordnung, Subvention oder poli­tisches Glaubensbekenntnis daherkommt. Aber lässt sich das Gesetz von Angebot und Nachfrage wirklich ausschalten? Oder werden mögliche Erträge nur verlagert - auf einen späteren Zeitpunkt oder einen anderen Akteur? Ein gutes Beispiel dafür, dass Regulierung in die Marktmechanismen zwar eingreifen, diese aber nicht wirklich aushebeln kann, zeigt sich derzeit am deutschen Wohnungsmarkt.

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In den Metropolen steigen die Preise, obwohl der Gesetzgeber alles Erdenkliche tut, um wenigstens die Mieten zu ­deckeln. Das Ziel der meisten Parteien, bezahlbare Mieten für möglichst breite Wählerschichten zu sichern, ist sicher auch ein Grund, dass die Mieten in den deutschen Metropolen jüngst langsamer zulegten als die Preise. Ein anderer sind die im Vergleich zu den Wohnungspreisen langsamer steigenden Einkommen. Anleger müssen sich deshalb nicht selten mit einer Bruttomietrendite von um die zwei Prozent begnügen. Dabei gilt: je höher der Regulierungsdruck, desto geringer die Mietrendite.

Alle politischen Maßnahmen
ändern die Nachfrage nicht

So war Berlin nicht nur das erste Land, in dem die Mietpreisbremse flächendeckend eingeführt worden ist; Berlin ist auch eine Stadt, die besonders exzessiv von der Milieuschutzregelung des Baugesetzbuchs (Paragraf 172) Gebrauch macht. Vor allem in den ehemaligen Szenestadtteilen werden die Aufteilung in Eigentumswohnungen und viele Baumaßnahmen mit der Begründung untersagt, dass eine damit einhergehende Modernisierung mit einer Aufwertung und einer beschleunigten Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung einhergehen würde. Im Ergebnis liegen die Mieterträge nicht selten bei 1,5 bis 1,7 Prozent.

Der Milieuschutz ändert aber nichts am Zuzug junger Akademiker und der nachhaltig hohen Wohnungsnachfrage. Da das Angebot an Miet- und Eigentumswohnungen jedoch nicht wächst, sorgen Mietpreisbremse und Milieuschutz letztlich dafür, dass die Preise für bezugsfähige Eigentumswohnungen in den stark regulierten Lagen überproportional steigen. In Berlin liegt der Preisabstand zwischen vermieteten und freien Wohnungen bei etwa 20 Prozent. Bei Gründerzeitaltbauten in den Szenequartieren von Neukölln, Kreuzberg, Friedrichshain zum Teil deutlich darüber. Und bei sanierten Wohnungen liegt der Zuschlag bei über 50 Prozent.

Für die Käufer vermieteter Wohnungen heißt dies: Wenn die staatlichen ­Restriktionen heute ihr Investitions­ergebnis beeinträchtigen, führen sie nicht zwangsläufig zu einer geringeren Gesamtrendite. Im Gegenteil. Die vergleichsweise hohen Preise für freie Wohnungen und die Tatsache, dass ein Mieter aufgrund der natürlichen Fluktuation im Schnitt nach etwa zehn Jahren auszieht, machen bereits aufgeteilte vermietete Wohnungen in Großstädten zu einer attraktiven Vermögensanlage.
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Denn die entscheidenden Erträge werden beim Verkauf einer dann wahrscheinlich leeren und sanierten Wohnung erzielt. Und der Verkauf einer nicht selbst genutzten Immobilie ist zehn Jahre nach Kauf steuerfrei. Auf der anderen Seite können eventuelle Verluste aus Vermietung und Verpachtung die Einkommensteuerlast senken, sodass geringe Mietrenditen für Menschen mit mittleren und hohen Ein­kommen nicht zwingend ein Kauf­hindernis sind.

Dabei dürften die Finanzierungskosten aktuell kaum zu steuerlichen Verlusten führen. Zinsen auf den Kauf von vermieteten Wohnungen sind zwar steuerlich anrechenbar, liegen aber heute in der Regel unter der Mietrendite. So lohnt es sich heute immer noch, vermietete Wohnungen mit einem hohen Darlehensanteil zu kaufen. Angesichts eines möglichen Zinsänderungsrisikos sollte dabei die Zinsbindung auf zehn Jahre und länger festgeschrieben sein. Denn nur solange die Rendite einer als Kapitalanlage gekauften Wohnung über dem Fremdkapitalzins liegt, profitieren die Käufer vom sogenannten Leverage- Effekt. Dieser beschreibt die Hebelwirkung des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalrentabilität. Idealerweise deckt dann die Nettomiete die Sollzinsen des Darlehens ab. Die Tilgung des Darlehens ist wie ein Sparplan auf eine Anlage mit langfristig positiver Wertentwicklung zu sehen.

Bei konstant hoher beziehungsweise wachsender Nachfrage werden die Preise für bezugsfreie Bestandswohnungen in Städten mit Milieuschutz­satzungen und Mietpreisbremse in den kommenden Jahren mindestens ebenso schnell steigen wie der Neubau. In Berlin werden hier für die kommenden zwei Jahre etwa zehn Prozent prognostiziert. In den darauf folgenden Jahren ist mit einem Abflachen der Preissteigerungskurve zu rechnen. Für eventuelle Preisrückgänge gibt es derzeit keine Anzeichen. Denn in München, Hamburg und Berlin ist weder mit einem Rückgang des Zuzugs noch mit einer explodierenden Bautätigkeit zu rechnen.
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Auch die derzeit möglichen Zinsänderungen dürften keine Auswirkungen auf die Preisentwicklungen am Wohnungsmarkt haben. Derzeit müsste das Zinsniveau auf etwa vier Prozent steigen, damit ein Abwärtstrend bei den Wohnungspreisen einsetzt. Angesichts der Haushaltsdefizite in Südeuropa sind aber schon zwei Prozent politisch brisant.

Die Politik hat lange aufs
falsche Pferd gesetzt

Das eigene Interesse an langfristig niedrigen Zinsen hätte die nationale Politik schon frühzeitig dahin bringen können, verstärkt auf die Eigentumsbildung und einen Vermögensaufbau für breite Bevölkerungsschichten zu setzen. Statt jedoch mit den auf europäischer Ebene verursachten Trends zu handeln, hat die Bundes- und Landespolitik lange Zeit einseitig dagegen gearbeitet und mit Restriktionen für Investoren vor allem auf den Mieterschutz gesetzt. Erst in jüngerer Zeit werden Modelle diskutiert, wie vor allem Familien beim Kauf unterstützt werden können. Von einem Familienbaugeld, der Pauschalisierung der Notargebühren und der Einführung des Bestellerprinzips für Immobilienkäufer ist die Rede. Die Grunderwerbsteuer scheint tabu, obwohl gerade diese Regulierung den Immobilienkauf in vielen Bundesländern in den vergangenen Jahren maßgeblich verteuert hat.

Kurzvita

Jost Paffrath, Leiter
Kapitalanlage bei Ziegert

Seit vergangenem Jahr verantwortet Jost Paffrath den Bereich Kapitalanlage beim Berliner Unternehmen Ziegert Bank- und Immobilienconsulting. Zuvor war er Vice President Sales bei Immobilienscout24. Weitere berufliche Stationen waren die Commerzbank, die HVB und Morgan Stanley sowie die Frankfurt School of Finance.

Bildquellen: Simon Property Group, Ziegert Bank- und Immobilienconsulting GmbH