Stiftungsexperte Haake: "Tue Gutes und rede darüber"

Vom 17. bis 19. Mai findet Europas größter Stiftungskongress in Osnabrück statt. Stiftungsexperte Stefan R. Haake von der Süddeutschen Aktienbank zu den aktuellen finanziellen Herausforderungen für Wohltäter.
von Stefan Rullkötter, €uro-Magazin
Stiftungen leiden, wie deutsche Sparer, unter den Niedrig-, Null- und Strafzinsen für Einlagegelder. Welche Alternative zur passiven Vermögensanlage gibt es für Stiftungen?
Stefan R. Haake: Dabei hilft ein genauer Blick in die Stiftung und die Grundüberlegung - was hätte der Stifter gewollt. In der Praxis erlebt man hier immer wieder enorme Erkenntnisgewinne: Achtsamkeit im Bezug Stifterwille und Zweck der Stiftung fördert meist eine gute Sicht auf Risikobudgets, Renditeerwartung und unumgängliche Negativlisten. Hieraus resultiert meist ein recht rundes Zielraster mit dem man auf die Suche nach wirklich passenden Anlageformen gehen kann. Und so viel ist sicher: Eine dauerhafte Sondierung der Anlagemärkte gehört einfach zum Pflichtprogramm eines verantwortungsbewussten Stiftungsvorstandes.
Stiftungsexperten sind häufig keine Vermögens-Anlageexperten. Wie kann man beides zusammenbringen?
Gemeinnützige Stiftungen sollte sich fragen: Wie macht es denn die Wirtschaft um effizient vorzugehen? Dann ist man gleich bei der "make or buy"-Entscheidung. Was kann ich und will ich als Stiftung nachhaltig der Vermögensanlage in meinem Stiftungsschaffen an Raum geben? Eine wirklich gute Stiftungsberatung in Sachen Finanzen - und hier ist nicht nur die Vermögensanlage sondern eine regelrechte Finanzplanung gemeint - funktioniert nur wirklich gut, wenn auch auf Seite der Dienstleister Stiftungswissen bei den handelnden Personen vorhanden ist. Ob man dabei auf einen Berater oder internen Mitarbeiter ohne entsprechende Zertifizierung vertraut ist dann die Entscheidung eines jeden Stiftungsvorstandes und der daraus resultierenden operativen Risiken.
Welche Möglichkeiten gibt es für Stiftungen ein funktionierendes Risikomanagement aufzubauen- und ab welchem Stiftungsvermögen lohnt sich das?
Ohne persönlichen Einsatz der verantwortlichen Stiftungsorgane geht hier meist nichts. Viele Stiftungen setzten und setzen in blindem Vertrauen auf eine Softwarelösung, ohne dabei zu bedenken, dass die verwundbare Stelle dann meist auf der Anwenderseite zu finden ist. Entscheidet man sich für eine Auslagerung so sind harte und fein formulierte sog. "Service-Level-Agreements" (SLA) notwendig. Gut vorbereitete Privatbanken und Family-Offices haben solche Prozesse meist in der Schublade. Natürlich kann man dies auch intern organisieren. Als Stabsstelle bedarf es aber stringenter Führung durch den Vorstand.
Können Stiftungen in dem Rahmen Haftungsrisiken für Vermögensanlagen auch "auslagern"?
Eine vollständige Enthaftung der Stiftungsorgane ist nicht möglich. Man kann jedoch durch Weisungsverträge weitgehende Maßnahmen ergreifen die auf die Einhaltung von Risikobudgets, Negativlisten, Warnschwellen und Sonderthemen ausgerichtet sein können. Ein Vermögensverwaltungsvertrag bietet hier eine gute Grundlage. Aber auch hier gilt: Empfohlen sei auf der Seite der Vermögensverwalter auf zertifizierte Stiftungsberater oder Stiftungsmanager zu bestehen. Umsetzungswege sind so vielfältig wie die heterogene Stiftungswelt selbst - eine vertrauensvolle Guidance ist von Nöten.
Nächstes Jahr tritt die Investmentsteuerreform in Kraft. Inwiefern ist davon auch Stiftungsvermögen betroffen?
Direkt sind Stiftungen dann betroffen, wenn Sie in Fondsvehikeln wie Stiftungsfonds investiert sind - ob direkt oder über Vermögensverwaltungen in Fonds, denn: Durch das Investmentsteuerreformgesetz werden Kapitalanlagegesellschaften zur Neuordnung ihrer Angebote für gemeinnützige, steuerbefreite Stiftungen gezwungen. Der Markt wird konsolidieren. Wenn dann die Stiftungen keine Idee über die Wiederanlage haben, insbesondere bei komplizierten Gremienentscheidungen, entsteht ein Anlagenotstand, wenn der bisherige Zielfonds nicht mehr angeboten wird. Das gefährdet alle Vermögensteile der Stiftung!
Kurz-Vita
Stefan R. Haake ist Bereichsleiter Wealth Management bei der Süddeutschen Aktienbank und zertifizierter Stiftungsmanager. Durch seine Tätigkeit für Privatbanken und Family Offices ist er seit vielen Jahren mit der Gestaltung sinnstiftender und generationsübergreifender Anlagestrategien betraut.
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