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Trendbruch im Minen Index

14.01.11 15:46 Uhr

Trendbruch im Minen Index | finanzen.net

Gerade einmal zwei Handelstage konnte ich mich darüber freuen, ...

... Ihnen hier in der vergangenen Woche eine dezent kritische kurzfristige Analyse geliefert zu haben. Doch dann trieb „Mr. Market“ die Anleger wieder auf die Koppel der Bullen, ausgelöst durch die südlichen Sorgenkinder der Währungsunion, die sich überraschend problemlos refinanzieren konnten. Nun fragen Sie sich vielleicht, ob ich jetzt wieder vorbehaltlos bullish bin und die Korrektur für beendet erkläre? Nein, ganz und gar nicht und sogar aus den gleichen Gründen wie in der vergangenen Woche. Ich halte das Risiko für die Eröffnung von neuen Positionen derzeit für relativ hoch, da sich die Risiko-Indikatoren des inneren Marktes in der Nähe von zyklischen Hochs bewegen. Wie schon mehrfach betont, handelt es sich hierbei um Risiko- und nicht um Timing-Indikatoren. Ich warne hier also nicht vor einem baldigen Crash oder ähnlichem, sondern weise nur darauf hin, dass die Fallhöhe für neue Engagements auf der Longseite recht hoch ist. Sie können die aktuelle Börsensituation mit einer Übung auf dem Schwebebalken vergleichen, die Sie entweder in Bodennähe oder unter dem Dach einer Zirkuskuppel durchführen können. Natürlich mit den entsprechend geringen oder sehr heftigen Schmerzen, falls Sie das Gleichgewicht verlieren, bzw. sich der Börsentrend für die Masse überraschend umkehrt. Da es aber an der Börse darauf ankommt, in den Trendphasen investiert zu sein und ansonsten Verluste unbedingt zu vermeiden, empfehle ich Ihnen, keine Münzen vor der der sich nähernden Dampfwalze aufzusammeln. Denn es ist an den Märkten völlig normal, dass sich Trends sehr schnell abwechseln – meist natürlich wenn die Mehrheit der Analysten dies nicht erwartet.

Bislang nur unbedeutende Kapitalabflüsse

Doch sehen Sie selbst. Die Anzahl der an der NYSE gehandelten Werte, die oberhalb ihrer gleitenden 50-Tage-Linie handelt, verringert sich aktuell leicht. Noch sind keine größeren Kapitalabflüsse zu erkennen und der Indikator steht sogar kurz davor, wieder in eine positive X-Spalte überzugehen. Solange dies aber noch nicht geschehen ist, die Kapitalabflüsse also noch leicht überwiegen, würde ich mein Pulver trocken halten und vorsichtig bleiben. Immerhin gibt es aktuell wieder viele gute Gründe für Gewinnmitnahmen, z.B. den gestrigen überraschend positiven Konjunkturausblick des FED Chef Bernanke.

Kann es noch besser werden?

Keine Frage, die Bullen haben ebenfalls viele gute Gründe optimistisch zu sein, mittelfristig sogar die besseren. Die nun doch endlich einsetzende Erholung der US-Konjunktur, der sich stabilisierende Arbeitsmarkt und vor allem die expansiven Exzesse der Notenbanken, die diese vornehm Quantitative Easing nennen. Vor diesem Hintergrund sollten Engagements im Rentenmarkt grundsätzlich kein Thema sein und Aktien mittelfristig gut unterstützt bleiben. Doch auf der anderen Seite bleibt die Frage, wie die positiven Nachrichten noch zu steigern sind? Denn nur durch faustdicke Überraschungen, die die Masse der Anleger nicht auf dem Radar hat, werden weitere Käufer angelockt, die die Kurse oben halten. Dazu kommt die Tatsache, dass einige Konjunkturbarometer wie z.B. der ifo-Index in der Nähe von Rekordhochs stehen und nur noch schwer steigerungsfähig sind. Ebenfalls schwächt sich in einigen Wachstumsländern wie China, Brasilien und Australien das Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig steigenden Zinsen bereits wieder etwas ab. Dies könnte speziell die deutschen Exporte mächtig abkühlen. Dem Export drohen aber noch andere Risiken, die mit der schwelenden Eurokrise zusammenhängen. Der starke Sparzwang der überschuldeten Länder wird den Konsum empfindlich drosseln, was bei potentiell sinkenden Exporten jede Wirtschaft in Schlagseite bringt. Weiter würde ein Aufflackern der Eurokrise mit einem einhergehenden schwachen Euro den Dollar aufwerten lassen. Dies wäre nicht im Interesse der Amerikaner und könnte den im Vorjahr begonnenen „Währungskrieg“ wieder anheizen.

Bislang sehen die Anleger jedoch nur die positive Seite der Medaille, wie der Point & Figure Chart des für die Konjunktur wichtigen Transportsektors zeigt. Dieser deutet darauf, dass die Bullen nach wie vor eindeutig im Vorteil sind. Denn die Transportaktien markieren bereits ein neues Hoch, während der Dow Jones noch mit dem Niveau bei etwa 11.700 Punkten kämpft. Bitte beachten Sie den dynamischen Ausbruch und das deutliche Kaufsignal des vergangenen Dezember (Buchstabe C in der rechten Spalte)

Die steigende positive Unterstützungsgerade zeigt den positiven Trend der wichtigen Transportaktien. Der Ausbruch bei 4.800 Punkten deutet auf ein formales charttechnisches Anschlusspotential von unglaublichen 1.000 Punkten. Allerdings haben sich die aktuellen Kurse ungewöhnlich weit von der steigenden Trendgerade entfernt und signalisieren dadurch Korrekturbedarf.

Atempause für die Goldminen dauert an

Trotz und wegen der positiven Kommentare schwächeln die Goldminen, was nach der Performance auch nicht verwundern sollte. Der im August begonnene Aufwärtstrend wurde gestern verletzt und ich tippe darauf, dass sich die Korrektur ausweitet. Dafür spricht auch der innere Zustand des Sektors, den ich hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht abbilden darf. Dort verringert sich bereits die Anzahl der objektiven Kaufsignale seit etwa drei Wochen bei gleichzeitig steigendem Index. Diese Divergenz ist kein gutes Zeichen und bedeutet, dass frühe Anleger Kapital aus dem Sektor abziehen, während späte Anleger noch angelockt werden. Eine Umverteilungsphase könnte hier also bereits im Gange sein. Doch auch der bekanntere äußere Chart des Philadelphia Goldminen Index macht einen angeschlagenen Eindruck.

Deutlich erkennen Sie, dass das Hoch bei 232 nicht verteidigt und das vorhergehende zyklische Hoch bei 226 unterschritten wurde. Dies sind deutliche Warnzeichen, die durch den gestrigen Bruch der positiven Aufwärtstrendgerade sogar verstärkt werden. Falls die aktuellen Unterstützungen bei 206 nicht halten sollten, tippe ich auf eine Korrektur bis zum Oktober-Ausbruch bei etwa 190 Punkten.

Nun wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende und viel Erfolg mit Ihren Positionen. Mit herzlichen Grüßen aus Bonn,

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

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