Die Zinsen sind niedrig – noch?

Seit einigen Tagen melden sich in den USA erstaunlich viele prominente Geldpolitiker zu Wort, ...
... die – meist reichlich verklausuliert – für steigende Leitzinsen plädieren. Beispielsweise meint Charles Plosser, Präsident der Federal Reserve von Philadelphia, die US-Notenbank solle die Leitzinsen bereits deutlich vor einem Rückgang der Arbeitslosenrate anheben.
Wir glauben nicht, dass die Märkte mit derartigen Statements auf Zinserhöhungen vorbereitet werden sollen. Denn die wichtigsten Lenker der Fed befürworten nach wie vor niedrige Leitzinsen, allen voran ihr Chairman. Ben Bernanke – für uns im Gegensatz zu anderen Finanzjournalisten übrigens kein „Mann des Jahres 2009“ – ist ein Spezialist für die Weltwirtschaftskrise ab 1929. Er hat seine Lehren aus ihr gezogen, was sich in einer überreichlichen Liquiditätsversorgung und extrem niedrigen Leitzinsen manifestiert.
Zweifelsohne war dieses Krisenmanagement einer der Haupttreiber der Aktienhausse seit März 2009. Denn neben jahreszeitlichen Effekten sind Zinsveränderungen statistisch der beste Faktor zur Prognose künftiger Aktienrenditen. Ökonomisch ist das recht plausibel: Ein steigender Zins verteuert tendenziell Kredite und wirkt auf diese Weise dämpfend auf die Gewinne der Unternehmen. Gleichzeitig gewinnen festverzinsliche Papiere relativ zu Aktien an Attraktivität für Investoren.
In der aktuellen Situation der Kapitalmärkte käme erschwerend hinzu, dass Dollar-Carry-Trades durch eine restriktivere Geldpolitik der Fed unattraktiver werden, zudem würde Liquidität aus den Aktienmärkten gesaugt. Ben Bernanke dürfte deshalb eher später als früher die Zinsen anheben. Wir hoffen, dass es dann nicht zu spät sein wird. Und wir beten, dass er nicht in die Zwangslage kommen wird, die Zinsen unbedingt anheben zu müssen – beispielsweise um einen kollabierenden US-Dollar zu retten.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.