VTG: Der Zug rollt langsam wieder

Die Aktie des Hamburger Waggonvermieters hat im Vorfeld der Quartals-Zahlen Fahrt aufgenommen. Konzernchef Fischer plant für die Zukunft spannende Neuerungen - eine Chance für Anleger.
von Florian Westermann, Euro am Sonntag
Viele Wochen war es ruhig um die Aktie des Waggonvermieters und Schienenlogistikers VTG. Das dürfte sich am kommenden Dienstag ändern. Dann präsentieren die Hamburger ihre Zahlen für das zweite Quartal. Die Investoren setzen auf gute Ergebnisse - im Vorfeld der Zahlen nahm die Aktie bereits Fahrt auf.
Analysten rechnen mit einem Anstieg beim bereinigten Nettogewinn um zwölf Prozent auf gut elf Millionen Euro. Im Gesamtjahr dürfte der SDAX-Konzern, der mit 80.000 Güterwagen zu den führenden Waggonvermietern in Europa zählt, netto über 44 Millionen Euro verdienen. Im Vorjahr fuhr VTG einen bereinigten Gewinn von 18,5 Millionen Euro ein.
Für das Gesamtjahr stellt VTG-Chef Heiko Fischer bislang Erlöse von bis zu 1,1 Milliarden Euro sowie ein operatives Ergebnis (Ebitda) von 345 bis 355 Millionen Euro in Aussicht. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das ein Plus von bis zu sechs Prozent. Für die kommenden Jahre rechnen Analysten zudem mit stetig steigenden Gewinnen.
Für Fischer wird das keine ganz einfache Aufgabe. Zum einen sind die Warenströme durch Schwankungen bei der Nachfrage immer schwieriger zu kalkulieren. Zum anderen steckt DB Cargo, die Frachtsparte der Deutschen Bahn, in der Krise. Europas größte Frachtbahn fährt seit fünf Jahren Verluste ein - nicht zuletzt wegen Managementfehlern. Bahnchef Rüdiger Grube, der den Exmonopolisten endlich auf die Erfolgsspur bringen will, ist das ein Dorn im Auge. Um gegenzusteuern, baut der größte deutsche Staatskonzern in der Frachtsparte mehrere Tausend Jobs ab und schließt zahlreiche Verladestellen. Das trifft auch VTG. Die Ausdünnung des Verladenetzes schwächt den Güterverkehr auf der Schiene insgesamt. Zudem machen der niedrige Dieselpreis und die gesunkene Lkw-Maut den Transport auf der Straße wieder wettbewerbsfähiger.
Um den Hamburger Schienenlogistiker auf Wachstumskurs zu halten, setzt Fischer nach der Übernahme des Schweizer Rivalen AAE im vergangenen Jahr auf eine umfassende Modernisierung der Waggonflotte. Sensoren und GPS-Sender sollen aus den stählernen Kolossen smarte Schienenfahrzeuge machen, die beispielsweise regelmäßig ihren Standort an die Zentrale in Hamburg senden oder Probleme an den Waggons oder mit der Fracht frühzeitig melden und so den Wartungsaufwand minimieren.
Instandhaltungsteams könnten dann bei Bedarf sofort ausrücken und das Problem beheben - das steigert die Effizienz und die Rendite. VTG treibt die Entwicklung dieses Telematiksystems derzeit mit Hochdruck voran. Erste Tests unter Realbetrieb laufen bereits. Wann VTG das System im großen Stil einführt, ist bislang aber noch nicht klar.
Dass Fischer seine ehrgeizigen Pläne umsetzen kann, glaubt offenbar auch Klaus-Michael Kühne, der über seine Kühne Holding mehrere Beteiligungen an Logistikunternehmen wie dem Logistikriesen Kühne + Nagel hält. Ende Mai beteiligte sich der Unternehmer mit gut 20 Prozent an VTG. Kühne ist damit ein wichtiger Ankeraktionär und der zweitgrößte Anteilseigner bei VTG. Die Beteiligung passe "perfekt in den strategischen Rahmen unseres Portfolios", kommentierte Karl Gernandt, Chef der Kühne Holding, den Schritt. Der neue Großaktionär verspricht mehr als nur Sicherheit. Auch eine weitergehende Zusammenarbeit zwischen dem Logistikkonzern Kühne + Nagel und VTG ist durchaus denkbar.
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Bildquellen: VTG