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Dirk Müller: Es wird weitere schmerzhafte Korrekturen im DAX geben

09.09.15 16:06 Uhr

Dirk Müller: Es wird weitere schmerzhafte Korrekturen im DAX geben | finanzen.net

Mr. DAX über die Risiken an den Aktienmärkten und die Gefahren aus China für die Weltwirtschaft. Von einer nachhaltigen Zinserhöhung in den USA geht er nicht aus.

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von Benjamin Summa

Herr Müller, bleiben Sie trotz der heftigen Verluste an den Aktienmärkten weiterhin optimistisch gestimmt für Aktien - anders gefragt: Ist es jetzt Zeit, zu kaufen?
Ich sehe die Risiken an den Aktienmärkten sehr wohl und ich gehe auch von weiteren schmerzhaften Korrekturen aus. Ein Rückgang bis zu einem Niveau von 8.300 bis 9.300 Punkten wäre aus meiner Sicht ideal für eine dann anschließende Erholungsbewegung. Am Ende des Tages kommt es aber immer auf die richtige Strategie an. Meine ist und bleibt folgende: Aktien zu guten Preisen einsammeln und diese mit Optionen gegen Kurseinbrüche absichern. Dann ist es mir völlig egal, wenn der Markt einmal eine miese Performance zeigt. Im Gegenteil: Ich freue mich dann und kaufe zu billigeren Preisen zu. Ich rate Anlegern immer, den sogenannten Cost-Average-Effekt auszunutzen, also regelmäßig zu kaufen, dann hat man am Ende einen guten Mischkurs und muss sich nicht an einem Tag X entscheiden, All-in zu gehen.

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Was war der Auslöser für dieses Börsenbeben?
Ganz klar: China. Die Gefahr, die aus China droht, ist seit Jahren Teil meiner Vorträge. Die meisten haben aber den aus China vermeldeten Wirtschaftszahlen blind vertraut. Für mich war immer klar, dass eine Boomphase von 25 Jahren irgendwann auch eine drastische Korrektur einfordert. Und das sehen wir jetzt. Die Investoren erklären die Party für beendet, verkaufen ihre Investitionen und ziehen unvorstellbare Gelder ab. Dann gehen die Währungsreserven der chinesischen Zentralbank nach unten und die Wirtschaft kühlt sich merklich ab. Die chinesischen Behörden versuchen, diesem Prozess, der gerade erst begonnen hat, entgegenzuwirken. Aber das wird meines Erachtens nicht möglich sein.

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Gefahr, die künftig noch von China ausgehen kann?
Das China-Thema wird uns die kommenden ein bis zwei Jahre immer wieder beschäftigen. Wenn China schwächelt, dann leiden nicht nur führende Industrieländer wie Deutschland, die auf ihren Maschinen und Dienstleistungen sitzen bleiben, sondern auch wichtige Schwellenländer wie Russland und Brasilien, denen ein wichtiger Absatzmarkt für Rohstoffe wegbricht. Die Ansteckungsgefahr für andere Schwellenländer ist groß, denn dort haben wir ja einen ähnlichen Mechanismus wie in China gesehen: einen jahrelangen Boom, der mit Unsummen von Investorenkapital befeuert worden ist. Und jetzt wird ein Großteil dieser Gelder wieder abgezogen. Die Situation ist brandgefährlich, auch für die Aktienmärkte.


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Neben den Turbulenzen in China droht der Weltwirtschaft noch von einer anderen Front Ungemach: die Unsicherheit, wann und in welchem Umfang die US-Notenbank Fed die Zinsen anheben wird. Wie ist Ihre Lesart in dieser Frage?
Seit zwei Jahren warten wir auf diese Zinserhöhung und seit zwei Jahren sage ich, dass diese nicht so kommen wird wie erwartet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die US-Notenbank Fed tatsächlich die Zinsen nachhaltig erhöhen wird. Das würde den Dollar noch weiter befeuern und die Schwellenländer zusätzlich unter Druck bringen, weil Kapital von dort abgezogen und in den USA besser verzinst würde. All das würde die aktuelle Krise rund um China beschleunigen. Zudem gibt es aus meiner Sicht keine triftigen Gründe für ein Drehen an der Zinsschraube, denn allzu robust zeigt sich die US-Wirtschaft derzeit wirklich nicht.
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Wie steht es um die Glaubwürdigkeit der Notenbanken, sollte die Fed nicht - wie seit Monaten angekündigt - die Zinsen erhöhen?
Die Briten haben auch vor zwei Jahren angekündigt, die Zinsen zu erhöhen, sind dann zurückgerudert. Ähnlich wird die Fed wohl auch verfahren. Ich würde mich nicht wundern, wenn wir 2016 über die nächste QE-Maßnahme reden.

Wie ist es eigentlich zu erklären, dass der Euro derzeit wieder an Stärke gewinnt?
Wenn der Euro derzeit an Stärke gewinnt, dann besagt das nichts anderes, als dass die amerikanischen Investoren derzeit im Risk-off-Modus sind. Was heißt das? Internationale Finanzinvestitionen werden abgebaut und stattdessen werden möglichst risikoarme Anlageformen wie US-Staatsanleihen gekauft. In der Folge gehen deren Kurse nach oben und die Zinsen nach unten. Und wenn die US-Zinsen im Vergleich zu den europäischen Zinsen sinken, dann wird natürlich der Euro stärker. Genau das sehen wir momentan.

Die zurückliegenden zwölf Monate waren für den Goldpreis auf Dollarbasis ziemlich unerfreulich. Ist aus Ihrer Sicht das Schlimmste überstanden oder müssen sich die Anleger auf Goldpreise im dreistelligen Dollarbereich einstellen?
Dass wir jetzt im Bereich der Goldpreistiefs angekommen sind, ist für mich mit der höheren Wahrscheinlichkeit versehen. Klar könnte der Preis noch 100 oder 150 Dollar nachgeben. Aber mittlerweile sollten wir nahe an einer Bodenbildung angekommen sein, von der aus wieder eine Aufwärtsbewegung möglich sein könnte.

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Sie haben vor einigen Monaten einen eigenen Aktienfonds aufgelegt. Eine Herausforderung in diesen turbulenten Zeiten, oder?
Eines ist klar: In Zeiten fallender Märkte kann man mit einem reinen Aktienfonds kein Geld verdienen. Wer das schafft, der kann auch übers Wasser laufen. Wichtig ist in diesen Phasen, möglichst wenig zu verlieren. Es heißt immer, dass 80 bis 90 Prozent der Fondsmanager ihre Benchmark nicht schlagen können. Wir liegen mit unserem Fonds derzeit acht Prozent vor der Benchmark. Ich muss noch einmal auf meine grundsätzliche Strategie hinweisen: nach unten durch Absicherungen möglichst wenig verlieren, Reserven aufbauen und zu günstigen Kursen einkaufen, um dann bei der nächsten Aufwärtsbewegung mit einem möglichst großen Aktienpaket mit dabei zu sein. Diese Strategie geht derzeit wunderbar auf.


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Disclaimer: Der Autor, Benjamin Summa, ist freier Mitarbeiter bei finanzen.net. Er interviewt regelmäßig Finanzexperten zu aktuellen Themen.

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Bildquellen: Dirk Müller

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