Interview

Finanzexperte Angermayer: „Wir glauben an uns“

aktualisiert 23.11.10 16:16 Uhr

Ein Gespräch mit Christian Angermayer, Mitinhaber der ABL-Group, über die Chancen der Krise, die Rolle seines Unternehmens als Hecht im Karpfenteich und die Verantwortung der Finanzindustrie.

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von Frank Werner, Chefredakteur Euro am Sonntag

€uro am Sonntag: Hand aufs Herz: Ist die Finanzkrise nun vorbei oder nicht?
Christian Angermayer:
Das, was wir als akute Krise verstehen, ist vorbei. Was bleibt, ist eine Welt voller Ungleichgewichte und Probleme, mit denen wir die nächsten zehn Jahre leben müssen. Das muss nicht zwangsweise schlecht sein. Nur wo es Ungleichgewichte gibt, gibt es auch Ineffizienzen und damit Opportunitäten zum Geldverdienen. Allerdings: Nur wer abseits der üblichen Denkmuster investiert, wird Geld verdienen.

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Sind die Ursachen der Finanzkrise behoben?
Die Finanzkrise hatte viele Ursachen, die umfassend diskutiert wurden und werden. Das Einzige, was mir ein wenig fehlt, ist die Bedeutung von Unternehmertum. Von verantwortlichem, aus einer Anteilseignerstellung heraus geborenem Handeln gibt es zu wenig in der Finanzindustrie. Ein wichtiger Baustein zur Krisenprävention könnte daher die Renaissance der eigentümergeführten Institute sein, die in der Wirtschaft ihrer Region oder einem bestimmten Sektor verwurzelt sind. Zwar herrschte in den vergangenen Jahren das Credo, dass nur große, börsennotierte und globale Institute dem Geschäft und den damit einhergehenden Risiken gewachsen sind. Betrachtet man aber heute die Landschaft der Finanzinstitutionen, dann sind es meistens die eigentümergeführten Banken beziehungsweise Banken mit unternehmerischen Mehrheitsaktionären, die die Krise mit deutlich geringeren Blessuren überstehen und eben gerade nicht am Tropf des Staates hängen. Oder anders ausgedrückt: Immer dann, wenn Rendite und Risiko eine Einheit bilden, werden die besten und nachhaltigsten Entscheidungen getroffen. Ganz ohne komplizierte Regulierung, einfach aufgrund der Natur des Menschen.

Das mussten Sie ja jetzt sagen. Schließlich ist die ­Berufung auf das Unternehmertum Ihre Positionierung als Newcomer in der Finanzindustrie gewesen.
Ja, natürlich. Aber es ist tatsächlich unser Erfolgsgeheimnis. In unserer Partnerschaft arbeiten wir teilweise seit zwölf Jahren zusammen, unter uns herrscht absolutes Vertrauen. Das Gleiche gilt für das zehnköpfige Entscheidungsgremium der Gruppe und für unsere wichtigsten Kolleginnen und Kollegen. Fast genauso wichtig: Wir glauben an uns. Es gibt nur die Grenzen, die wir uns selbst setzen. Mit unserer stark unternehmerisch geprägten Arbeitsweise und unseren ethischen Prinzipien verfolgen wir unsere Vision. Und schließlich ist harte, disziplinierte Arbeit entscheidend.

Das klingt gut, aber im Markt hört man immer wieder mal die eine oder andere spitze Bemerkung …
… die wir auch hören. Die Finanzindustrie ist grundsätzlich eine Bestandsindustrie, vor allem ab einer gewissen Größe, in der sich nur selten neue Player etablieren. Da der Kuchen insbesondere in den letzten Jahren nicht größer, sondern eher kleiner wurde, ist sicher nicht jeder über unseren Erfolg erfreut. Zudem kennen uns viele seit vielen Jahren, was ein Vorteil sein kann, schnell aber auch einmal Neid hervorruft, wenn aus 15 Mitarbeitern im Jahr 2000 zehn Jahre später 400 Mitarbeiter geworden sind. Dem können wir nur nachhaltig gute Leistung entgegensetzen.

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Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Im Detail: Ja, vieles. Im Großen: Nein. In den letzten 100 Jahren gab es vier gravierende Finanzkrisen, zwei davon in den vergangenen zehn Jahren. Wir haben große Mitbewerber kommen und gehen sehen, und vermutlich hätte jeder im Jahr 1999 eher auf unser Scheitern als auf das der Dresdner Bank oder von Lehman Brothers gesetzt. Daher kann ich sagen, dass wir sicher mehr richtig als falsch gemacht haben. Natürlich würde man mit dem heutigen Wissen die eine oder andere Einzelentscheidung oder auch Investmententscheidungen anders treffen.

Wo sehen Sie die ABL in fünf Jahren?
Angermayer: Während wir die letzten zwölf Jahre vor allem in die Breite gewachsen sind, ist jetzt der Ausbau der bestehenden Bereiche angesagt. Wir wollen unsere internationale Ausrichtung und weltweite Präsenz erweitern und in allen unseren Bereichen führende Positionen einnehmen. Dies wollen wir erreichen durch langfristig stabile, überdurchschnittliche Erträge für unsere Kunden, eine damit einhergehende deutliche Steigerung der verwalteten Vermögenswerte sowie durch erfolgreiche Transaktionen für unsere Firmenkunden und beste Beratung wie auch Abwicklung für unsere Maklerkunden.


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Sie arbeiten mit sehr vielen Marken – warum heißt nicht alles ganz einfach ABL?
Weil wir damit Mehrwert vernichten würden. Wir sind in den vergangenen zwölf Jahren nicht nur organisch gewachsen, sondern auch durch Zukäufe. Bei Zukäufen im Finanzbereich erwirbt man vor allem eines: immaterielle Werte, also Mitarbeiter, Kunden und eben den Markennamen. Diesen aufzugeben würde einen großen Teil des Wertes vernichten. Daher verfolgen alle unsere Unternehmen unter eigenem Marken­namen ihr eigenes, unabhängiges Geschäftsmodell, das natürlich jeweils von Synergien innerhalb der Gruppe profitiert. Transparenz steht für uns dabei an erster Stelle: Eine der ersten Angaben, die Sie auf unserer Website finden, ist ein Organigramm. Wesentliche Teile unserer Gruppe – Aragon und Altira – sind börsennotiert und berichten entsprechend transparent.

Börsennotiert, allerdings nur im eher schwach geregelten Entry Standard …
… ja, aber wir berichten freiwillig quartalsweise zweisprachig und erfüllen damit wesentliche Kriterien auch höherer Marktsegmente. Am Ende ist diese Entscheidung – das Listing in einem höheren Marktsegment kostet ja auch mehr Geld – nutzenabhängig. Aktuell glauben wir nicht, dass wir in einem höheren Segment mehr Aktionäre gewinnen würden.

Verschachtelte Konzernstrukturen befördern allerdings die berechtigte Sorge, es würde quersubventioniert oder Positio­nen würden von links nach rechts ­geschoben.
Gerade im stark regulierten Finanzdienstleistungsmarkt ist das allerdings eine absurde Annahme. Wir sind an einer Vollbank – der biw Bank für Investments und Wertpapiere – ebenso wie an mehreren Bafin-regulierten Instituten beteiligt und stehen daher als gesamte Gruppe unter regulatorischer Aufsicht. Namhafte strategische Partner – wie die AXA, Credit Suisse und Citigroup bei Aragon – haben sich auf verschiedenen Ebenen an uns beteiligt. Für alle wesentlichen Geschäftsbereiche und Fonds konnten wir unabhängige, renommierte Aufsichtsräte gewinnen. Und nicht zuletzt ­haben wir als Eigentümer und größter Investor in unseren Fonds gleich­gerichtete Interessen mit den Mit­aktionären und Investoren in unse­ren Anlageprodukten.

Die Kurse Ihrer Töchter Aragon und Altira notierten schon mal höher, das Gleiche gilt für ihre börsennotierte Beteiligungsgesellschaft Heliad.
Richtig, und natürlich sind wir mit der Kursentwicklung unzufrieden. Operativ haben wir in der Krise einen sehr guten Job gemacht. Am offensichtlichsten zeigt sich das bei Aragon, das dieses Jahr den größten Umsatz seiner Unter­nehmensgeschichte erwartet. Jetzt müssen wir das nur noch dem Kapitalmarkt transportieren.

Sie bezeichnen sich als Merchant Banker. Was bedeutet das genau?
Merchant Banking bedeutet für uns, bei allen finanzbezogenen Themen erster Ansprechpartner für unsere Kunden zu sein. Wir beraten Unternehmen durch Silvia & Quandt Cie. und Privatkunden durch Aragon. Darüber hinaus sind wir als Investor durch unsere zwei Asset-Management-Gesellschaften Altira und CH2 aktiv. Das beste langfristige Commitment, das wir unseren Kunden und Investoren geben können, ist unser eigenes Kapital.

Eines ihrer Kernthemen sind Schwellenländer, Sie sind insbesondere in Afrika aktiv. ­Woher kommt Ihr Interesse für dieses Nischenthema?
Afrika ist für uns ganz und gar kein Nischenthema, sondern wird in den nächsten zehn Jahren die Bedeutung einnehmen, die die asiatischen Schwellenländer in den letzten beiden Dekaden hatten. Diesen Trend zu verpassen wäre ein großer Fehler. Für jeden Investor, aber auch für jeden Unternehmer. Deutschland hat unseres Erachtens noch zu wenig das riesige Potenzial erkannt, das der Kontinent bietet, und wir lassen uns von anderen Staaten – insbesondere von China – die Butter vom Brot nehmen. Dabei geht es nicht nur um Rohstoffe. Einige Staaten Afrikas werden schon in einigen Jahren sehr wichtige Produktionsmärkte ebenso wie Absatzmärkte mit starker lokaler Konsumnachfrage darstellen.

Man könnte kritisch einwerfen, dass die meisten afrikanischen Staaten keine demokratischen Staaten nach unserem Muster sind.
Eine lange Diskussion. Was kommt zuerst: freie Marktwirtschaft oder Demokratie? Ich denke, freie Marktwirtschaft – denn Demokratie kann nur dort wirklich funktionieren, wo die Menschen den Wert von Freiheit in allen Lebensbereichen kennen, schätzen und verteidigen. Würden wir Europäer jetzt – ökonomischen Schaden für Deutschland mal ganz außen vor gelassen – nur Geschäfte in Staaten machen, die wie Deutschland regiert werden, wäre die Liste zum einen sehr kurz, zum anderen würden wir viele Staaten, die durchaus auf einem sehr guten und international anerkannten Weg sind, noch stärker in die Arme von Ländern wie China treiben. Und das ist ganz sicher kontraproduktiv für die Demokratieidee.

Spielt Deutschland bei Ihnen zukünftig eine eher untergeordnete Rolle?
Überhaupt nicht. Deutschland hat für uns die höchste Priorität. Wir sind mit Heliad einer der aktiven Investoren im deutschen Mittelstand und bauen Silvia Quandt & Cie. gerade zu einem der führenden Investmentbanking-Dienstleister für deutsche Aktien aus. Deutschland hat eine faszinierende Chance. Denn aufgrund der Probleme der westlichen Welt halten westliche Staaten die Zinsen niedrig, trotzdem kommen die Volkswirtschaften nicht auf Touren. Die Emerging Markets hingegen boomen. Deutschland verbindet das Beste von beidem: Niedrige Zinsen, und gleichzeitig profitieren die Deutschen wie niemand sonst aufgrund ihrer Exportstärke vom Boom der Emerging Markets. Wir erwarten daher in den nächsten Jahren Wachstumsraten von zwei bis drei Prozent, Vollbeschäftigung und eine große Nachfrage ausländischer Investoren nach deutschen Aktien. Die ABL bildet die Wünsche ihrer Kunden nach: Verankerung in Deutschland und Kontakte in alle wirtschaftlichen Zentren der Welt.

Das Stichwort am Ende: Warum Rohstoffe? Und wie?
Die Rohstoffbasis der Wirtschaft ist ein Thema, das An­leger, Unternehmer und Politik nachhaltig beschäftigen wird. Wir verfolgen es auf mehreren Ebenen. Zum Beispiel mit unserem Rohstoffaktienfonds VCH Expert Natural Resources sowie mit einem eigenem geologi­schen Team, das Lagerstätten in Früh­phasen erwirbt.

Zur Person:

Christian Angermayer gründete 1999 mit seinen Freunden Peter Brumm und Andreas Lange ein Finanz­dienstleistungsunternehmen. Anfangs belächelt, weist die Angermayer, Brumm & Lange Group (ABL) heute rund 6,5 Milliarden Euro betreutes Vermögen, rund 400 Mitarbeiter in 15 Ländern und mehr als 18 000 angeschlossene Finanzberater aus. Geschäftsbereiche sind Asset Management, Finanzvertrieb und Investmentbanking. Kernthemen sind Deutscher Mittelstand, Schwellenländer, erneuerbare Energien und Rohstoffe. Die Gruppe ist vollständig im Besitz der Partner Angermayer, Brumm und Lange, Ralph Konrad, Sebastian Grabmaier sowie der Familie Silvia Quandt. Christian Angermayer ist Mitglied im Beratungsbeirat des Global Growth Company Programms und vertritt als einer der wenigen Jungunternehmer Deutschland beim World Economic Forum in Davos.

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