Kindesunterhalt: Hier wird erst ein dreifach höheres Einkommen relevant

Verdient der betreuende Elternteil dreimal so viel wie der andere, kann er auch zum Barunterhalt verpflichtet werden. Entscheidend sind die Einkommensdifferenz, der Selbstbehalt und die Rechtsprechung. Wann das Gericht eingreift, zeigt dieser Überblick.
Grundsatz: Betreuung ersetzt Barunterhalt
Lebt das Kind überwiegend bei einem Elternteil, erfüllt dieser seine Unterhaltspflicht in der Regel durch Betreuung, Erziehung und Versorgung. Dieser sogenannte Betreuungsunterhalt ist dem Barunterhalt gesetzlich gleichgestellt, geregelt in § 1606 Absatz 3 BGB. Das Einkommen des betreuenden Elternteils bleibt dabei normalerweise unberücksichtigt, so Unterhalt.com. Erst bei gravierenden Einkommensunterschieden kann auch dieser finanziell herangezogen werden, wie Scheidung-online.de erklärt.
Dreifaches Einkommen als Schwelle
Der Bundesgerichtshof sieht ein mehr als dreifach höheres Einkommen als maßgeblichen Grenzwert an, ab dem auch der betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig werden kann. Das hat er in einem Grundsatzurteil klargestellt (BGH FamRZ 2013, 1558). Unterhalt.com nennt als Beispiel einen betreuenden Elternteil mit 7.300 Euro Nettoeinkommen gegenüber 2.400 Euro beim barunterhaltspflichtigen Elternteil. Voraussetzung ist, dass der betreuende Elternteil ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehalts zur Zahlung in der Lage ist - geregelt in § 1603 Absatz 2 BGB.
Ausnahmen schon bei 500 Euro Differenz möglich
Nicht immer ist ein dreifach höheres Einkommen nötig, damit der betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig wird. Das Oberlandesgericht Schleswig hat entschieden, dass bereits eine Netto-Einkommensdifferenz von 500 Euro ausreichen kann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinen Selbstbehalt nicht mehr wahren könnte (OLG Schleswig NZFam 2014, 712). In solchen Fällen kann der besserverdienende betreuende Elternteil verpflichtet werden, sich am Barunterhalt zu beteiligen. Laut iurFRIEND kommt es dabei immer auf die Umstände des Einzelfalls an - es gibt keine starre Regelung, sondern eine Abwägung der individuellen Verhältnisse.
Missbrauch ausgeschlossen: Erwerbspflicht bleibt bestehen
Der barunterhaltspflichtige Elternteil darf seine Arbeitszeit nicht gezielt verringern oder den Arbeitsplatz aufgeben, nur um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen. Ein solches Verhalten wäre rechtsmissbräuchlich, betont iurFRIEND. Nach § 1603 BGB gilt eine Erwerbsobliegenheit: Wer unterhaltspflichtig ist, muss grundsätzlich vollschichtig arbeiten - es sei denn, es bestehen nachweisbare gesundheitliche oder sonstige Einschränkungen.
Volljährigkeit ändert alles
Sobald das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat, endet die Betreuungspflicht - ab diesem Zeitpunkt sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Das regelt § 1603 Absatz 2 BGB. Damit wird auch das Einkommen des bisher betreuenden Elternteils bei der Unterhaltsverteilung berücksichtigt. Der Unterhalt richtet sich dann nach den Einkommensverhältnissen beider Elternteile im Verhältnis zueinander.
Redaktion finanzen.net
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