von Martin Reim, Euro am Sonntag
Der sogenannte Basiszins, aus dem sich viele Verzugszinsen berechnen, bleibt so niedrig wie nie
zuvor. Müssen Gläubiger draufzahlen?
Euro am Sonntag: Theoretisch ja, praktisch
nein. Die Bundesbank leitet den Basiszins vom
Leitzins der Europäischen Zentralbank ab und berechnet ihn zum 1. Januar und 1. Juli jedes Jahres
neu. Der Leitzins liegt zurzeit so niedrig, dass der
Basiszins seit Anfang 2013 negativ ist. Den aktuellen Wert beließ die Bundesbank am 1. Januar 2022
bei minus 0,88 Prozent - dem niedrigsten je berechneten Wert. Zum Vergleich: Bei Einführung
des Euro im Jahr 2002 hatte der Basiszins mit plus
2,71 Prozent seinen Höchststand.
Der Basiszins wird an vielen Stellen eingesetzt,
um Verzugszinsen zu berechnen, etwa wenn eine
Bank einen Hypothekenkredit gekündigt hat. Dann
werden die ausstehenden Forderungen pro Jahr mit
dem Basiszins plus 2,5 Prozent extra verzinst.
Aktuell wird ein Zinssatz von 1,62 Prozent angesetzt. Bei vielen anderen Arten von Ausleihungen,
etwa bei Konsumentenkrediten, beträgt der Aufschlag auf den Basiszins fünf Prozent. Die Bank
darf nur dann mehr verlangen, wenn sie im Einzelfall einen höheren Schaden nachweist. Umgekehrt kann der Schuldner einen geringeren Schaden geltend machen, wenn er ihn belegen kann.
Auch für unbezahlte Rechnungen ist der Basiszins relevant. Muss ein Handwerker nach einer Reparatur über die übliche Frist von 30 Tagen hinaus auf seine Bezahlung warten, fällt für den Kunden der Basiszins plus fünf Prozent Aufschlag an,
derzeit also 4,12 Prozent. Dieser Aufschlag für sogenannte Verbrauchergeschäfte ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt. Zahlt ein Geschäftspartner des Handwerkers nicht rechtzeitig, beträgt das Plus sogar acht Prozent, denn bei Geschäften unter Kaufleuten hat der Gesetzgeber
andere Konditionen vorgesehen.
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