Dividendenstrategie: So wirken sich reinvestierte Dividenden auf das eingesetzte Kapital aus
Einige Kapitalanleger legen ihren Fokus auf ausschüttungsstarke Aktien, statt auf Staatsanleihen und Bankguthaben zu setzen. Dabei kann jedoch erst die reinvestierte Dividende für einen echten Rendite-Turbo sorgen.
Werte in diesem Artikel
• Dividenden können Inflation kompensieren
• Zinseszins wirkt auch bei Aktien
• Anleger sollten langen Atem beweisen
Zahlt ein börsennotiertes Unternehmen eine regelmäßige Dividende, kann dies als deutlicher Anreiz für die Investition in eine Aktie dienen. Besonders im Umfeld von Null- und Negativzinsen stellten Dividendenreinvestitionen eine spannende Alternative dar, denn Staatsanleihen höchster Bonität oder Bankguthaben in Form von Tagesgeldkonten boten bei niedrigem Zinsniveau kaum Ertrag, geschweige denn einen Inflationsausgleich. Diese Situation hat mit der Zinswende ab Juli 2022, als die Europäische Zentralbank den Leitzins erstmals seit fast sechs Jahren verändert hat, ein Ende gefunden. Seitdem stockten die Währungshüter die Zinsen mehrfach auf. Immer mehr Banken bieten ihren Kunden nun wieder Tagesgeldzinsen und auch die Renditen für Staatsanleihen nehmen wieder zu.
Die unsichtbare Geldentwertung
Die gegenwärtige Inflationsrate in Deutschland ist auf einem äußerst besorgniserregenden Niveau. Geld, welches in solch einem Umfeld keine Zinsen erbringt, verliert somit automatisch Jahr für Jahr an Kaufkraft. Kontoinhaber, die nun 10.000 Euro auf ihrem Sparbuch halten, besitzen in zehn Jahren, bereits bei einer konservativen Teuerungsrate von durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr, nur noch eine Kaufkraft von 8.203,48 Euro, da sich die zugrundeliegenden Güterpreise von 10.000 Euro auf 12.189,95 Euro verteuert haben.
Dividenden bieten einen zuverlässigen Inflationsschutz
Dieses Dilemma können gerade Privatanleger mit dem Kauf von soliden Dividendenaktien umgehen bzw. abmildern, denn die Gewinnausschüttungen von robusten und wertbeständigen Konzernen übertreffen die Inflation oft. Darüber hinaus verhält sich ein wetterfestes Dividendenportfolio, gerade in unruhigen Börsenzeiten, deutlich schwankungsärmer als der Gesamtmarkt.
Experten von Allianz Global Investors haben im Jahr 2012 in einer umfangreichen Studie sogar ermittelt, dass eine Dividendenstrategie erst bei einer Inflationsrate von über zehn Prozent schlechter als der Gesamtmarkt abschneidet. Entsprechend konnten Investoren, die auf ausschüttungsstarke Aktien setzten, bei einer niedrigeren Inflationsrate ihre Kaufkraft nicht nur erhalten, sondern sogar steigern.
Darüber hinaus sollte bedacht werden, dass die meisten soliden Dividendenwerte ihre Ausschüttungen regelmäßig steigern. Die persönliche Ausschüttungsrendite des Investors, also der Ertrag auf das eingesetzte Kapital, erhöht sich somit stetig.
Buffett und die Dividende von Coca-Cola
Dass Starinvestor Warren Buffett eine große Vorliebe für Dividendenwerte hat, lässt sich leicht an dem Portfolio von Berkshire Hathaway ablesen. So kommt es, dass Buffett schon seit vielen Jahrzehnten ein umfangreiches Aktienpaket am US-Getränkegiganten Coca-Cola besitzt. Da der Konzern seine Ausschüttung seit über 100 Jahren nicht nur konsequent auszahlt, sondern seit fast 60 Jahren auch mindestens einmal pro Jahr erhöht, beläuft sich die persönliche Dividendenrendite von Buffett bei Coca-Cola mittlerweile auf über 50 Prozent.
Dieses Beispiel zeigt, dass Dividendeninvestoren ihren Fokus nicht ausschließlich auf die gegenwärtige Rendite legen sollten, sondern vor allem auch auf das langfristige Dividendenwachstum.
Rendite-Turbo durch Wiederanlage
Die eigentliche Macht der Dividende entfaltet sich jedoch erst, wenn die Ausschüttung gar nicht erst vom Depot abgebucht wird, sondern unmittelbar wieder in Aktien reinvestiert wird. Anleger, die mit ihren ausgeschütteten Dividenden direkt neue Aktien erwerben, welche wiederum Dividenden abwerfen, machen sich somit den Zinseszinseffekt zunutze. Dieser unscheinbare Effekt kann Investoren dabei helfen, einen wahrhaftigen Rendite-Turbo im Depot zu zünden.
Nicht umsonst bezeichnete Albert Einstein den Zinseszinseffekt als das achte Weltwunder bzw. als die stärkste Kraft im Universum. Da sich das enorme Potenzial des Zinseszinses jedoch erst auf lange Sicht bemerkbar macht, wird dieser Effekt bei der Geldanlage leider häufig übersehen oder gar ignoriert.
Ein Beispiel für die stärkste Kraft im Universum
Ein Anleger, welcher 10.000 Euro in eine Aktie mit einer Dividendenrendite von fünf Prozent investiert, erhält nach einem Jahr, ohne Kursgewinne oder Kursverluste, 10.000 Euro plus 500 Euro Dividende. Sofern diese Dividende Jahr für Jahr angespart wird, ergibt sich nach einer Dauer von 30 Jahren ein Betrag von insgesamt 25.000 Euro bzw. 10.000 Euro zuzüglich der Dividenden in Höhe von insgesamt 15.000 Euro (30 Jahre mal 500 Euro).
Kauft der Investor mit seiner jährlichen Gewinnausschüttung jedoch neue Aktien, anstatt das Geld nur zu sparen, verleiht er seinem Portfolio einen Rendite-Turbo. Denn schon im zweiten Jahr beläuft sich der gesamte Anlagebetrag auf 10.500 Euro anstatt nur auf 10.000 Euro. Nach insgesamt 30 Jahren ergibt sich so eine Summe von über 43.000 Euro, statt nur 25.000 Euro.
Je länger die Anlagedauer, desto besser
Der Zinseszinseffekt oder der sogenannte Dividenden-Dividenden-Effekt zeigt sein Potenzial jedoch erst nach einigen Jahren, dementsprechend wächst das Vermögen in den Anfangsjahren nur geringfügig schneller als ohne Wiederanlage. Langfristig sorgt das exponentielle Wachstum, welches dem Zinseszins innewohnt, jedoch für eine regelrechte Explosion des Vermögens.
Nach einer Anlagedauer von beispielsweise 60 Jahren wächst das Anfangskapital von 10.000 Euro nämlich auf insgesamt 186.791,86 Euro anstatt nur auf 40.000 Euro bzw. 10.000 Euro plus 30.000 Dividende (60 Jahre mal 500 Euro).
Kursgewinne stützen Zinseszinseffekt bei Dividendenaktien
Da Aktien ihren Investoren nicht nur Gewinnausschüttungen bieten, sondern im Optimalfall natürlich auch Kursgewinne, sind die vorangegangenen Rechenbeispiele in einigen Fällen zu konservativ. So hätten Anleger, die 10.000 Euro über einen Zeitraum von 30 Jahre in Papiere mit starker Kursperformance investiert hätten, noch viel höhere Gewinne erzielen können. Ein wirklich herausragendes Vermögen hätten in diesem Zeitraum also nur die Anleger erzielt, die ihren jährlichen Dividendenauszahlungen unmittelbar in die Aktien der jeweiligen Firma reinvestiert haben.
Auch der DAX profitiert vom Zinseszinseffekt
Als sogenannter Performanceindex setzt sich der deutsche Leitindex aus Kursgewinnen und wieder angelegten Dividenden zusammen. Im Gegensatz zum Dow Jones bildet der DAX also nicht nur die reine Kursentwicklung der einzelnen Aktien ab, sondern auch die Dividende.
Ein Vergleich zwischen dem DAX-Performanceindex oder auch Total-Return-DAX mit dem DAX-Kursindex lässt dabei sofort erkennen, welche langfristige Auswirkung die Wiederanlage der Dividende hat. Denn während der DAX-Performanceindex aktuell im Bereich von mehr als 16.000 Punkten notiert, bringt es der DAX-Kursindex gegenwärtig gerade einmal auf rund 6.300 Punkte. Demensprechend verdankt der DAX deutlich über die Hälfte seiner Performance den reinvestierten Dividenden.
So wirken sich hohe Zinsen auf Dividendenzahlungen aus
Doch wie verhält sich die Dividendenstrategie im Umfeld hoher Zinsen? Wie das Bankhaus Metzler im April 2023 feststellte, schlugen sich Aktien mit starker Dividende in der Vergangenheit auch bei hohen Inflationsraten und einem gesteigerten Zinsniveau gut. So gehen die Experten davon aus, dass auch die derzeitige Zinssituation den Ausschüttungen der Dividendentitel keinen Abbruch tun dürfte. Einzelne Sektoren wie Einzelhandel, Grundstoffe und Telekommunikation zeichnen sich zwar durch augenscheinlich hohe Dividendenrenditen aus, hier seien die Ausschüttungsquoten aber bereits auf einem hohen Niveau, was zukünftig zu stabilen oder gar sinkenden Zahlungen führen könnte. Für Aktien, die in der Vergangenheit mit einem langfristigen Dividendenwachstum glänzen konnten, dürften auch höhere Zinsen keine Gefahr darstellen, so das Bankhaus.
Keine kurzfristige Anlagestrategie
Wollen Anleger jedoch flexibel bleiben, ist eine Dividendenstrategie nur bedingt geeignet, wie Markus Richert vom Deutschen Institut für Altersvorsorge warnte. So können Sparer sich die hohen Zinssätze vor allem für kurzfristige Investitionen zunutze machen, beispielsweise auf ein Jahr begrenzt. Anders sieht es jedoch bei der Dividendenrendite aus, so der Vermögensverwalter. Da diese Anlagestrategie Aktienkursen zugrunde liegt, die starke Schwankungen aufweisen können, sollten Investoren in diesem Bereich mittel- bis langfristig engagiert bleiben und zwischenzeitliche Durststrecken aussitzen können. Auch sei zu bedenken, dass Dividendenaktien keine Ausschüttungsgarantie bieten, auch wenn die entsprechenden Unternehmen konstante HalloAuszahlungen anstreben.
Redaktion finanzen.net
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