"Beim DAX ist ein neuer Anlauf auf das Allzeithoch möglich"

Von Ende Januar bis Ende März hat der DAX in der Spitze fast 2.000 Punkte abgegeben. In den letzten Tagen zeigt das Kursbarometer wieder gen Norden. Wie geht es weiter? finanzen.net hat den Börsenexperten Holger Steffen hierzu befragt.

finanzen.net: Herr Steffen, im Februar und März haben die Börsen deutlich abgegeben, der DAX korrigierte um nahezu 2.000 Punkte. Was waren die Gründe hierfür?
Holger Steffen: In der Tat, das war seit längerem die erste große Korrektur beim DAX. Nachdem das letzte Jahr an der Börse von einer großen Sorglosigkeit geprägt war, haben steigende langfristige Zinsen am Markt zur Jahreswende die Angst vor dem nahenden Ende der Hausse geweckt. Gerade, als diese Befürchtungen etwas abflauten, haben die USA das Thema Handelsbilanz auf die Tagesordnung gesetzt und erste Strafzölle eingeführt sowie weitere angedroht. Ein möglicher Handelskrieg würde die Konjunktur belasten, was beim DAX im Februar und März eingepreist wurde.
finanzen.net: Seit Anfang April sieht die Börse wieder deutlich freundlicher aus. War es das schon mit der Korrektur?
Holger Steffen: Das ist natürlich die Millionen-Euro-Frage. Wir sehen letztlich drei Szenarien, wobei ein weiterer deutlicher Zinsanstieg oder eine Eskalation des Handelskriegs die Hausse auf Sicht vermutlich beenden würden. Aber auch der dritte Weg mit einer moderaten Entwicklung in beiden Bereichen ist möglich. Dann wäre beim DAX sogar ein neuer Anlauf auf das Allzeithoch möglich. Letztlich muss man aktuell die weitere Entwicklung der Rahmenbedingungen und der Konjunkturfrühindikatoren sehr genau beobachten.
finanzen.net: Stichwort Konjunktur. Die ZEW-Konjunkturerwartungen sind zuletzt wegen der Sorge um einen globalen Handelskrieg und geopolitischer Risiken deutlich gefallen. Das Konjunkturbarometer fiel um 13,3 Punkte auf minus 8,2 Zähler. Sehen wir hier nur einen temporären Angst-Rücksetzer?
Holger Steffen: Wie gesagt: Wir halten das für möglich. Also eine Stimmungsdelle im ersten Halbjahr 2018, die wieder verfliegt, wenn sich die Lage im Bereich der Zinsen oder des Handelskriegs nicht weiter verschärft.
finanzen.net: Wovon hängt die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte ab? Worauf sollten Anleger besonders achten?
Holger Steffen: Letztlich gilt die alte Weisheit aus dem Clinton-Wahlkampf in den Neunzigern: "It’s the economy, stupid". Zeichnet sich eine Fortsetzung des globalen Aufschwungs ab, werden die Börsen mitgehen. Denn schon aktuell ist die Gewinndynamik der Unternehmen hoch. Weiterer Rückenwind von der Konjunktur würde neues Bewertungspotenzial schaffen.
finanzen.net: Herr Steffen, sie sind unter anderem Berater für den im Jahr 2013 aufgelegten Nebenwerteindex Value-Stars Deutschland. Wie läuft es hier?
Holger Steffen: Vielleicht stelle ich den Index einmal kurz vor, weil dieser vermutlich noch nicht allen Lesern geläufig ist. Er wurde Ende 2013 aufgelegt, um in aussichtsreiche deutsche Nebenwerte zu investieren. Dabei folgt das Team konsequent und sehr erfolgreich der Value-Strategie. Der Indexwert hat sich seit Auflage mehr als verdoppelt.
finanzen.net: Wie haben Sie auf den allgemeinen Kursrückgang der letzten Monate reagiert?
Holger Steffen: Auch bei den Nebenwerten war das Umfeld mit volatilen und teils deutlich rückläufigen Kursen anspruchsvoll. Zu Jahresbeginn wurde im Value-Stars-Deutschland-Index zunächst eine hohe Cashquote aufgebaut. Diese Mittel wurden in den Korrekturphasen dann teilweise wieder investiert. Der Value-Stars-Index notiert damit aktuell nur 2,5 Prozent unter den Höchstständen, beim DAX sind es rund 8 Prozent. Den allgemeinen Kursrückgang hat der Value-Stars-Index also sehr gut überstanden.
finanzen.net: Was ist die Kunst, um Kursrückgange glimpflich zu überstehen?
Holger Steffen: Danke, dass sie darauf hinweisen. Tatsächlich hat der Value-Stars-Deutschland-Index Kursrückgänge bisher nur bedingt mitgemacht. Zum einen erholen sich fundamental starke Werte von marktbedingten Rückschlägen meist schnell. Zum anderen leistet aber auch das eben skizzierte antizyklische Cash-Management wertvolle Dienste.
finanzen.net: Kommenden Mittwoch sind Sie bei uns im Online-Seminar zu Gast. Was erwartet die finanzen.net-Nutzer in dieser Online-Veranstaltung?
Holger Steffen: Genau, am nächsten Mittwoch wollen wir Nebenwerte-Aktien in den Vordergrund stellen, die über lange Zeiträume ansehnliche Renditen erwirtschaften. Wir sprechen hier auch von unseren Small-Cap-Dauerbrennern. Aber wir werden auch generelle Einblicke in unsere Arbeit geben und erläutern, worauf sich Anleger hinsichtlich des Gesamtmarkts in den nächsten Monaten einstellen sollten. Ich denke, das wird ein interessantes Webinar. Ich freue mich schon darauf.
finanzen.net: Herr Steffen, herzlichen Dank für die Zeit, die Sie sich genommen haben. Wir freuen uns ebenfalls und hoffen, dass viele Anleger bei diesem Webinar live dabei sein werden.
Hinweis: Melden Sie sich hier kostenlos zum Online-Seminar mit Holger Steffen an! Sie können bequem von Ihrem PC teilnehmen.
Das Interview führte Volker Altvater von finanzen.net.
Über Holger Steffen
Holger Steffen verfügt über langjährige Erfahrung in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst ist mitverantwortlich für das Musterdepot des Anlegerbriefs, das seit Start im Jahr 1999 eine durchschnittliche Jahresrendite von 18,1 Prozent aufweist (Stand: 31.12.2017). Seit 2013 fungiert er mit der Anlegerbrief Research GmbH zudem als Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seinen Wert seitdem mehr als verdoppelt hat.
Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanzbranche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt.
Hinweis: Die finanzen.net GmbH unterhält geschäftliche Verbindungen zur Anlegerbrief Research GmbH, dem Berater des Referenzportfolios, und partizipiert an den Einnahmen aus der Verwaltungsgebühr und der erfolgsabhängigen Gebühr des Endlos-Zertifikats auf den Value-Stars-Deutschland-Index (WKN LS8VSD).
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Bildquellen: Ralph Orlowski/Getty Images