Hot Stock der Wall Street: Eastman Kodak

von Tim Schäfer, New York

Mit dem Siegeszug der digitalen Fotografie begann der Abstieg des Konzerns. Seit dem Jahr 1999 fiel der Kurs von 76 auf aktuell 3,99 Dollar. Börsianer hatten sogar zwischenzeitlich das 1880 gegründete Unternehmen als nächsten Pleitekandidaten gehandelt. Doch das scheint übertrieben. Der Titan wird den technologischen Wandel überleben. Freilich ist die Neuaufstellung ein langer, schmerzvoller Prozess.

Zuletzt wies Kodak im Jahr 2004 einen Überschuss aus. Seither versucht Vorstandschef Antonio Perez das digitale Foto- und Druckergeschäft zu erobern. Gleichzeitig schrumpft die traditionelle Filmentwicklung prozentual zweistellig. Schwierig ist auch der Absatz von Chemikalien und Fotopapier geworden. Um die schrumpfenden Umsätze abzufedern, unterzog der 64-jährige Manager Kodak einer Rosskur. Die Zahl der Beschäftigten halbierte er innerhalb von sechs Jahren, die Dividende stellte er ein. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz 7,6 Milliarden Dollar, die Miesen türmten sich auf 210 Millionen Dollar. Im laufenden Jahr strebt das Management einen Umsatz in der Bandbreite zwischen 7,5 und 7,7 Milliarden Dollar an.

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Im fortgeführten Geschäft glaubt Perez, den Verlust auf 50 bis 150 Millionen Dollar eingrenzen zu können. Zuletzt wurde er von einem schwachen Geschäft in Hollywood negativ überrascht. In der Filmindustrie herrscht Saure-Gurken-Zeit, daher wurden weniger Filmstreifen für die Kinos nachgefragt. Alles in allem scheinen jedoch die Probleme lösbar. Der dramatische Kursverfall hat seinen Charme. Der Titel scheint günstig zu sein. Wenn der Turnaround im nächsten Jahr gelingen sollte, hat die Aktie erhebliches Potential. Auf die Börsenwaage bringt Kodak derzeit eine Milliarde Dollar. Es handelt sich um eine winzige Bewertung: Das Kurs-Umsatz-Verhältnis beträgt nur 0,13. Mit anderen Worten wird jeder Umsatzdollar mit lediglich 13 Cent von der Wall Street honoriert.

Dabei ist die Bilanz solide: Wenn man die Finanzschulden mit dem Cash verrechnet, ist die Gesellschaft praktisch frei von Krediten. Eine Reihe neuer Produkte ist eingeführt worden. So attackiert Perez mit einem Tintenstrahldrucker Hewlett Packard. Während der Erlös aus den Druckerverkäufen nicht die hohen Entwicklungsaufwendungen einspielt, hofft Perez auf das Folgegeschäft aus den Tintenpatronen. Gelingt hier der Durchbruch, kann sich die neue Sparte zu einer Gelddruckmaschine entwickeln. Im nächsten Jahr peilt Perez in dem Segment erstmals schwarze Zahlen an. Mit hochqualitativen Druckmaschinen für die Verpackungsindustrie nimmt Perez zudem einen neuen Milliardenmarkt ins Visier.

Zu den größten Anteilseignern zählt die Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates. Spezielle Value-Fonds von Legg Mason über Vanguard bis hin zu Fidelity haben größere Positionen aufgebaut. Selbst die Deutsche Bank und Morgan Stanley sitzen mit einem Anteil von jeweils knapp drei Prozent mit im Boot.

Tim Schäfer ist Journalist und schreibt seit 1998 über Börse, Aktien und Unternehmen. Seit 2006 lebt der studierte Diplom-Betriebswirt und DVFA-Aktienanalyst in New York und berichtet von dort über die Geschehnisse an der Wall Street, unter anderem für Euro am Sonntag. Bekannt ist Schäfer für seine Berichterstattungen über kleine Nebenwerte.